Hornblower 02 - Leutnant Hornblower
sie einen tödlichen Schreck, denn das hieße für sie, daß sie sich den Schwarzen auf Gnad und Ungnade ausliefern müssen, wenn sie nicht alle - Männer wie Frauen - umkommen wollen. Ich glaube, Sir, da ziehen sie es doch wohl vor, sich in unsere Hände zu geben.«
»Weiß Gott, das glaube ich auch«, sagte Bush.
»Meinen Sie wirklich, man könnte sie auf diese Art dazu bringen, von ihrem hohen Roß herabzusteigen?«
»Jawohl, Sir, ich könnte mir das denken. Wahrscheinlich wären Sie dann in der Lage, Ihre Bedingungen zu stellen: Bedingungslose Übergabe für alle Soldaten.«
»Das haben wir schon zu Anfang festgestellt«, sagte Bush.
»Wenn sie schon die Waffen strecken müssen, dann tun sie das immer noch lieber vor uns als vor den Schwarzen.«
»Sie könnten ihnen in einigen Punkten entgegenkommen«, schlug Hornblower vor, »um ihre Gefühle zu schonen. Zum Beispiel könnten Sie sich damit einverstanden erklären, daß ihre Frauen von uns nach Kuba oder Puerto Rico gebracht werden, wenn sie das wünschen. Darum könnten Sie dennoch in allen wichtigen Punkten festbleiben. Vor allem müssen die Schiffe als unsere Prisen gelten.«
»Prisen! Weiß Gott, daran hatte ich noch gar nicht gedacht«, rief Buckland.
Prisen bedeuteten Prisengelder, und als Kommandant stand ihm natürlich der Löwenanteil daran zu. Aber das war noch nicht alles - das Geld war vielleicht sogar der kleinste Vorteil, viel wichtiger war, daß solche Prisen im Triumph in den Hafen gebracht wurden und darum einen weitaus größeren Eindruck hinterließen, als die ruhmreichsten Nachrichten von Gefechten und Versenkungen, die außerhalb des Gesichtskreises der hohen Vorgesetzten stattgefunden hatten. Und dann: das Wor »bedingungslose Kapitulation« allein klang unbedingt nach etwas Endgültigem, ein für alle Male Erledigtem, es war an und für sich schon ein Beweis, daß der Sieg nicht vollständiger sein konnte.
»Nun, was sagen Sie zu diesem Plan, Mr. Bush?« fragte Buckland.
»Ich meine, man könnte es damit versuchen, Sir«, sagte Bush.
Er hatte sich darein gefunden, Hornblower so zu nehmen, wie er war. Der Mann warf einen mit seiner Tatkraft und seinem Feuerwerk von Einfällen ganz einfach über den Haufen, so daß einem am Ende nicht viel anderes übrigblieb, als ihm zu folgen.
Und doch steckte hinter Bushs Verhalten neben bloßer Resignation auch ein gerüttelt Maß ehrlicher Bewunderung.
Bush war nämlich ein grundanständiger Mensch und kannte keine unlauteren Motive. Die kluge Umsicht, mit der Hornblower seinen Vorgesetzten behandelte, hatte ihren Eindruck auf ihn nicht verfehlt, und er beneidete den Jüngeren im stillen um den Takt, den er dabei entwickelt hatte. Bush war auch ehrlich genug, sich zuzugeben, daß er sich wohl innerlich heftig dagegen gesträubt hatte, Ortegas Bedingungen anzunehmen, aber dennoch gar nicht auf den Gedanken gekommen war, auf ihre Änderung hinzuarbeiten, indes Hornblower dieses Ziel sofort ins Auge faßte. Logischerweise kam er zu dem Schluß, daß Hornblower ein Offizier von ganz hervorragenden Qualitäten war. Bush selbst hatte sich nie etwas auf seine Qualitäten eingebildet, in diesem Augenblick hatte er auch noch den letzten Schritt getan und den heimlichen Argwohn überwunden, den er gegen solche »Leuchten« fast gewohnheitsmäßig hegte. Er zwang sich dazu, seine Zurückhaltung hintanzusetzen und unzweideutig für den jungen Hornblower einzutreten.
»Ich glaube, daß Mr. Hornblower volles Vertrauen verdient«, sagte er.
»Gewiß«, sagte Buckland. Die leise Überraschung, die in seinem Ton zum Ausdruck kam, schien jedoch anzudeuten, daß er doch nicht so ganz daran glaubte. Jedenfalls hielt er es für richtig, diesem Thema nicht weiter nachzugehen.
»Wir wollen morgen früh mit dem Manöver beginnen«, fuh er fort. »Ich will die beiden Barkassen zu Wasser bringen, sobald die Leute gefrühstückt haben. Gegen Mittag... na, was ist denn, Mr. Hornblower, wollten Sie etwas sagen?«
»Sir...«
»Los, heraus damit!«
»Ortega kommt morgen früh wieder, um unsere Entscheidung zu hören, Sir. Ich nehme an, daß er bei Hellwerden, oder doch nicht viel später, aufsteht. Er wird etwas frühstücken, vielleicht ein paar Worte mit Villanueva sprechen und dann zu uns herüberfahren. Bis acht Glasen kann er hier sein, höchstens etwas später...«
»Was geht es uns an, wann dieser Ortega frühstückt? Worauf wollen Sie mit all dem Zeug denn eigentlich hinaus?«
»Nehmen wir an, Sir, Ortega
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