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Hornblower 08 - Der Kommodore

Hornblower 08 - Der Kommodore

Titel: Hornblower 08 - Der Kommodore Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. S. Forester
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verteidigen. Wir haben an diesem ungeschlachten Gebilde eine schwache Stelle entdeckt, da bohren wir rastlos nach, bis es uns gelingt, seine Grundmauern zu zerstören. Dann wird der ganze kunstvolle Bau bald in sich zusammenstürzen.«
    Es mußte in dem kleinen Zimmer sehr warm sein, Hornblower merkte, daß er in seiner schweren Uniform in Schweiß geraten war. »Und hier in der Ostsee?«
    »England ist auch hierher vorgedrungen. Von heute an kann kein Schiff Bonapartes ohne meine Erlaubnis die Ostsee befahren. England ist aber auch bereit zu helfen. Es wird jedes Land, das dem Tyrannen die Stirn bietet, mit einem Strom von gutem Geld und guten Waffen unterstützen. Bonaparte ist von Süden, von Westen und von Norden eingekreist. Es bleibt ihm also nur noch der Osten. Hier wird er zuschlagen, und hier gilt es, ihn abzuwehren.« In Wirklichkeit waren diese Sätze alle zu dem hübschen bleichen jungen Mann gesprochen, der dort in der dunklen Ecke des Zimmers saß. In diesem Spiel der internationalen Politik war ja der Einsatz des Marineministers viel, viel kleiner als der seines Kaiserlichen Herrn. Für andere Fürsten standen in einem Kriege vielleicht eine oder zwei Provinzen auf dem Spiel, ging es höchstens um Ehre und Kriegsruhm. Der Zar aller Reußen aber, der mächtigste und selbstherrlichste von ihnen allen, setzte jedesmal sein Leben ein.
    Das war eine Tatsache, die niemand in Abrede stellen konnte.
    Ein Wort des Zaren genügte, um einen russischen Edelmann lebenslänglich nach Sibirien zu verbannen, ein anderes Wort von ihm bedeutete vielleicht Krieg und setzte eine halbe Million Soldaten in Bewegung. Erwies sich aber einer dieser Schachzüge als falsch, dann zahlte der Zar mit seinem Leben dafür. Erlitt er eine militärische Niederlage, entglitt ihm nur für einen Augenblick die Gewalt über seine Höflinge und seine Gardetruppen, dann war er verloren, dann wurde er entthront und in der Folge unweigerlich ermordet. Sein Vater, sein Großvater und sein Urgroßvater hatten dieses Schicksal erlitten.
    Ob er nun im Kampf geschlagen wurde oder ob er dem Kampf auswich und dadurch sein Prestige verlor, in beiden Fällen konnte er damit rechnen, einen Seidenschal um die Kehle oder zwanzig Degenspitzen zwischen die Rippen zu bekommen.
    Eine Bronzeuhr auf einer Wandkonsole begann silberhell zu schlagen. »Die Stunde schlägt, hören Sie es, Exzellenz?« sagte Hornblower. Die Erregung, die in ihm tobte, ließ ihn am ganzen Körper zittern. Er fühlte sich schwach und leer.
    »Ja, die Stunde schlägt«, gab der Minister zur Antwort. Man sah ihm an, wie verzweifelt schwer es ihm fiel, sich nicht nach dem Zaren umzusehen. »Übrigens erinnert mich diese Uhr zu meinem tiefsten Bedauern daran, daß ich Sie nicht länger in Anspruch nehmen darf, weil Sie sonst zum Kaiserlichen Empfang zu spät kommen würden.«
    »Selbstverständlich darf ich mich da nicht verspäten«, sagte Hornblower. »Ich möchte Ihnen meinen Dank dafür aussprechen, Herr Kapitän, daß Sie mir Ihre Auffassung von der Lage so klar und eindringlich dargelegt haben. Es wird mir ein besonderes Vergnügen sein, Sie beim Empfang wieder begrüßen zu können. Seine Exzellenz, der Herr Großmarschall, wird die Ehre haben, Ihnen den Weg zum Tauridensaal zu zeigen.«
    Hornblower machte seine Verbeugung, immer darauf bedacht, seine Augen nicht unversehens in die Ecke wandern zu lassen, in der der Zar saß. Schließlich gelang es ihm, das Zimmer zu verlassen, ohne dem Zaren den Rücken zu kehren, aber auch ohne die Absichtlichkeit seines Verhaltens allzu auffällig zu machen. Auf der Treppe angelangt, quetschten sie sich wieder an den Kosaken vorbei und stiegen dann zum Erdgeschoß hinunter. »Darf ich bitten, Sir!«

12. Kapitel
    Galonierte Lakaien öffneten zwei weitere Flügeltüren, und dann betraten sie einen riesigen Saal, dessen Decke sich hoch über ihren Köpfen zu einer mächtigen Kuppel wölbte. Die Wände waren ganz aus Marmor und Gold. Eine zahlreiche Menge stand in Gruppen umher, Männer, deren Uniformen in allen Farben des Regenbogens leuchteten, Frauen in Hoftoiletten mit kostbarem Federschmuck und langen Schleppen.
    Ordenssterne und Juwelen von unschätzbarem Wert glitzerten und strahlten im Licht unzähliger Kerzen. Hornblower und der Großmarschall traten zu einer Gruppe von Damen und Herren, die fröhlich lachten und in französischer Sprache miteinander scherzten »Ich habe die Ehre vorzustellen...«, begann Kotschubey. Die Vorstellung

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