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Hornblower 09 - Lord Hornblower

Hornblower 09 - Lord Hornblower

Titel: Hornblower 09 - Lord Hornblower Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. S. Forester
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Weise der vernichtenden Einkreisung zu entgehen. Vor ihnen lag eine gefährliche, wenig bekannte Furt über die Loire, von der nur Marie gewußt hatte. Wenn die erst überschritten war, dann konnten sie sich im Forst von Rune einen Rasttag gönnen und danach im Tal des Allier in Tätigkeit treten, um auch dort Unruhe und Verwirrung zu verbreiten. Clausen würde natürlich sofort hinterher setzen, aber das mußte man der Zukunft überlassen. Was dann weiter zu unternehmen war, hing ganz von der neuen Lage ab. Clausen wußte ohne Zweifel, was er wollte - er hatte wahrscheinlich in Spanien gelernt, wie man gegen Freischärler kämpft. Aber er hatte auch genug Truppen zur Verfügung, um seine Aufgabe zu lösen. Hornblower wußte bereits vom 14. Leger und vom 40. Ligne, das war das vierzehnte Regiment leichter Infanterie und das vierzigste Linienregiment, außer diesen war aber bestimmt noch ein weiteres Regiment beteiligt, mit dem er noch nicht in Berührung gekommen war, und dazu mindestens eine Schwadron der zehnten Husaren. Das waren neun oder mehr Bataillone mit insgesamt sechs- bis siebentausend Mann, alle auf der Jagd nach seinem zerlumpten, dreißig Köpfe zählenden Häuflein. Er tat also seine redliche Pflicht, denn diese siebentausend Mann fehlten jetzt dem Gegner oben an der belgischen Grenze, wo sich zur Zeit zweifellos eine größere Schlacht vorbereitete.
    Wenn er den Kampf nur lange genug durchhielt, dann konnte es ihm noch glücken, sogar mit diesen siebentausend Mann fertig zu werden, sie regelrecht abzunutzen, bis sie, angefangen von ihren Stiefeln bis zum letzten Rest ihrer Kampfbegeisterung, buchstäblich verbraucht waren. Das konnte er und das gelang ihm auch. Hornblower biß die Zähne zusammen und marschierte weiter. Seine Füße waren nun wieder taub und gefühllos und taten nicht mehr weh. Wenn nur die entsetzliche Müdigkeit in den Beinen nicht gewesen wäre! Da drang aus der Ferne ein dumpfes Grollen an sein Ohr. »Geschütze?« fragte er verwundert. »Nein, Donner«, sagte Marie.
    Wie lustig hatten sie einst miteinander geplaudert, wenn sie sorglos und fröhlich Hand in Hand gewandert waren. Wo waren jene Tage geblieben? Waren sie überhaupt noch die gleichen Menschen, die damals in jener Atempause des Friedens, ehe Bonaparte von Elba zurückkam, durch das blühende Land zu streifen pflegten? Hornblower war viel zu müde, um noch an Liebe zu denken. Unter den Kleidern juckte ihn der Schweiß auf der Haut. Auch Durst hatte er, aber der war nicht so schlimm wie diese furchtbare Müdigkeit. Im Wald wurde es immer dunkler, obwohl es noch längst nicht Abend war. Schwarz und drohend stand das Unwetter über ihnen am Himmel. Dicht hinter Hornblower stöhnte jemand auf, da zwang er sich dazu, umzuschauen und dazu freundlich zu lächeln. »Wer fängt denn da an zu muhen wie eine Kuh?« fragte er. »War das Vater Fermiac? Vater Fermiac sagt man zu ihm, dabei ist er fünf Jahre jünger als ich, und jetzt muht er wie eine Kuh! Kopf hoch, Vater! Vielleicht finden wir drüben über der Loire einen Stier für dich.« Da ließen sie ein meckerndes Lachen hören, einige wie im hysterischen Krampf, einige wohl wegen seiner absonderlichen französischen Aussprache und wieder andere, weil es ihnen wahrscheinlich verrückt vorkam, daß ein großmächtiger englischer Lord sich dazu herbeiließ, mit französischen Bauern zu scherzen. Der Donner krachte nun fast senkrecht über ihnen, und dann hörten sie, wie der Regen in den Bäumen zu rauschen begann. Sehr bald drangen die ersten Tropfen bis unten durch und schlugen ihnen in die schweißfeuchten Gesichter. »Ah, da kommt der Regen«, rief jemand.
    »Ich habe schon seit zwei Tagen nasse Füße«, sagte Hornblower. »Ihr solltet einmal meine Blasen sehen. Unser Herr Jesus ist nicht so lange auf dem Wasser gewandert wie ich.«
    Diese freche Gotteslästerung rief wieder ein Gelächter hervor, half der müden Gesellschaft wieder ein paar hundert Meter weiter. Jetzt öffnete der Himmel seine Schleusen, der Regen wurde zum richtigen Wolkenbruch. Hornblower blieb stehen und ließ die Packpferde herankommen, er wollte nachprüfen, ob die ledernen Bezüge über den Tragkörben gut verschnürt waren.
    Darin befanden sich nämlich zweitausend Schuß Musketenmunition, die auf keinen Fall naß werden durften - sie waren schwerer zu ersetzen als Proviant, schwerer sogar als Sohlenleder. Im Halbdunkel schleppten sie sich weiter, das Zeug hing ihnen naß und schwer am Leibe. Der

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