Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hornblower 09 - Lord Hornblower

Hornblower 09 - Lord Hornblower

Titel: Hornblower 09 - Lord Hornblower Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. S. Forester
Vom Netzwerk:
spanisches Kaperschiff gewesen - wahrscheinlich nicht viel mehr als ein Pirat -, das vor Havanna weggenommen worden war. Sie hatte sich so verbissen zur Wehr gesetzt, daß man beschlossen hatte, zum Andenken an dieses Gefecht ein englisches Schiff auf ihren Namen zu taufen. Übrigens waren die meisten ausländischen Schiffsnamen in der englischen Marineliste, wie Tonnant oder Temeraire, gleichfalls auf solche Gefechte zurückzuführen. Wenn der Krieg lange genug gedauert hatte, dann gab es zuletzt in der Navy mehr Schiffe mit ausländischen als mit englischen Namen, und bei den gegnerischen Marinen ergab sich womöglich das umgekehrte Bild. Schon jetzt verzeichnete ja die französische Marine mit Stolz eine Swiftsure, und vielleicht hatten die Amerikaner künftig eine Macedonian in ihrer Liste. Von einer französischen Sutherland war Hornblower bis jetzt allerdings noch nichts zu Ohren gekommen - bei diesem Gedanken durchfuhr ihn ein schmerzender Stich. Er schob den Kieker mit einem Ruck zusammen, drehte sich auf dem Absatz um und begann schnell auf und ab zu gehen, als wollte er den Erinnerungen entfliehen, die ihn plötzlich bestürmten. Er dachte nicht gern an die Übergabe der Sutherland, obwohl ihn das Kriegsgericht doch so glänzend freigesprochen hatte. Es war merkwürdig, die Scham, die er über dieses Ereignis empfand, wurde im Verlauf der Zeit nicht etwa geringer, sondern immer größer und bitterer. Und dann rief der Kummer über die Sutherland unweigerlich die Erinnerung an Maria wach, die nun schon fast drei Jahre in ihrem Grabe ruhte. Er dachte an jene Zeit der Armut und der Verzweiflung, an seine billigen, tombakenen Schuhschnallen und an sein liebevolles Mitgefühl für die gute Maria, jenen elenden, armseligen Ersatz für die echte, die wahre Liebe. Dabei fand er, daß ihm diese Erinnerungen bitter weh taten. Die ganze Vergangenheit wurde in seiner Vorstellung wieder lebendig, sie stand aus dem Grabe auf, und das war genauso schauderhaft, wie wenn eine Leiche plötzlich wieder zum Leben erwachte. Er dachte an Maria, wie sie leise schnarchend an seiner Seite schlief, er erinnerte sich an den sauren Geruch ihres Haares.
    Seine Maria war ein Mensch ohne Takt und ohne Verstand gewesen, aber er hatte sie trotz allem gern gehabt, so wie man ein Kind leiden mag. Dennoch hatte sie ihm nicht annähernd das bedeutet, was ihm jetzt sein Richard war. Er zitterte förmlich unter der Gewalt der Bilder, die er beschworen hatte, da verblaßten sie ganz unversehens, und an ihre Stelle trat die Gestalt Marie de Gracays. Welcher Teufel ritt ihn, jetzt an sie zu denken, an die vorbehaltlose Liebe, die sie ihm geschenkt, an ihre Wärme, ihre Zärtlichkeit, ihr blitzschnelles Verständnis für jede seiner Stimmungen? War er von Sinnen, sich jetzt nach dieser anderen zu sehnen wie ein Verhungernder nach Speise, obwohl er doch eine treue, verständnisvolle Frau besaß, deren Armen ihn der Dienst erst vor kaum einer Woche entführt hatte?
    Er versuchte mit Gewalt an Barbara zu denken, umsonst, alle Vorstellungen von ihr, die er beschwor, wurden sofort durch das Bild Marias verdrängt. Da war es noch besser, sich weiter mit der Übergabe der Sutherland zu quälen. So schritt Hornblower an diesem trüben, frostigen Wintertag an Deck der Flame auf und nieder, und die Geister der Vergangenheit wichen ihm nicht von der Seite. Wenn die Männer sein grimmiges Gesicht sahen, vermieden sie es noch ängstlicher als sonst, seinen Weg zu kreuzen. Aber die meisten von ihnen vermuteten doch nichts anderes, als daß ihr Hornblower eben dabei war, wieder irgendeine neue Teufelei gegen die Franzosen auszuhecken.
    Erst am Spätnachmittag kam die ersehnte Unterbrechung.
    »Signal von der Porta Coeli, Sir! Achtzehn - einundfünfzig - zehn, das heißt: eigene Schiffe in Sicht in Nordwest.«
    »Danke sehr. Fragen Sie:›Wie heißen die Schiffe?‹«
    Das mußte die Verstärkung sein, die Pellew für ihn abgeteilt hatte. Die Signalgäste griffen nach den Flaggen und holten an den Leinen. Es dauerte mehrere Minuten, bis der Fähnrich der Wache die Antwort niedergeschrieben hatte und ihre Bedeutung in der Schiffsliste nachsehen konnte.
    »Nonsuch, 74 Geschütze, Kapitän Bush, Sir.«
    »Herrgott, Bush!«
    Dieser freudige Ausruf war ihm ganz unwillkürlich entfahren, der bloße Gedanke an die handfeste Gestalt seines alten, treuen Freundes, der da eben erst an der Kimm auftauchte, schlug wie das Weihwasser der Kirche das ganze Teufelspack in die

Weitere Kostenlose Bücher