Hornblower 09 - Lord Hornblower
schädigen.«
»Selbstverständlich, selbstverständlich!«
»Etwas anderes wäre es, wenn Eure Königliche Hoheit zugunsten der Leute intervenieren wollten. In diesem Fall wäre ich wohl in der Lage, sie ohne Nachteil für die Manneszucht in Freiheit zu setzen, insofern es mir dann einfach nicht möglich wäre, den Wunsch Eurer Königlichen Hoheit abzuschlagen.«
»Und warum sollte ich intervenieren, Sir 'Oratio?«
Hornblower ließ diese Frage einstweilen unbeantwortet.
»Eure Königliche Hoheit könnten sich zum Beispiel auf den Standpunkt stellen, daß es unziemlich wäre, die ersten glücklichen Tage der Rückkehr der angestammten Dynastie in ihre französische Heimat mit dem Blute dieser Engländer zu beflecken, mögen sie noch so schuldig sein. Das gäbe mir die nötige Handhabe, sie mit der Geste stärksten inneren Widerstrebens zu begnadigen. Sollte sich dann in Zukunft wirklich wieder einmal eine Besatzung versucht fühlen zu meutern, dann könnte sich eine solche Versuchung nicht wohl an der Hoffnung nähren, ein zweiter ähnlicher Glücksfall werde die Meuterer noch einmal vor den Folgen ihres Verbrechens bewahren. Die Welt wird gewiß kein zweites Mal das Glück erleben, die Familie Eurer Königlichen Hoheit auf den Platz zurückkehren zu sehen, der ihr Rechtens zukommt.« Das war ein recht ungeschlachtes Kompliment. Hornblower hatte sich wenig geschickt ausgedrückt, es war leicht möglich, daß der Herzog ihm mißverstand. Aber glücklicherweise faßte er die Worte auf, wie sie gemeint waren. Nichtsdestoweniger schien er für die Sache selbst alles andere als begeistert zu sein. Mit echt bourbonischer Hartnäckigkeit kam er wieder auf seine erste Frage zurück. »Aber warum, warum nur wollen Sie das von mir, Sir 'Oratio?«
»Ich bitte Sie im Namen der Menschlichkeit darum, Königliche Hoheit. Es gilt, das Leben von zwanzig nützlichen Menschen zu retten.«
»Wie, Meuterer sollen nützliche Menschen sein?
Wahrscheinlich sind es Jakobiner, Revolutionäre, Gleichmacher, wenn nicht gar Sozialisten.«
»Königliche Hoheit, es sind Menschen, die in Eisen liegen und wissen, daß sie morgen durch den Strang hingerichtet werden sollen.«
»Was sie ohne jeden Zweifel auch verdienen, Sir 'Oratio. Das wäre ein schöner Beginn der Regentschaft, mit der mich Seine Allerchristlichste Majestät betraut hat, wenn meine erste Handlung vor der Öffentlichkeit darin bestünde, einem Haufen revolutionären Gesindels das Leben zu retten. Dafür hat sich Seine Allerchristlichste Majestät nicht während der verflossenen zwanzig Jahre ausschließlich damit befaßt, den Geist der Revolution zu bekämpfen. Die Augen der ganzen Welt ruhen auf mir.«
»Ich habe noch nie vernommen, Königliche Hoheit, daß die Welt an einem Akt der Milde Anstoß genommen hätte.«
»Sie haben seltsame Vorstellungen von Milde, Herr! Es scheint mir fast, als verfolgten Sie mit Ihrer merkwürdigen Zumutung eine ganz andere Absicht als die, die Sie ausgesprochen haben. Vielleicht sind Sie gar selbst ein Liberaler, einer dieser gefährlichen Menschen, die sich für Philosophen halten. Wenn Sie es fertig brächten, meine Familie dazu zu verleiten, daß sie sich durch ihren ersten öffentlichen Akt auf eine verzeihende Haltung gegenüber der Revolution festlegte, dann wäre es wirklich ein politischer Meisterstreich.«
Hornblower war über diese unglaubliche Unterstellung völlig entgeistert. »Herr!« fuhr es ihm heraus - »Königliche Hoheit...!«
Auch auf englisch hätten ihm in diesem Augenblick die Worte gefehlt. Der Zwang, sich der französischen Sprache zu bedienen, machte ihn vollends hilflos. Was ihm die Worte raubte, war nicht nur die Beleidigung an sich, sondern eben sosehr die echt bourbonische Engstirnigkeit und mißtrauische Bauernschläue, die sich in den Worten des Herzogs offenbarte. »Ich sehe mich nicht in der Lage, Ihrer Bitte zu willfahren, Monsieur«, sagte der Herzog und griff dabei nach dem Klingelzug. Hornblower verließ das Audienzzimmer und eilte mit brennenden Wangen an Höflingen und Wachen vorüber. Er war in diesem Augenblick förmlich blind vor Wut - es kam sehr selten vor, daß er in solchen Zorn geriet. Seine natürliche Neigung, jede Angelegenheit von beiden Seiten zu betrachten, half ihm für gewöhnlich, eine ausgewogene, zugängliche Gemütslage zu bewahren. Weich schalt er sich darob in Augenblicken der Selbstverachtung. Er rannte in sein Dienstzimmer und warf sich dort in einen Sessel. Eine Sekunde
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