Hornblower 09 - Lord Hornblower
es mit den Gezeiten stand, wußte er nicht genau, aber er konnte so lange warten, bis sie günstig lagen.
»Kapitän Howard«, sagte er, »geben Sie der Flame und der Porta Coeli Befehl, seeklar zu machen. Ich will den Herzog und die Herzogin auf dem Wasserwege nach Rouen bringen - das Gefolge kommt natürlich mit... ja, auch Lady Barbara. Setzen Sie die Kommandanten davon in Kenntnis, daß sie für Empfang und Unterbringung der Herrschaften entsprechende Vorbereitungen treffen können. Und schicken Sie bitte nach Hau, damit ich mit ihm alle Einzelheiten festlegen kann. Herr Oberst Dobbs, Sie machen doch auch gern einmal einen kleinen Jachtausflug mit, nicht wahr?«
Als sich am nächsten Morgen eine Schar von Männern in glänzenden Uniformen und Damen in farbenfrohen Toiletten auf dem Achterdeck der Porta Coeli versammelten, da sah es wirklich so aus, als hätte man vor, eine fröhliche Segelfahrt zu unternehmen. Die Porta Coeli hatte sich schon vom Kai freigewarpt, und die Gäste wurden mit Booten an Bord gerudert.
Freeman brauchte auf den Wink Hornblowers nur seine Befehle zum Segelsetzen und Ankerlichten über das Deck zu rufen, und die Fahrt den breiten Strom hinauf konnte beginnen. Die Sonne schien warm und verkündete, daß der Frühling nun wirklich da war, glitzernde Lichter tanzten auf lustigen, kleinen Wellen.
Hornblower erriet aus den Geräuschen, daß man unter Deck noch fleißig am Werk war, um die Unterkünfte für die fürstliche Hofgesellschaft herzurichten, hier oben längs der Reling aber sah man nur lachende, erwartungsfrohe Gesichter. Auch für ihn selbst war es ein himmlisches Gefühl, wieder einmal ein Schiffsdeck unter den Füßen zu haben, den frischen Seewind auf den Wangen zu fühlen und bei einem Blick nach achtern die schmucke Flame unter allen ihren Schratsegeln auf ihrem Platz im Kielwasser zu beobachten. Herrlich auch, wieder einmal die weiße Kriegsflagge zu seinen Häupten und den Kommodorestander im Topp zu wissen. Daß das bourbonische Weiß-Gold daneben wehte, tat diesem Glück keinen Eintrag. Er begegnete Barbaras Blick und lächelte ihr zu. Der Herzog und die Herzogin traten zu ihm und zogen ihn gnädig ins Gespräch.
Das Fahrwasser führte dicht am Nordufer des Stromes entlang, sie passierten Harfleur und tauschten mit der dortigen Batterie ihren Salut. Mit vollen acht Knoten Fahrt rauschten die Schiffe flußaufwärts, man kam schneller voran, als wenn man mit Kutschen gefahren wäre. Allerdings sah es damit wohl bald anders aus, wenn der Flußlauf schmäler wurde und sich zu winden begann. Das ferne Südufer rückte auch schon immer näher heran, die grünen Niederungen dort waren immer deutlicher zu unterscheiden, bis sie, wie es schien, von einer Minute zur anderen das Mündungsgebiet hinter sich hatten und die eigentliche Flußfahrt begann. Quilleboeuf war längst zurückgeblieben, und nun öffnete sich die lange, gerade Strecke, die bis Caudebec reicht. Auf dem linken Ufer breitete sich grünes Weideland mit reichen Bauernhöfen, rechter Hand lagen steile, bewaldete Höhen. Das Ruder wurde gelegt, die Schoten angeholt. Da der Wind immer dazu neigt, dem Flußtal zu folgen, kam er auch jetzt noch gut achterlich ein, so daß sie, unterstützt durch die reißende Flut, ausgezeichnete Fahrt liefen. Jetzt wurde das Zeichen zum Lunch gegeben, und die Gesellschaft begab sich unter Deck. Die Damen kreischten angesichts des engen, steilen Niedergangs und der ständigen Bedrohung durch die niedrigen Deckbalken. Um für die fürstliche Gesellschaft genügend Platz zu schaffen, hatte man einige Schottwände herausgerissen und versetzt. Hornblower konnte sich vorstellen, daß die halbe Besatzung an Deck schlafen mußte, solange das Herzogspaar sich an Bord aufhielt. Die fürstliche Dienerschaft und die Stewards der Offiziersmesse begannen gemeinsam, den Lunch zu servieren - den einen machte dabei die ungewohnte Umgebung ebenso zu schaffen wie den anderen die fremdartige Tischgesellschaft, die sie bedienen mußten. Die Mahlzeit hatte kaum begonnen, da betrat Freeman den Raum und flüsterte dem zwischen der Herzogin und der Dame d'Honneur sitzenden Hornblower etwas ins Ohr. »Caudebec in Sicht, Sir«, wisperte er. Hornblower hatte befohlen, daß ihm dies gemeldet werden sollte.
Nun entschuldigte er sich mit ein paar Worten bei der Herzogin, verbeugte sich zum Herzog hinüber und schlüpfte unauffällig hinaus. Die Hofetikette hatte auch für das Bordleben ihre Gesetze und Regeln:
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