Hornblower 09 - Lord Hornblower
Durchführung um Ihre Vorschläge bitten?«
Es bedurfte nur weniger Minuten, um alle diese Einzelheiten festzulegen. Hornblower hatte von Hau gelernt, wie man beim öffentlichen Auftreten von Fürstlichkeiten Regie führen mußte.
Als alles besprochen war, verabschiedete er sich und fuhr durch die schweigende Menge wieder zum Bollwerk zurück, wo Brown, der schon begonnen hatte, sich um ihn Sorge zu machen, mit dem Boot auf seine Rückkehr wartete. Kaum hatten sie abgelegt, da spitzte Brown die Ohren. Das Geläut der ersten Kirche scholl feierlich über die Stadt hin, und knapp eine Minute später fiel eine zweite ein. An Deck der Porta Coeli aber lauschte der Herzog dem Bericht Hornblowers. Die Stadt traf alle Vorbereitungen, ihn würdig zu empfangen. Als sie dann am Kai an Land stiegen, standen dort, wie versprochen, die Häupter und Standesherren der Stadt zum Empfang bereit, waren Wagen und Pferde zur Stelle, waren die Straßen mit weißen Bannern geschmückt. Nur die Menge blieb teilnahmslos, benommen von dem Unheil, das sie erlitten hatte. Immerhin brachte diese Teilnahmslosigkeit den Vorteil, daß Rouen während des fürstlichen Aufenthaltes ruhig blieb. So nahmen auch die Empfänge wenigstens äußerlich einen harmonischen Verlauf, und Barbara und Hornblower sanken Nacht für Nacht todmüde und zerschlagen ins Bett.
Hornblower wandte nur den Kopf auf seinem Kissen, als das fortgesetzte Klopfen endlich bis zu seinem Bewußtsein vordrang. »Herein!« brüllte er. Barbara an seiner Seite machte eine ärgerlich abwehrende Bewegung, als er noch im Halbschlaf mit dem Arm ausgriff und die Bettvorhänge aufzog.
Vor ihm stand Dobbs in Hausschuhen und Hemdärmeln, mit hängenden Hosenträgern und zerrauften Haaren. In der einen Hand hielt er einen Leuchter, in der anderen eine Depesche.
»Es ist aus!« sagte er. »Boney hat abgedankt! Blücher ist in Paris!« Endlich! Das war der Sieg. Das war das Ende von zwanzig Jahren Krieg. Hornblower setzte sich im Bett auf und blinzelte in das Licht der Kerze. »Der Herzog muß sofort Meldung haben«, sagte er. Er bemühte sich, seine Gedanken zu sammeln. »Ist der König noch in England? Was steht in der Depesche?« Er stieg in seinem Nachthemd aus dem Bett, Barbara hatte sich aufgerichtet, ihr Haar war vom Schlaf ganz zerzaust. »Ich danke Ihnen, Dobbs«, sagte Hornblower. »Ich bin in fünf Minuten bei Ihnen. Veranlassen Sie bitte, daß der Herzog geweckt wird, und setzen Sie ihn davon in Kenntnis, daß ich mich sofort bei ihm melden werde.«
Während Dobbs sich zum Gehen wandte, griff Hornblower schon nach seiner Hose. Er hielt sich eben mühsam auf einem Bein im Gleichgewicht, um sie anzuziehen, da begegnete er Barbaras schlaftrunkenem Blick. »Endlich Friede«, sagte er nur.
»Der Krieg ist zu Ende.« Auch wenn man Hornblower so unerwartet aus dem Schlaf riß, wie eben jetzt, war er imstande, sich mit erstaunlicher Geschwindigkeit anzukleiden, wie ihm überhaupt jede Verrichtung rasch von der Hand ging. Er stopfte sein Nachthemd kurzerhand in die Hose, wobei sich das lange, weite und warme Gewand allerdings in unangenehmer Weise schoppte. Als er schon fast damit fertig war, kam endlich Barbaras Antwort: »Haben wir es nicht immer gewußt, daß es so kommen würde?« meinte sie ein bißchen verdrießlich. Barbara hatte während der jüngsten Festlichkeiten allzuwenig Schlaf gefunden. »Der Herzog muß es dennoch sofort erfahren«, sagte Hornblower, während er in seine Schuhe fuhr. »Ich nehme an, daß er schon beim Morgengrauen nach Paris aufbrechen will.«
»Beim Morgengrauen? Und wie spät ist es jetzt?«
»Sechs Glasen nehme ich an - drei Uhr.«
»Ach!« sagte Barbara und sank in ihr Kissen zurück.
Hornblower fuhr in seinen Rock und nahm sich die Zeit, ihr noch einen Kuß zu geben. Aber Barbara küßte ihn nur flüchtig wieder. Der Herzog ließ ihn im Wohnzimmer des geflüchteten Präfekten, in dessen Dienstwohnung er untergebracht war, gute fünfzehn Minuten warten. Dann hörte er sich im Kreise seiner versammelten Räte die große Nachricht an. Er zeigte dabei einen wahrhaft königlichen Gleichmut, seine Haltung war ganz unbewegt.
»Was geschieht mit dem Usurpator?« war die erste Frage, die er stellte, als er Hornblower angehört hatte.
»Die grundsätzliche Entscheidung über sein künftiges Geschick ist bereits gefallen, Königliche Hoheit. Man hat ihm ein kleines Fürstentum zugebilligt«, sagte Hornblower. Während er das noch aussprach, hatte er das
Weitere Kostenlose Bücher