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Hornblower 09 - Lord Hornblower

Hornblower 09 - Lord Hornblower

Titel: Hornblower 09 - Lord Hornblower Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. S. Forester
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während es hart am Wind ein Stückchen flußaufwärts ging. Da stellte er die Frage: »Soll ich den Niedergang schalken lassen?«
    Das war eine ausgesprochene Frechheit, er brachte sie auch mit entsprechendem Grinsen vor.
    »Nein«, gab Hornblower barsch zur Antwort. Man merkte ihm an, daß ihm jetzt nicht nach Scherzen zumute war. Mit dem nächsten Schlag gelang es der Porta Coeli, den Beginn der Linksbiegung zu erreichen. Von da an konnte sie mehr und mehr abfallen. Freeman machte ein sauberes Halsenmanöver, und dann ging es mit Backstagsbrise in die nächste Gerade. Auch hier trug das eine Ufer bewaldete Hügel, das andere fettes Weideland. Hornblower spielte einen Augenblick mit dem Gedanken, einen Läufer hinunterzuschicken und die Hofgesellschaft für die nächste Viertelstunde zum Andeckkommen einzuladen, aber er besann sich gleich eines Besseren. Sie sollten lieber bleiben, wo sie waren, alle, Barbara eingeschlossen. Er nahm sein Glas zur Hand und enterte schwerfällig in die Großwanten. Vom Großmars aus hatte er einen bedeutend weiteren Blick ins Land hinein. Es machte ihm ein seltsames Vergnügen, von diesem luftigen Sitz aus die grüne, lieblich hingebreitete französische Landschaft zu betrachten wie irgendein Reisender. Die Bauern waren an der Arbeit auf den Feldern, sie hoben kaum den Blick, als die beiden schönen Schiffe an ihnen vorübersegelten. Nirgends entdeckte man Spuren des Krieges, Anzeichen von Verwüstung.
    Abgesehen von Caudebec war die Normandie von den in Frankreich eingefallenen Heeren ganz verschont geblieben.
    Zuletzt, die Brigg näherte sich bereits der nächsten Krümmung, und eben begannen wieder die Vorbereitungen zum Halsen, erhaschte Hornblower für Sekunden einen Blick auf das ferne Rouen. Von seltsamer Erregung gepackt, sah er weit im Land die ragenden Türme der Kathedrale und all der anderen Kirchen.
    Als aber dann die Brigg in die Flußbiegung einsteuerte, schoben sich gleich wieder die Waldhügel des Ufers vor das Bild der Stadt. Da ruckte er sein Glas zusammen und stieg langsam hinunter an Deck.
    »Vom Flutstrom ist nicht mehr viel zu spüren, Sir«, sagte Freeman. »Nein, bringen Sie bitte das Schiff in der nächsten Geraden zu Anker, Mr. Freeman. Ankern Sie mit Bug- und Heckanker, und signalisieren Sie der Flame, das gleiche zu tun.«
    »Aye, aye, Sir.«
    Wie viel schöner und befriedigender war es für den menschlichen Geist, sich mit Naturerscheinungen wie dem Sinken des Tages oder dem Wechsel der Gezeiten zu beschäftigen, als sich mit menschlichen Launen, mit Prinzen und - Frauen abgeben zu müssen. Die beiden Briggs ankerten also im Strom, um hier während der Ebbe und der bevorstehenden Nachtstunden zu warten. Hornblower traf selbstverständlich Vorsichtsmaßnahmen gegen jeden überraschenden Angriff, er ließ Enternetze ausbringen und ein paar Boote während der Nacht Patrouille rudern. Dabei war er überzeugt, daß er von der erschöpften und gleichgültigen Landbevölkerung wenig zu befürchten hatte. Hätten sich noch irgendwelche Teile der Armee in Reichweite befunden, hätte Bonaparte nicht im Osten, sondern im Westen von Paris operiert, dann wäre die Lage natürlich eine ganz andere gewesen Aber außer Bonaparte selbst und der bewaffneten Macht, die für ihn kämpfen mußte, gab es heute in Frankreich keinen Widerstand mehr, das Land fiel dem ersten besten Eroberer als wehrlose Beute anheim. Die Gesellschaft an Bord der Porta Coeli amüsierte sich unterdessen weiter. Es war recht lästig, daß der Herzog, die Herzogin und die Damen und Herren des Gefolges auf der Porta Coeli sich fortgesetzt einbildeten, Bedienstete, Gepäckstücke und dergleichen zu benötigen, die sich an Bord der Flame befanden, so daß man ständig Boote zwischen den beiden Schiffen hin- und herschicken mußte.
    Offenbar durfte man von dieser Sorte Menschen kein anderes Benehmen erwarten. Dafür ließen sie über die enge Unterbringung erstaunlich wenig Klagen hören. Barbara teilte mit stoischem Gleichmut die kleine Kammer Freemans mit vier anderen Damen - sie wäre schon für zwei reichlich eng gewesen.
    Die fürstliche Dienerschaft hängte unter Anleitung der belustigten Seeleute klaglos ihre Hängematten auf. Man hatte eben doch den Eindruck, daß diese Menschen in den zwanzig Jahren der Verbannung und der Wanderschaft durch ganz Europa durch eine Schule gegangen waren, deren harte Lehren sie noch nicht vergessen hatten. Es war kaum anzunehmen, daß irgend jemand unter diesen

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