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Hornblower 09 - Lord Hornblower

Hornblower 09 - Lord Hornblower

Titel: Hornblower 09 - Lord Hornblower Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. S. Forester
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wohl fühlen, wie das ohne dich möglich ist, mein Schatz«, sagte Hornblower. Auch das war völlig ehrlich gemeint. Bis jetzt war noch kein Wort über die Gracays gefallen. Erfreulicherweise verabscheute auch Barbara die pöbelhafte Unsitte, die Menschen durchzuhecheln, mit denen man eben zusammengewesen war, eine Neigung, die ihn bei seiner ersten Frau oft genug zur Verzweiflung gebracht hatte.
    Sie lagen beide schon im Bett, und er hielt ihre Hände in den seinen, als sie den Namen zum ersten Male aussprach. Er kam ihr ganz plötzlich über die Lippen, ohne jede einleitende Spiegelfechterei und sichtlich alles andere als apropos.
    »Deine Freunde, die Gracays, sind wirklich reizende Leute«, sagte sie. »Sie sind so, wie ich sie dir geschildert habe«, sagte Hornblower. Ein Segen, daß er nicht versucht hatte, sein Erlebnis mit den Gracays zu übergehen, als er Barbara von seinen Abenteuern in Frankreich berichtet hatte. Aber deshalb hatte er ihr natürlich noch lange nicht alles erzählt, nein, längst nicht alles. Nicht sehr geschickt fuhr er fort: »Der Graf ist wirklich einer der liebenswürdigsten und gütigsten Menschen, die je auf Erden gewandelt sind.«
    Aber Barbara ließ sich nicht ablenken: »Sie ist bestimmt eine schöne Frau«, sagte sie. »Die Augen, der Teint, das Haar... Man findet ja so oft, daß Frauen mit rötlichem Haar und braunen Augen einen unreinen Teint besitzen.«
    »Der ihrige ist vollkommen«, sagte Hornblower. Es schien ihm immer noch das beste zu sein, seiner Frau zuzustimmen.
    »Warum hat sie eigentlich nicht wieder geheiratet?« wunderte sich Barbara. »Sie muß schon sehr jung geheiratet haben. Wie du sagst, ist sie ja schon mehrere Jahre Witwe.«
    »Seit Aspern«, erklärte er, »also seit 1809. Ein Sohn des Grafen fiel bei Austerlitz, einer kam in Spanien ums Leben und der dritte, eben ihr Mann Marcel, bei Aspern.«
    »Also vor beinahe sechs Jahren«, sagte Barbara.
    Hornblower gab sich Mühe zu erklären, daß Marie selbst nicht von Adel sei, daß alles Vermögen, das sie besaß, bei einer Wiederheirat bestimmt an die Gracays zurückfallen würde, daß sie bei ihrem zurückgezogenen Leben wenig Gelegenheit habe, Männer kennen zu lernen, die für eine Heirat in Frage kämen.
    »Von nun an werden sie sich wohl mehr in der Gesellschaft bewegen«, bemerkte Barbara nachdenklich und fügte nach einer Pause a propos de rien hinzu: »Ihr Mund ist zu groß.«
    Später, als Barbara schon ruhig atmend neben ihm schlief, dachte Hornblower noch einmal über alles nach, was sie zu ihm gesagt hatte. War es nicht lächerlich albern von ihm, daß er sich so ungern mit dem Gedanken an Maries Wiederheirat abgab? Er würde sie ja doch kaum jemals wiedersehen. Höchstens, daß er sie noch einmal besuchte, ehe er endgültig nach England zurückkehrte, das war aber auch alles. Und dann, dann war er wieder in Smallbridge, in seinen eigenen vier Wänden, dann hatte er seinen Richard um sich und seine englischen Dienstboten, die ihn versorgten. Langweilig und gefahrlos, so stellte er sich sein künftiges Dasein vor, aber es bot ihm dabei doch alle Aussichten auf Glück. Barbara blieb ja nicht ewig in Wien. Und dann konnte er mit seiner Frau und seinem Sohn ein gesundes, geordnetes und nützliches Leben führen. Mit diesem guten Vorsatz schloß er die Augen und fiel in einen ruhigen Schlaf.

17. Kapitel
    Knappe zwei Monate später sitzt Hornblower im Reisewagen und fährt durch das französische Land. Sein Ziel ist Nevers und das Chateau der Gracay. Der Wiener Kongreß berät - oder tanzt - immer noch; ein Unzufriedener hatte kürzlich bemerkt, der Kongreß tanze und käme nicht vom Fleck. Und Barbara gab noch immer eine Gesellschaft nach der anderen. Der kleine Richard saß jetzt den ganzen Vormittag im Schulzimmer, und in Smallbridge gab es für einen tatendurstigen Mann nichts, rein gar nichts, zu tun, außer sich einsam und verlassen zu fühlen. Da hatte ihn die Versuchung angefallen wie ein Straßenräuber.
    Sechs Wochen war er ziellos im Hause umhergeschlichen, sechs wolkenverhangene, regnerische Wochen eines englischen Winters, sechs Wochen lang hatten ihn Butler, Haushälterin und Gouvernante umkreist wie Trabanten, sechs Wochen war er ziellose Wege geritten, hatte er geduldig die Gesellschaft seiner ländlichen Nachbarn über sich ergehen lassen. Dann hatte er es satt, gründlich satt. Als Kommandant war er gewiß auch einsam gewesen, aber da hatte er gleichzeitig eine Fülle von Aufgaben zu

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