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Hornblower 09 - Lord Hornblower

Hornblower 09 - Lord Hornblower

Titel: Hornblower 09 - Lord Hornblower Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. S. Forester
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Und doch brachte er es zustande. Sie blickten einander mit gespielter Wiedersehensfreude an. Dabei hatte Hornblower das Gefühl, einem Wesen gegenüberzustehen, das ihm zugehörte wie sein eigenes Herz. Marie war ganz in Goldbrokat gekleidet. Ihre Augen schienen sich richtig in ihn hineinzubrennen. Das war kein gedankenloser Vergleich, sondern buchstäbliche Wirklichkeit. Sein Verstand suchte sich an Barbara zu klammern, wie ein schiffbrüchiger Seemann sich an einem gesplitterten Mast festkrallt, der in der Brandung umhergeworfen wird. Hier stand Barbara in ihrer schlanken Eleganz, dort Marie in ihrer warmen Lebensfülle. Barbaras blaue Augen blitzten, Maries braune strahlten Wärme und Zärtlichkeit, Barbaras Haar war blond, fast braun, das Haar Maries war von der Farbe alten Goldes und spielte fast ins Kastanienbraune. Es gelang ihm mit dem besten Willen nicht, an Barbara zu denken, während Marie vor ihm stand. Da stand auch der Graf und wartete mit liebenswürdigem Lächeln auf seine Vorstellung. Er war wohl der gütigste Mensch der Welt, seine drei Söhne waren für Frankreich gefallen, und einmal hatte er Hornblower gesagt, daß er ihm ans Herz gewachsen sei wie ein eigenes Kind. Hornblower schüttelte ihm voll überströmender Freude über das Wiedersehen die Hände. Die Vorstellung selbst fiel ihm unendlich schwer. Es war auch wirklich keine so einfache Sache, Frau und Geliebte miteinander bekannt zu machen. »Lady Hornblower... Madame La Vicomtesse de Gracay, Barbara darf ich dir Monsieur le Comte de Gracay vorstellen.«
    Ob sie einander feindselig maßen, seine beiden Frauen? Ob sie gar schon heimlich die Degen kreuzten, seine Frau und seine Geliebte, die eine, die er öffentlich auserwählt, und die andere, die er heimlich geliebt hatte? »Der Herr Graf«, sagte Hornblower wie im Fieber, »und seine Schwiegertochter haben mir zu meiner Flucht aus Frankreich verholfen. Sie hielten mich so lange versteckt, bis die Nachforschungen aufgegeben wurden.
    »Ach ja, ich kann mich gut erinnern«, sagte Barbara. Sie wandte sich den beiden zu und traktierte sie mit ihrem scheußlichen Schulfranzösisch. »Jedenfalls weiß ich Ihnen ewig Dank für die großen Dienste, die Sie meinem Mann erwiesen haben.«
    Eine neue Schwierigkeit! Marie und der Graf sahen ihn unsicher und fragend an. Sie fanden bei Barbara durchaus keine Ähnlichkeit mit jener Frau, die er ihnen vor vier Jahren so genau beschrieben hatte, als er noch ein Flüchtling war und sich in ihrem Schloß versteckt hielt. Es war kaum anzunehmen, daß sie von Marias Tod etwas gehört hatten, und noch weniger, daß sie von seiner raschen Wiederverheiratung mit Barbara wußten, mit Barbara, die von ihrer Vorgängerin in allem und jedem so grundverschieden war.
    »Wir würden das gleiche auch heute wieder für ihn tun, Madame«, meinte der Graf. »Glücklicherweise wird es nie mehr nötig sein.«
    »Und Leutnant Bush?« erkundigte sich Marie bei Hornblower. »Hoffentlich geht es ihm gut?«
    »Er ist tot, Madame, fiel im letzten Monat des Krieges. Er war zuletzt Kapitän zur See.«
    »Ach!«
    Es war wirklich albern von ihm, in diesem Fall überhaupt von der Beförderung zum Kapitän zu sprechen. Hätte es sich um einen anderen als Bush gehandelt, dann wäre es allerdings verständlich gewesen. Jeder Seeoffizier wartete mit so brennender Sehnsucht auf diese Beförderung, daß man fast sagen konnte, der Kapitänsrang sei ein vollwertiges Entgelt für einen frühen Tod. Dieser Standpunkt hatte in der Tat bei irgendeinem gleichgültigen Menschen, den man zufällig kannte, eine gewisse Berechtigung, aber nicht bei Bush.
    »Das tut mir aufrichtig leid«, sagte der Graf. Dann zögerte er etwas, ehe er weitersprach. - Jetzt, am Ende dieses schrecklichen Krieges, wagte man es ja nur mit Zagen , sich nach gemeinsamen Bekannten von früher zu erkundigen. Wie leicht konnte es sein, daß sie gefallen waren. »Und Brown? Diese Säule der Kraft?
    Ihm geht es hoffentlich gut?«
    »O ja, Monsieur le Comte, sogar sehr gut. Er ist jetzt mein Leibdiener.«
    »Wir haben damals einiges über Ihre Flucht zu lesen bekommen«, sagte Marie.
    »Natürlich in der üblichen bonapartistischen Aufmachung«, fügte der Graf hinzu. »Sie haben doch damals ein Schiff weggenommen? Wie hieß es doch gleich?... Die...«
    »Die Witch of Endor, Monsieur.«
    Waren die Gefühle, die ihn jetzt durchströmten, allzu schmerzlich oder allzu schön? Hornblower wußte es nicht. Die Erinnerungen stürmten

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