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Hornblower 10 - Hornblower in Westindien

Hornblower 10 - Hornblower in Westindien

Titel: Hornblower 10 - Hornblower in Westindien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. S. Forester
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Berg - Hornblower hatte den Ausdruck ›bergehoch‹ zunächst selbst gebraucht, mußte sich aber bei dem Versuch, ihre wirkliche Höhe zu schätzen, eingestehen, daß das eine Übertreibung war - aber sie erreichte dennoch auf alle Fälle die Höhe eines nicht gerade niedrigen Kirchturms. Ein mächtiger Höhenzug aus Wasser bewegte sich auf sie zu, nicht ganz so schnell wie ein Rennpferd, aber doch im Tempo eines schnellen Läufers. Die Pretty Jane hob ihren Bug, holte weit über und begann dann tapfer, den Wasserriesen zu erklettern. Immer höher, immer steiler ging es an seiner Vorderseite empor - hinauf - hinauf - hinauf. Sie schien fast senkrecht zu stehen, als sie endlich den Kamm erreichte. Und dort erwartete sie ein wahrer Weltuntergang. Der Wind, durch die anrollende See zeitweise abgedeckt, warf sich mit verdoppelter Kraft auf das arme Schiff.
    Die Pretty Jane legte sich unter seinem Druck hart und immer härter auf die Seite, während ihr Heck zugleich in die Höhe schwang, als der Kamm der See unter ihr hindurchrollte. Hinab - hinab - hinab ging es nun, ihr Deck stand fast auf und nieder, ihr Bug wies in die Tiefe, und dazu lag sie überdies fast neunzig Grad auf der Seite. Am Rückhang des großen Rollers erwarteten sie beim Hinabgleiten kleinere Seen und brachen gischtend über ihr Deck. Hornblower wurde dann jedes Mal bis zu den Hüften, ja bis zur Brust von rauschenden Wassermassen umspült, er fühlte, wie ihm die Beine unter dem Leib weggezogen wurden und mußte sich mit allerletzter Kraft festhalten, um nicht über Bord gespült zu werden. Jetzt tauchte der Schiffszimmermann auf und versuchte, dem Kapitän etwas ins Ohr zu brüllen, aber es gelang ihm nicht, sich bei dem Sturm verständlich zu machen. Schließlich hielt er eine Hand mit gespreizten Fingern hoch. Fünf Fuß Wasser im Raum, hieß das. Aber der Zimmermann wiederholte seine Geste - zweimal die fünf Finger, das waren zehn Fuß. Man mochte es kaum glauben, aber es mußte schon so sein. Auch die trägen Bewegungen der Pretty Jane verrieten, daß sie leck geschlagen war. Hornblower dachte an die Ladung, die sie fuhr: Blauholz und Kokosbast. Das Blauholz war so schwer, daß es gerade eben noch schwamm, aber der Kokosbast war eine der schwimmfähigsten Ladungen, die es gab. Kokosnüsse, die in die See fielen (was oft geschah, da die Kokospalmen gern ganz dicht am Wasser wachsen), trieben oft Wochen und Monate in den Strömungen der Meere und sorgten so für die weite Verbreitung der Kokospalme.
    Dieser Kokosbast war es denn auch, der jetzt die Pretty Jane über Wasser hielt, obwohl sie schon ziemlich vollgelaufen war.
    Er hielt sie gewiß noch lange über Wasser - so lange, daß er sie sogar überlebte. Die Pretty Jane arbeitete sich eher in Stücke, als daß ihr der Kokosbast erlaubte, unterzugehen.
    Darum hatten sie vielleicht noch eine oder zwei Stunden zu leben. Vielleicht, aber die nächste See, die grün über die hochragende Luvreling der Pretty Jane brach, gemahnte sie deutlich genug, daß die Katastrophe schlimmstenfalls nicht mehr so lange auf sich warten ließ. Während sich Hornblower mitten im Donnern und Brüllen der Wassermassen wieder einmal krampfhaft festhielt, vernahm er dennoch eine rasche Folge anderer, auffallend harter und scharfer Geräusche und spürte, wie das Deck unter seinen Füßen ächzte. Um Gottes willen, das Deckshaus! Die Gewalt des überkommenden Wassers lockerte offenbar schon seine Verbolzung. Man konnte auch nicht erwarten, daß es diese krachenden Schläge auf die Dauer aushielt, sicher wurde es bald über Bord gespült. Und - Hornblowers Vorstellungskraft war fieberhaft am Werk - ehe es so weit kam, klafften bestimmt seine Nähte, und es füllte sich mit Wasser. Und Barbara, seine Barbara, mußte in dieser Falle ertrinken, ehe das Gewicht des Wassers drinnen das Deckshaus endgültig losriß und die Seen es samt Barbaras Leiche in seinem Inneren über Bord spülten. Am Kompaßhaus festgeklammert, durchlebte Hornblower entsetzliche Sekunden, wohl die allerschlimmsten seines Lebens. Wie oft hatte er nicht schon dem eigenen Tod ins Auge geschaut, wie oft die Chancen erwogen, die ihm vielleicht noch blieben, doch davonzukommen. Aber heute war alles anders, was heute auf dem Spiel stand, war ja das Leben seiner geliebten Barbara.
    Ließ er sie weiter im Deckshaus, so bedeutete das mit Bestimmtheit ihr baldiges Ende. Sonst gab es nur noch ein zweites: sie auf das ständig von Wassermassen überspülte Deck

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