Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hornblower 10 - Hornblower in Westindien

Hornblower 10 - Hornblower in Westindien

Titel: Hornblower 10 - Hornblower in Westindien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. S. Forester
Vom Netzwerk:
führte ihn nur ein paar Mal zum Mund, dann legte er ihn wieder weg. Giles schenkte ihm Wein ins Glas, aber er wollte jetzt weder Wein noch Suppe. Dennoch zwang er sich, noch etwas von der Suppe zu sich zu nehmen, wenigstens so viel, daß der Schein gewahrt blieb.
    »Huhn á la Marengo, Mylord«, meldete Giles und setzte ihm den zweiten Gang vor.
    Bei Huhn ließ sich der Schein leichter wahren, Hornblower schnippelte die Gelenke auseinander, aß ein paar Bissen und legte Messer und Gabel wieder weg. Konnte nicht doch einmal ein Wunder geschehen? Wie, wenn man ihm von Deck herunter meldete, die Maschinen der beiden Schlepper der Daring seien zusammengebrochen oder die Daring selbst sei auf Grund gelaufen, so daß sie triumphierend vorüberrauschen konnten?
    Dumme Hirngespinste! Weiß Gott, er war wirklich ein Narr.
    Giles räumte den Tisch ab und brachte die Käseplatte und den Käseteller herein. Dazu füllte er ein Glas mit Portwein. Noch ein Scheibchen Käse und ein Schlückchen Wein, und das Dinner konnte als beendet gelten. Giles brachte die silberne Spirituslampe, die silberne Kaffeekanne und die Tasse aus Porzellan - Barbaras Abschiedsgeschenke. Selbst in seinem grenzenlosen Elend bot ihm der Kaffee etwas Trost, den einzigen in einer von undurchdringlichem Dunkel verhangenen Welt.
    Als er wieder an Deck erschien, herrschte rabenschwarze Nacht. An Steuerbord voraus schimmerte ein Licht, das stetig weiter querab wanderte; das war gewiß einer der berühmten Leuchttürme, die die Amerikaner aufgestellt hatten, damit der Mississippi bei Nacht ebenso leicht zu befahren war wie bei Tage, ebenso ein Beweis für die Bedeutung des aufstrebenden Handelsverkehrs auf diesem Strom wie die Tatsache, daß nicht weniger als sechs Dampfschlepper ohne Unterbrechung in Betrieb waren. »Mylord«, kam die Stimme Harcourts aus dem Dunkel neben ihm, »wir haben gleich den Paß erreicht. Ich bitte um weitere Befehle, Mylord.«
    Was konnte er tun? Das verlorene Spiel bis zum bitteren Ende weiterspielen. Das war das einzige, was ihm blieb. Weit, weit hinter der Daring hersegeln, in der Hoffnung, daß vielleicht doch noch ein Wunder geschah, ein Glücksfall eintrat. Die Aussichten standen hundert zu eins, daß der Vogel ausgeflogen, auf Nimmerwiedersehen verschwunden war, wenn er Corpus Christi erreichte. Und doch konnten ihm vielleicht die mexikanischen Behörden, sofern es dort welche gab, oder der Klatsch und Tratsch der Einwohner, sofern er etwas davon aufschnappte, irgendwelche Anhaltspunkte geben, aus denen sich das nächste Ziel der Kaiserlichen Garde erraten ließ.
    »Sobald wir in See sind, nehmen Sie bitte Kurs auf Corpus Christi.«
    »Aye, aye, Mylord, Corpus Christi.«
    »Studieren Sie das Segelhandbuch für den Golf von Mexiko wegen der Einfahrt in die dortige Lagune.«
    »Aye, aye, Mylord.«
    So, das war geschehen, die Entscheidung war gefallen.
    Dennoch blieb er an Deck und rang weiter mit dem Problem, das ihm mit seinen vielen Unbekannten und seiner aufreibenden Vielschichtigkeit immer neue Rätsel aufgab.
    Er fühlte Regentropfen im Gesicht, und bald stürzte ein Wolkenbruch vom Himmel, daß die Deckplanken dröhnten und Hornblowers beste Uniform im Nu durchnäßt war. Sein Zweispitz wog auf dem Kopf wie Blei, weil in der aufgebogenen Krempe das Wasser stand. Als er gerade im Begriff war, unter Deck Schutz zu suchen, begannen seine Gedanken wieder um das alte Problem zu kreisen, so daß er seine Absicht ganz vergaß und blieb. Gerard tauchte mit seinem Ölzeug samt Südwester aus dem Dunkel auf, aber er achtete nicht auf ihn. Sollte alles falscher Alarm gewesen sein? Hatte Cambronne etwa doch nur den Wunsch, die Garde nach Frankreich zurückzubringen? Nein und noch einmal nein! Wenn er das wollte, wozu holte er dann sechshundert Musketen und ganze Ballen mit Uniformen an Bord? Vor allem aber hätte er es in diesem Fall niemals nötig gehabt, sich so übereilt und heimlich davonzustehlen.
    »Bitte, Mylord«, sagte Gerard, der noch immer geduldig mit seinem Ölzeug bereitstand.
    Hornblower mußte daran denken, wie Barbara vor seinem Abschied von England Gerard beiseite genommen und lange mit ernster Miene auf ihn eingeredet hatte. Zweifellos hatte sie ihm damals eingeschärft, auf alle Fälle dafür zu sorgen, daß er nicht naß wurde und daß er pünktlich seine Mahlzeiten bekam.
    »Sie kommen etwas zu spät, Mr. Gerard«, meinte er lachend.
    »Ich bin schon naß bis auf die Haut.«
    »Dann, Mylord, möchte ich Ihnen

Weitere Kostenlose Bücher