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Hornblower 11 - Zapfenstreich

Hornblower 11 - Zapfenstreich

Titel: Hornblower 11 - Zapfenstreich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. S. Forester
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Marsdens kalten Blick auf sich gerichtet sah, der ihm zu sagen schien, daß er nun gleich entlassen würde.
    Späterhin - ja schon nach wenigen Monaten - konnte Hornblower hinter dem Geschehen dieses Augenblicks die geheimnisvolle Kraft ahnen, die sein Schicksal in die Bahn lenkte, die es für ihn ausersehen hatte. In einer einzigen Minute wurden dabei die Weichen gestellt. Rückblickend erinnerte er sich in diesem Zusammenhang an Musketenkugeln, die ihn nur um etwa einen Fuß breit gefehlt hatten. Schon eine mikroskopisch kleine Verschiebung der Ziellinie durch den Schützen hätte ihn das Leben gekostet und seiner Laufbahn ein Ende gebracht. Ähnlich war es auch in diesem Augenblick.
    Hätte die telegraphische Übermittlung nur ein paar kurze Sekunden mehr Zeit erfordert, hätte der Überbringer eine einzige Minute länger gebraucht, dann wäre Hornblowers Leben in anderer Richtung verlaufen. So aber wurde die Tür am anderen Ende des Zimmers plötzlich aufgerissen, und ein eleganter Herr kam mit großen Schritten herein. Er war offensichtlich einige Jahre jünger als Marsden und unauffällig, aber nach der neuesten Mode gekleidet. Sein leicht gestärkter Kragen reichte ihm bis an die Ohren, eine weißschwarz abgesetzte Weste lenkte die Aufmerksamkeit unaufdringlich auf seine schlanke Taille. Marsden warf einen ärgerlichen Blick auf den unangemeldeten Eindringling, aber er beherrschte sich sofort, als er sah, wen er vor sich hatte, und vor allem als er des Papiers ansichtig wurde, das der andere in der Hand schwenkte.
    »Villeneuve ist in Ferrol«, verkündete der Ankömmling, »eben wurde es telegrafisch gemeldet. Calder hatte ihn vor Finisterre zum Kampf gestellt, aber er ist ihm zuletzt entkommen.«
    Marsden griff nach der Depesche und las sie sorgfältig durch.
    »Das muß Seine Lordschaft sofort erfahren«, sagte er ganz ruhig und erhob sich gelassen von seinem Stuhl. Selbst jetzt war ihm keine Eile anzumerken »Mr. Barrow, dies ist Kapitän Hornblower, lassen Sie sich von ihm sagen, was er unlängst erbeutet hat.«
    Marsden verschwand durch die kaum sichtbare Tür in seinem Rücken und überbrachte seinem Chef diese Nachricht von unendlicher Bedeutung und Tragweite. Villeneuve hatte mehr als zwanzig französische und spanische Linienschiffe unter sich, die Bonaparte decken konnten, wenn er mit seinem Heer den Kanal überschritt. Drei Wochen lang, seit ihm Nelson bis nach Westindien gefolgt war, hatte man nichts mehr von ihm gehört.
    Calder war vor Kap Finisterre stationiert worden, um ihn abzufangen und vernichtend zu schlagen, aber das war ihm offenbar mißlungen.
    »Was haben Sie denn erbeutet, Herr Kapitän?« fragte Barrow.
    Diese einfache Frage brach wie ein Pistolenschuß in Hornblowers Denkprozeß ein. »Es ist nur eine Depesche von Bonaparte, Sir«, sagte er. Trotz seiner Verwirrung benutzte er mit Bedacht die Anrede ›Sir‹ , denn Barrow war immerhin Zweiter Sekretär der Admiralität, und sein Name war fast so bekannt wie der Marsdens.
    »Aber diese Depesche könnte doch von allergrößter Bedeutung sein. Was steht denn darin?«
    »Sie wird eben erst geöffnet, Sir. Mr. Dorsey hat sie übernommen.«
    »Das hätte ich mir eigentlich denken können. Während der vierzig Jahre, die Dorsey in diesem Amt sitzt, hat er großes Geschick in der Behandlung gekaperter Dokumente erworben.
    Das ist ja auch sein eigentliches Ressort.«
    »Ich habe das vermutet, Sir.«
    Einen Augenblick schwiegen beide. Hornblower nahm allen Mut zusammen, weil er die Frage stellen wollte, die ihm nachgerade keine Ruhe mehr ließ.
    »Was steht denn in der Depesche, Sir? Was war mit Villeneuve? Dürfen Sie mir das sagen, Sir?«
    »Sie können es ruhig wissen«, sagte Barrow. »Wir müssen ohnehin eine Gazette herausbringen, sobald es sich machen läßt.
    Calder stieß vor Finisterre auf Villeneuve und bekämpfte ihn fast zwei Tage lang. Das Wetter war dick, darin konnte ihm Villeneuve zuletzt entschlüpfen.«
    »Hat er keine Prisen gemacht, Sir?«
    »Doch, er scheint ein paar Spanier gekapert zu haben.« Zwei volle Tage hatte die Schlacht der beiden Flotten gedauert, deren jede mehr als zwanzig Schiffe zählte. Und was war dabei herausgekommen? So gut wie nichts. Wenn dieses klägliche Ergebnis bekannt wurde, dann kochte ganz England bestimmt vor Wut. Aber abgesehen davon drohte dem Lande jetzt unter Umständen wirklich eine ernste Gefahr. Die Franzosen waren wohl auch diesmal wieder ihrer Ausweichtaktik treu

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