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Hornblower 11 - Zapfenstreich

Hornblower 11 - Zapfenstreich

Titel: Hornblower 11 - Zapfenstreich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. S. Forester
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auch, daß Ihre Großmutter einmal gelernt hat, wie man Eier aussaugt, nicht wahr, Herr Kapitän?« Seine Frage klang so trocken wie immer. Er wollte Hornblower mit diesem Vergleich daran erinnern, daß die Sekretäre eine jahrelange Erfahrung in der Abfassung von Befehlen besaßen.
    Hornblower war so klug, diese Zurechtweisung mit einem Lächeln zu quittieren.
    »Ich hatte leider nicht bedacht, welche Erfahrung sie darin besaß«, sagte er. »Verzeihen Sie, meine Herren, mir ging es eben nur um den Erfolg des Plans.«
    Die Gewalt des Unwetters war jetzt offenbar gebrochen. Ein kühlerer Luftzug stahl sich ins Zimmer, mit ihm drang das Rauschen des wolkenbruchartigen Regens herein, der draußen niederging. Durch das Fenster sah man nur noch die stürzenden Wassermassen, sonst nichts.
    »Wir können uns darauf verlassen«, sagte Marsden, »daß Mr. Barrow, Dorsey und Claudius alle Einzelheiten der Aufgabe genau und gewissenhaft erledigen werden. Als nächste wichtige Frage wäre zu erörtern, wie wir den Befehl an Land bringen.«
    »Das dürfte der einfachste Teil dieser ganzen Unternehmung sein, Sir«, meinte Hornblower. »Von der französischen Grenze bis Ferrol erstreckt sich die Küste der Biskaya in einer Länge von etwa dreihundert Seemeilen. Sie ist zerklüftet und sehr dünn besiedelt. Zwischen den Felsen gibt es eine Unzahl kleiner, geschützter Buchten. Für die auf See allgegenwärtige Royal Navy sollte es ein leichtes sein, einige Männer dort ungesehen an Land zu setzen.«
    »Es freut mich ungemein, daß Sie so darüber denken, Herr Kapitän«, sagte Marsden.
    Es folgte eine dramatische, oder besser gesagt melodramatische Pause. Hornblowers Blick wanderte von Marsden zu Barrow und wieder zurück. Um seine Ruhe war es vollends geschehen, als er die Blicke sah, die die beiden miteinander tauschten.
    »Was haben Sie denn im Sinn, meine Herren?« fragte er schließlich. »Liegt es nicht auf der Hand, Herr Kapitän, daß Sie der richtige Mann sind, diese Aufgabe zu übernehmen?«
    So sagte Marsden trocken wie immer. Barrow kam ihm zu Hilfe. »Sie kennen Ferrol, Herr Kapitän, Sie waren schon in Spanien und sprechen sogar etwas Spanisch. Klar, daß Sie das Kommando übernehmen sollten.« Das war für Marsden das Stichwort:
    »Natürlich. Zumal Sie zur Zeit kein anderes Kommando haben.« Es lag auf der Hand, was diese Bemerkung zu bedeuten hatte. »Das soll doch nicht heißen, meine Herren - «, begann Hornblower. In der Aufregung suchte er vergebens, seinen Protest in Worte zu fassen. »Nein«, fuhr Marsden fort, »das ist keine Pflicht, deren Erfüllung man Ihnen befehlen könnte.
    Darüber sind auch wir uns im klaren. Es handelt sich hier um eine rein freiwillige Leistung Ihrerseits.«
    Wenn man sich verkleidet in Feindesland begab, mußte man gewärtigen, daß man in Unehren hingerichtet wurde. Jedem, der gefaßt wurde, drohte der Galgen, der Strick des Henkers - nein, in Spanien war es der eiserne Kragen der Garotte, da wurde man erdrosselt. Verrenkungen und Krämpfe gingen diesem Ende voraus. Keine Wehrmacht der Welt konnte ihren Offizieren befehlen, dieses Risiko auf sich zu nehmen.
    »Ich bin überzeugt, daß wir uns auf jenen Spanier Miranda verlassen können«, sagte Barrow. »Und wenn auch noch ein Franzose mitmachen soll - wir legen Wert darauf, zu erfahren, wie Sie darüber denken, Herr Kapitän -, dann wüßte ich mindestens drei, die uns schon andere wichtige Dienste geleistet haben.«
    Es war unvorstellbar, daß sich diese beiden Sekretäre dazu hergeben sollten, ihn um sein ›Ja‹ zu bitten, da sie doch allgemein als Männer von Eisen galten. Und doch schien es, als wären sie im Augenblick einer solchen Selbstentäußerung näher denn je in ihrem ganzen Dasein. Die Navy konnte einem Mann befehlen, die höchste, steilste Bordwand eines Linienschiffs zu erklettern und dabei wohlgezieltem Musketenfeuer zu trotzen, die Navy betrachtete es als selbstverständlich, daß jeder dem Tod tapfer ins Auge sah, auch wenn die Kartätschen Breitseite um Breitseite blutige Ernte hielten. Die Navy konnte einen Mann in der dunkelsten Sturmnacht in den Topp schicken, um ein paar Meter Segeltuch zu bergen, und sie konnte ihn hängen oder erschießen oder totpeitschen lassen, wenn er nicht sofort gehorchte. Aber die Navy konnte keinem ihrer Angehörigen befehlen, seine Hinrichtung durch die Garotte zu riskieren, auch dann nicht, wenn die Freiheit der Nation auf dem Spiel stand.
    Der Gedanke an diese Freiheit -

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