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Hornblower 11 - Zapfenstreich

Hornblower 11 - Zapfenstreich

Titel: Hornblower 11 - Zapfenstreich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. S. Forester
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einmal mittlere Größe. Dann war da noch ein Zug um die grauen Augen, die Hornblower im Lichte der Kerzen unverwandt musterten - aber sonst konnte man in seinem Aussehen und Gehaben nichts entdecken, das man als parodistische Nachahmung oder entstellendes Zerrbild des Kaisers hätte bezeichnen können. Der Mann trug einen dicken Schnurrbart und dazu einen kleinen Kinnbart - als könnte sich auch nur ein Mensch vorstellen, der große Kaiser hätte je einen Bart gehabt!
    Statt Napoleons kurz geschnittener Haare und der Locke, die ihm in die Stirn hing, trug dieser Mann sein Haar nach neuester Mode lang. Ja, es hätte sich über seinen Ohren sogar zu Locken geringelt, wenn es nicht so naß gewesen wäre, daß es in Rattenschwänzen herabhing. »Guten Abend, mein Herr«, begrüßte ihn Hornblower. »Guten Abend, Lord Hornblower, wenn ich richtig verstanden habe.«
    »Ja, der bin ich.«
    Der Ankömmling sprach ein gutes Englisch, wenn auch mit unverkennbarem Akzent. Dieser Akzent war jedoch offenbar nicht der eines Franzosen. »Ich bitte Sie, zu entschuldigen, daß ich Ihnen um diese ungewohnte Stunde ins Haus fiel.«
    Mit einer Geste nach dem abgedeckten Speisetisch gab Mr. Bonaparte kund, daß er die Bedeutung einer angemessenen Verdauungspause nach dem Dinner durchaus zu würdigen wußte.
    »Bitte machen Sie sich darüber keine Gedanken, Sir«, sagte Hornblower, »wenn Sie übrigens lieber französisch sprechen, so bitte ich sie, das zu tun.«
    »Ich spreche ebenso gern englisch wie französisch, Mylord«, sagte der Fremde. »Auch Deutsch und Italienisch sind mir geläufig.« Darin unterschied sich dieser Mann wiederum erheblich vom Kaiser. Hornblower hatte gelesen, daß sein Italienisch miserabel war und daß er kein Wort Englisch sprach.
    Dieser Verrückte war offenbar in mancher Hinsicht ungewöhnlich.
    Bei den Gesten, mit denen er seine letzten Worte begleitete, hatte sich der Mantel etwas weiter geöffnet, so daß Hornblower darunter ein breites rotes Band und einen blinkenden Stern entdecken konnte. Der Mann trug wahrhaftig den großen Adler der Ehrenlegion. Er war also ohne Zweifel verrückt. Nur noch eine letzte Probe aufs Exempel: »Wie darf ich Sie anreden, Sir?« fragte er.
    »Wenn Sie die Güte haben wollen, Mylord, dann nennen Sie mich Hoheit - oder Monseigneur - wenn Ihnen das mehr zusagt.«
    »Eure Hoheit mögen entschuldigen, daß mir mein Butler nicht klar genug auseinander setzte, wie wir Eurer Hoheit zu Diensten sein können. Vielleicht haben Eure Hoheit die Güte, Ihre Wünsche zu präzisieren.«
    »Die Güte liegt ganz bei Ihnen, Mylord. Ich habe Ihrem Butler zu erklären versucht, daß die Bahnlinie an der Grenze Ihres Parks unterbrochen ist. Der Zug, in dem ich saß, konnte seine Fahrt nicht fortsetzen.«
    »Das ist tief zu bedauern, Hoheit. Diese modernen Erfindungen...«
    »Ja, sie haben natürlich ihre schwachen Seiten. Wie ich höre, ist der schwere Regen dieser Tage daran schuld, daß die Böschung in einem sogenannten Durchstich nachgab und eine große Menge Erde auf die Schienen rutschte. Man spricht von einigen hundert Tonnen.«
    »Was Sie nicht sagen, Hoheit!«
    »Ja, man gab mir zu verstehen, daß es Tage dauern könne, ehe die Stelle wieder frei zu durchfahren sei. Aber meine Aufgabe in Paris ist von solcher Bedeutung, daß sie keine einzige Stunde Aufschub duldet.«
    »Selbstverständlich, Hoheit. Staatsgeschäfte sind ja immer dringend.« Der Verrückte gab ein seltsames Durcheinander von Sinn und Unsinn zum besten, er reagierte vor allem durchaus überzeugend auf Hornblowers plumpen Humor. Seine schweren Lider hoben sich ein wenig und die kalten grauen Augen suchten Hornblowers Blick.
    »Sie sprechen die Wahrheit, Mylord, aber ich fürchte, daß Sie ihre Tragweite nicht ganz ermessen. Meine Aufgabe ist wirklich von allergrößter Bedeutung. Es geht ja nicht nur darum, daß das Geschick Frankreichs von meinem Eintreffen in Paris abhängt, nein, hier geht es um den weiteren Ablauf der Weltgeschichte, um das Schicksal der ganzen Menschheit.«
    »Der Name Bonaparte allein gibt mir die Gewißheit, daß es sich nur um bedeutsamste Probleme handeln kann.«
    »Europa steht im Begriff, der Anarchie zum Opfer zu fallen.
    Unser Erdteil wird zur Beute von Verrätern, krassen Egoisten, Ideologen und Demagogen. Ungezählte Dummköpfe und eine Anzahl ausgekochter Schurken treiben allenthalben ihr Unwesen. Nur ein straff regiertes Frankreich kann die Ordnung in der Welt wieder herstellen.«
    »So

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