Hornjäger (German Edition)
keiner.« Sie hob ihn auf ihren Schoß und richtete ihm liebevoll den roten Turban.
»Ich kenne einen Mann, der behauptet schon da gewesen zu sein«, sagte Euphena trocken und beobachtete die beiden interessiert. Marezza kümmerte sich fast mütterlich um den kleinen Nuori. Die Frau erstaunte sie immer mehr.
»Dann lügt er.« Die Gräfin sah nicht einmal auf.
»Aber ...«
Marezza seufzte und drückte Nuori an sich. »Man findet es nicht. Man wird hineingebracht! Viele Abenteurer und selbsternannte Wissenschaftler sind losgezogen mit Söldnertruppen und schweren Waffen, aber jede dieser Expeditionen ist an der Tatsache gescheitert, dass man die Aigiden schlicht und einfach nicht gefunden hat! Manche sagen sogar, sie wären ausgestorben ... immerhin stammen diese Legenden aus uralter Zeit!«
Nuori spielte weiter mit der Figur, lauschte aber den Gesprächen der Erwachsenen, das sah Euphena ihm an.
»Ich fürchte also, ich kann Euch auf Eurer Suche nicht helfen, wünsche Euch aber dennoch viel Glück!«
Euphena neigte leicht den Kopf zum Dank. Marezza bemerkte es nicht einmal. Sie hatte nur noch Augen für den kleinen Nuori.
Als sie wieder aufschaute, lachte sie plötzlich entschuldigend. »Bitte verzeiht! Ich habe keine Kinder, wisst Ihr? Mein Mann und ich hätten uns immer welche gewünscht, aber das Glück war uns bisher nicht vergönnt ...« Sie fuhr über Nuoris Wangen, der sich geduldig alles gefallen ließ.
»Gefällt dir die Figur?«
Er nickte heftig.
»So ist sie dein.« Marezza drückte ihm einen Kuss auf die Stirn.
»Das geht nicht«, protestierte Euphena schnell.
Marezza sah sie beinahe enttäuscht aus ihren großen Augen an. »Natürlich geht das!«
Nuori jubelte und drückte die Seite mit dem weißen Zicklein an sich. »Danke, liebe Gräfin.« Für den Hirten schien er sich nicht so zu interessieren.
Marezza lachte auf. »Gern geschehen, mein lieber Nuori!«
Euphena stutzte. Woher kannte sie seinen Namen? Sie konnte sich nicht erinnern, ihn vor ihr genannt zu haben ... aber vielleicht täuschte sie sich auch.
»Wir haben noch eine Bitte.« Helwyr wurde unruhig.
»Sprecht sie aus Soldat und sie sei Euch gewährt«, erklärte Marezza huldvoll.
»Gebt uns Passierscheine, wir wollen so bald wie möglich aufbrechen.« Helwyrs Stimme war sachlich, fast ernst.
»Ich lasse sie Euch sofort ausstellen!« Marezza wedelte mit der Hand, worauf einer der Lakaien, der stumm im Hintergrund gewartet hatte, loseilte.
Der Abschied war schnell und formal gewesen. Auch wenn der Besuch in der Stadt weniger gebracht hatte, als sie erhofft hatten, war Euphena doch froh, dass sie ihre Hände behalten durfte. So eine Angst, wie in diesem Moment auf dem Holzpodest hatte sie in ihrem Leben noch nie verspürt! Sie schauderte bei dem Gedanken und nahm Helwyrs Hand ein bisschen fester.
Zu dritt marschierten sie die Landstraße entlang. Die Wache am Stadttor hatte zwar missmutig geschaut, aber als sie ihr Marezzas Siegel unter die Nase gehalten hatten, waren sie in wenigen Augenblicken außerhalb der Mauern und am Weg zur Mühle gewesen.
»Ich bin wirklich froh, dass dir nichts passiert ist, Püppchen!« Endlich sah sie Helwyr wieder mit seinem schelmischen Grinsen an.
»Dank deiner Unterstützung!« Sie lächelte ihn dankbar an.
»Ach, was habe ich denn groß getan ... in meinem Leben habe ich mich noch nie so hilflos gefühlt!«
Sie schwiegen.
»Allerdings kannst du wirklich präzise spucken, das muss man dir lassen!«, meinte er schließlich und bog auf den schmalen Pfad zum Müllershäuschen ein.
Euphena lachte. Da war er wieder! Ihr Helwyr!
»Nuori!« Nagda streckte die Arme aus und fing ihren Sohn mit einem glücklichen Lachen auf. »Da bist du ja wieder!« Sie bedeckte sein Gesicht über und über mit Küssen. Die Wäscheleine neben ihr war vergessen.
Jyrsin kam mit Sipi um die Ecke und setzte sie vor Euphena ab, um seinen Sohn zu begrüßen.
»Bin ich froh, dass euch allen nichts passiert ist! Ich habe mir solche Sorgen um euch gemacht!« Nagda drückte einen nach dem anderen an sich. Euphena freute sich aus tiefstem Herzen über diesen herzlichen Empfang, nur Helwyr schien ein wenig verunsichert, als Nagda ihn fest umarmte.
»Kommt doch erst einmal rein.« Jyrsin hielt die Tür auf. »Da lässt es sich besser reden!«
Das ließ sich die kleine Gruppe nicht zweimal sagen. Sie setzten sich um den Tisch und erzählten und plauderten und lachten.
»Wie viele sind es noch?« Helwyr stand unten im
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