Hornjäger (German Edition)
Erquiklichen, von den Kleidern bis zu warmen Mahlzeiten. Sie war ein Mädchen, das man um Rat gefragt, oder dem man eine Vertraulichkeit berichtet hatte. Sie schlug die Augen nieder. Das war jetzt so oder so vorbei! Vermutlich war es das Beste, wenn sie einfach in den Palast zurückkehrte und sich fügte. Vielleicht konnte sie dem Baron, bevor sie aus Gram starb, noch das Leben zur Hölle machen, oder ihn mit einer Krankheit anstecken. Genau, irgendwo wütete bestimmt gerade die Pest! Euphena verzog ihr Gesicht und grummelte leise. Dann hatte er wenigstens ein Andenken an die Hochzeitsnacht!
»Einverstanden!« Helwyr trat vor sie hin. »Ich werde Euch helfen!«
Eigentlich hätte sie sich freuen sollen, doch irgendetwas in seiner Stimme machte sie traurig.
»Dennoch habe ich eine Bedingung: Ihr tut genau, was ich Euch sage, wenn ich es sage!« Er sah sie streng an.
Euphena nickte und lächelte vorsichtig.
»Dann lasst uns keine Zeit verlieren!« Er bedeutete ihr, ihmzu folgen.
Sie gingen schweigend nebeneinander her. Euphenas Füße schmerzten in ihren Absatzschuhen, doch sie wagte nicht, es zu erwähnen. Helwyrs Gesicht war grimmig. Seine dunklen Haare hingen ihm wirr vom Kopf und seine Augen starrten nur noch zu Boden. Seine Laune war katastrophal! Zu allem Überfluss begann es auch noch, leicht zu regnen. Was das mit Euphenas Kleid anrichten würde, wagte sie sich nicht einmal auszumalen. Dabei war das eines ihrer Wertvollsten; Feldburgener Spitze, verarbeitet von einer Zunftnäherin im Palastbezirk. Es war durch noblere Hände gegangen, als sie selbst je haben würde.
Inzwischen schleppte sie den schweren Saum durch den Straßenmorast und kehrte damit das Laub von der Straße. Das Pergament unter ihrem Korsett kratzte fürchterlich und ihre Haare verfilzten sich bei jedem Windstoß nur noch mehr.
Hestus trottete mit gesenktem Kopf hinter ihnen her. Da er ohnehin zu vollgepackt war, um sie beide tragen zu können, gönnte Helwyr ihm eine Pause. Obwohl Hestus Rücken für Euphena mit jedem Schritt ein wenig einladender aussah, wagte sie es nicht zu erwähnen. Zuvor hatte Helwyr bloß etwas von Unterkunft gebrummelt und sich dann wieder in seine Grübeleien vertieft. Das hier war nicht sein Krieg und dennoch wurde von ihm verlangt ihn auszutragen!
Im Moment gab es nur sie und diesen verfluchten Wald. Die allgemeine Laune hätte sich nun vermutlich sogar durch einen erneuten Banditenüberfall verbessert. Oder durch einen Steuereintreiber. Oder eine Totengräberhochzeit. Aber da keiner die Güte hatte, dieses grässliche Schweigen zu unterbrechen, marschierte Euphena so tapfer wie möglich neben ihrem Retter her.
Es dämmerte bereits, als sie auf die nächste Herberge trafen. Es war eine Waldschenke, die auch Unterkunft für Reisende bot. Die Gäste waren großteils einfache Köhler und Händler, die von der Nacht überrascht worden waren. Ein recht trüber Haufen. Es regnete nun stärker. Helwyr brachte Hestus in den Stall, während Euphena ihnen ein Plätzchen suchte, und gesellte sich dann durchnässt, wie er war, zur ihr an den Tisch.
»Wirt, euren besten Wein und etwas zu essen! Wir sind am Verhungern!« Euphena rückte näher an das Kaminfeuer.
»Seid Ihr von Sinnen? Wie wollt Ihr das bezahlen?« Helwyr packte sie am Arm.
»Habt Ihr denn nichts mehr bei Euch?«
»Nicht für den besten Wein!« Schnaubend ging Helwyr zum Wirt und revidierte die Bestellung. In der Zwischenzeit versuchte Euphena, ihre Haare mit den Fingern etwas durchzukämmen.
»Regel Nummer eins: Ich kümmere mich um Bestellungen! Wir sind hier nicht im Palast, Fräulein. Von nun an müssen wir sparsam leben, denn ich denke nicht, dass ihr da unter Euren vielen Röcken einen Goldschatz versteckt habt!« Er baute sich vor ihr auf.
Euphena seufzte und rieb sich die Füße. Die Maßregelung war ihr aber immer noch lieber als das sture Schweigen.
»Jetzt zeigt mir Eure Schuhe!«
Euphena sah ihn verwundert an.
»Ja, Eure Schuhe, gebt sie her!«
»Wenn ihr meint ...« Sie zuckte die Achseln und streifte ihre Stiefelchen ab. Sie waren aus Rehleder und der letzte Schrei bei der Jagd im letzten Herbst gewesen.
»Habe ich es mir doch gedacht.« Helwyr drehte sie und besah sie sich von allen Seiten. Er stieg auf die Stiefelschäfte und trat mit Wucht die Absätze herunter.
Euphena kreischte entsetzt auf. »Seid Ihr verrückt geworden?«
»Ihr habt heute schon kaum laufen können, geschweige denn wäret ihr damit in der Lage wochenlang
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