Hornjäger (German Edition)
Straßengraben liegen konnten.
Nein, sie konnte hier nicht einfach tatenlos herumliegen, während die Männer ihr Leben für sie aufs Spiel setzten! Sie besah sich die Pergamente, die sie immer noch verkrampft in der Hand hielt. Hastig faltete sie die Blätter zusammen und verstaute sie in ihrem Korsett. Ihre Hände zitterten, als sie sich hochstemmte und sich zurück in die Richtung schlich, aus der sie gekommen war. Der Mann, der sie verfolgt hatte, lag immer noch bei der Eiche am Boden. Euphena umrundete ihn mit etwas Abstand. Sie konnte einfach nicht sagen, ob er noch lebte oder nicht! Vorsichtig beugte sie sich über den schlaffen Körper und besah sich das Gesicht des Mannes. Er wirkte so jung und unschuldig, fast als würde er schlafen. Sie sank auf die Knie, ihre Eingeweide verkrampften sich. Was hatte sie nur getan?! Heiße Tränen liefen ihr über die Wange. Das hatte sie nicht gewollt! Hätte sie doch nur gewusst, dass er noch so jung war!
Behutsam legte sich eine Hand auf ihre Schulter.
Erschrocken fuhr Euphena herum.
Vor ihr stand der Soldat mit der Narbe, den sie am Brunnen des Palastberzirks getroffen hatte. Helwyr war sein Name, wenn sie sich recht erinnerte.
Sie starrte ihn ungläubig an. »Ihr?«
»Habt Ihr etwa jemand anderen erwartet?« Sein Gesicht sah etwas erhitzt aus.
»Taucht Ihr ab jetzt immer auf, wenn es mir so richtig dreckig geht?« Euphena trocknete sich die Augen an ihrem Ärmel.
»Wollt Ihr nicht mit mir zurück auf die Straße kommen? Hier im Wald verlauft Ihr Euch doch nur!« Sein Blick fiel auf den leblosen Körper vor ihren Füßen.
»Da kann ich nicht hin! Unsere Truppe wurde soeben von Räubern überfallen, ich bin, so schnell ich konnte, geflohen ...« Sie schniefte laut. »Was macht Ihr eigentlich hier?«
Helwyr winkte ab. »Ich bin im Auftrag seiner Majestät in den Wäldern unterwegs ... aber es ist nichts von Belang.«
Euphena hockte sich auf einen umgefallenen Baum. Das war alles zu viel. Sie war eine Mörderin und saß allein in einem Wald fest, in dem sie sich nicht auskannte ... wenn sie es sich recht überlegte, kannte sie sich in überhaupt keinem Wald aus!
Verzweifelt stützte sie den Kopf in die Hände.
»Ist Euch nicht wohl?« Helwyr sah sie ehrlich besorgt an.
»Ich ... ich ...« Weiter kam Euphena nicht. Sie schluchzte einfach drauflos.
H elwyr stand ein wenig verloren da. Mit weinenden Frauen umzugehen, lernte man nicht bei den königlichen Truppen. Aber er konnte sie verstehen; All die Aufregung für ein junges Fräulein ... und dann noch der Kampf. Klar, es war ein improvisiertes Schauspiel gewesen, das sie nicht einmal bis zum Schluss mit angesehen hatte. Seine Männer hatten weitgehend auf Schilde oder Schwerter gehauen, ein wenig Schweineblut vergossen und heftig geschrien, aber dennoch!
Fengus hatte Euphena unterschätzt. Genauso wie Astos und auch er selbst. Der Einzige, der klug genug war in der Hitze des Gefechts auf das eigentliche Ziel zu achten, war der arme Gwael gewesen und der lag jetzt zu seinen Füßen und schnupperte am modrigen Waldboden.
Helwyr kniete sich an seine Seite. Euphena hatte ihn nicht allzu hart erwischt. Er war bewusstlos und würde fürchterliche Kopfschmerzen haben, aber immerhin war er am Leben.
Vorsichtig hob er ihn hoch und legte ihn sich über die Schulter. Euphena sah ihm aus großen Augen dabei zu. Er hatte ganz vergessen, wie weit ihr Blick einem ins Herz drang. Man konnte fast meinen, sie sah durch äußere Hüllen wie durch Wasser.
»Kommt.« Er streckte ihr seine Hand hin. Gwael wurde langsam schwer.
Unsicher ergriff sie seine Hand und ließ sich von ihm durch den Wald führen. Es wurde Zeit, dass die Sache ein Ende fand! So hintergangen zu werden hatte sie nicht verdient! Das hatte keiner! Vorsichtig zog er sie mit sich zur Straße hinunter.
Die anderen waren verschwunden. Alle Banditen hatten sich wie befohlen zurückgezogen und warteten vermutlich bereits am Treffpunkt auf ihn. Wo Astos mit seinen Männern war, wusste er nicht. Höchstwahrscheinlich irrten sie durch den Wald und versuchten ebenfalls das kostbare Fräulein wiederzufinden oder ihre Pferde wieder einzufangen.
»Hier! Hier fand der Kampf statt!« Sie lief zu der Stelle, an der noch bis vor kurzem die Kutsche gestanden hatte. Holzsplitter und ein abgerissener Vorhang im Straßengraben waren die einzigen Überbleibsel der Truppe.
»Hier wart Ihr mit Euren Begleitern unterwegs, Fräulein?«
Sie nickte und hob mit spitzen Fingern die
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