Horowitz, Anthony - Die fuenf Tore 5 - Zeitentod (Das Finale - Teil 1)
war gerade in einem Feld gelandet und der Croupier kassierte ab … es hatten mehr Spieler verloren als gewonnen. Als er die bunten Chips von der grünen Bespannung fegte, schaute er kurz auf und Scarlett erstarrte. Einen Moment lang schien er sie prüfend anzusehen. Dann wendete er den Blick wieder ab und wartete darauf, dass die Spieler ihre Einsätze machten.
Scarlett drehte sich zu Richard um. „Ich weiß, was zu tun ist.“
„Was …?“, begann Richard.
„Vertrau mir!“
Bevor Richard sie aufhalten konnte, war sie schon auf den Roulettetisch zugestürmt und baute sich so vor dem Scheich auf, dass ihr Rücken ihm teilweise die Sicht verdeckte. Sie sprach aber nur mit dem Croupier, und zwar extra laut. „Ich möchte Roulette spielen“, verkündete sie. „Gibt es ein Limit an diesem Tisch?“
„Es gibt kein Limit“, antwortete der Croupier.
„Also kann ich so viel setzen, wie ich will?“
„Ja, Miss.“
„Das ist gut.“ Scarlett holte die Brieftasche hervor, die Richard Remy abgenommen hatte. „In diesem Fall möchte ich fünftausend Dollar setzen.“
Der Scheich hatte sein Glas zum Nachschenken hingehalten, als dieses unbekannte Mädchen vor ihm aufgetaucht war. Er hatte auch gehört, was sie gesagt hatte. Sehr langsam hob er die Hand, nahm seine Sonnenbrille ab und musterte sie mit seinen kleinen Reptilienaugen. Der Croupier warf einen fragenden Blick in seine Richtung, nicht sicher, ob er diesen Einsatz annehmen sollte.
„Du! Junge Frau!“ Scheich Raschid zeigte auf sie. Scarlett drehte sich um. „Wie alt bist du?“, fragte er streng.
„Fünfzehn.“
„Du bist zu jung zum Spielen.“
Scarlett sah ihm furchtlos in die Augen und sprach auch diesmal so laut, dass alle es hören konnten. „Haben Sie Angst, dass ich gewinnen könnte?“
Für einen kurzen Moment flammte etwas in den Echsenaugen auf. Der Scheich betrachtete sie jetzt noch eingehender und sie fragte sich, was er wohl dachte. Wahrscheinlich war es besser, es nicht zu wissen. Der Anflug eines Lächelns umspielte seinen Mund. „Hast du denn fünftausend Dollar?“, fragte er.
„Ja.“
„Und sie zu verlieren macht dir nichts aus?“
„Vielleicht verliere ich nicht.“
„Willst du auf Rot setzen oder auf Schwarz?“
Das war die naheliegende Wette. Die Quote stand fast fünfzig zu fünfzig. Wenn Scarlett gewann, verdoppelte sich ihr Einsatz. Wenn sie verlor, war alles weg.
„Ich möchte alles auf eine Zahl setzen.“
„Alles? Auf eine einzige Zahl?“ Jetzt klang die Stimme des Scheichs noch schriller als vorher. Er prustete los. „Das willst du wirklich tun? Nur zu! Das ist ziemlich viel Taschengeld, das du gleich verlierst, aber ich werde dich nicht daran hindern.“ Er gab einen knappen Befehl auf Arabisch und der Croupier reichte Scarlett eine Handvoll schwarzer Chips. Scarlett holte ihre Banknoten heraus und gab sie ihm. Ihr war bewusst, wie entsetzt Richard darüber war. Der Croupier faltete die Scheine und stopfte sie durch einen Schlitz neben dem Tisch.
Das ganze Casino beobachtete sie, denn alle wussten, dass das, was sie vorhatte, Wahnsinn war. Sie hätte auf Rot oder Schwarz, hoch oder niedrig, gerade oder ungerade setzen können. Diese Außenseiterwetten stellten das geringste Risiko dar – boten aber auch die niedrigsten Gewinnchancen. Auf dem Roulette waren sechsunddreißig Zahlen sowie eine grüne Null und eine Doppelnull, was eine Gewinnquote von siebenunddreißig zu eins ergab – für das Casino. Aber falls die Kugel durch einen verrückten Zufall auf der Zahl landete, die sie gewählt hatte, hätte sie fast zweihunderttausend Dollar gewonnen. Eine solche Summe hatte das Casino noch nie auszahlen müssen.
„Welche Zahl?“, fragte der Croupier.
„Fünf“, sagte Scarlett.
Der Croupier nahm ihre Chips und schob sie auf die Fünf. Sofort herrschte Gedränge am Tisch. Viele der anderen Spieler im Raum hatten beschlossen, ihrem Beispiel zu folgen. In Casinos passierte so etwas häufiger. Der Wagemut einer Person inspirierte die anderen. Vielleicht wusste sie etwas, das sie nicht wussten. Vielleicht hatte sie den Lauf des Rades studiert. Nummer fünf war rot, ungerade, niedrig. Immer mehr Leute kamen herbei und die Chips stapelten sich. Ein paar Spieler folgten sogar ihrem Beispiel und setzten ebenfalls auf die Fünf. Fünf Dollar, fünfzig Dollar, einer riskierte sogar hundert Dollar. Kurz darauf stapelte sich das Plastik an dieser Stelle und der Croupier wurde zusehends nervöser. Wenn
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