Horowitz, Anthony - Die fuenf Tore 5 - Zeitentod (Das Finale - Teil 1)
großen Saal mit dickem Teppichboden und einer Decke, in die Hunderte winziger Leuchtpunkte eingelassen waren, die die Illusion von einem Sternenhimmel vermitteln sollten. Es gab keine Fenster und keine Notausgangsschilder, was in ihnen das unbehagliche Gefühl weckte, in diesem Raum gefangen zu sein. Die Luft schmeckte kalt und irgendwie keimfrei, so ähnlich wie im Innern eines Kühlschranks. Es waren ungefähr hundert Personen anwesend, ein paar in arabischer Kleidung, doch die meisten trugen teure westliche Anzüge von Armani, Prada, Paul Smith oder Versace. Scarlett hatte noch nie so viele Männer mit Sonnenbrillen gesehen – obwohl die Beleuchtung alles andere als grell war. Es war fast unmöglich, jemanden anzusehen, ohne dabei sein eigenes Spiegelbild zu betrachten. Unter den Gästen waren auch Frauen, die miteinander flüsterten und bunte Cocktails tranken. Alle Besucher, Männer und Frauen gleichermaßen, waren mit Schmuck und teuren Uhren behängt, und die verschiedenfarbigen Edelsteine funkelten, wenn sich ihre Träger durch den Raum bewegten.
In der Mitte des Casinos standen zwei Reihen Spielautomaten Rücken an Rücken. Gigantische Spiegel an den Wänden reflektierten ihre blinkenden Lichter, die leuchtenden Gewinnversprechen und die herumwirbelnden Symbole. Die Spieler, die auf Barhockern saßen, viele von ihnen mit einer Zigarette im Mund, steckten Münzen in den Schlitz, eine nach der anderen, und reagierten kaum, wenn sie gewannen oder verloren. Scarlett entdeckte auch Tische, an denen Poker und Blackjack gespielt wurde, und sah den Croupiers in weißen Hemden und bunten Westen zu, die auf den grün bespannten Spieltischen Karten ausgaben. Es gab auch einen Roulettekessel und einen langen Tisch, um den sich die Besucher drängten, um beim Würfeln zuzusehen. Die Atmosphäre war gedämpft und irgendwie erwartungsvoll. Aber niemand sah aus, als würde er sich amüsieren.
Und dann wurde plötzlich mit viel Getöse eine Doppeltür – Holzpaneele mit goldenen Türgriffen – aufgestoßen und für einen Moment waren alle laufenden Spiele vergessen, denn alle schauten zur Tür und warteten auf Scheich Raschid AI Tamim. Er musste es sein. Nur er konnte die Aufmerksamkeit so an sich reißen, noch bevor er den Raum betreten hatte.
Auch er war westlich gekleidet und trug einen silbrigen Seidenanzug und ein schwarzes Hemd, das am Kragen offen war, um die Goldkette zur Schau zu stellen, die er um den Hals hängen hatte. An drei Fingern steckten goldene Ringe und am Handgelenk trug er eine Rolex. Er selbst war ein dünnes mickriges Kerlchen, aber alles, was er anhatte, schien dazu gedacht, diese Tatsache zu verschleiern. Er hatte eine Designer-Sonnenbrille mit einem Rahmen aus echtem Gold auf der Nase und ein Großteil seines Gesichts war von etwas beschattet, das nicht üppig genug war, um es als Bart zu bezeichnen. Umringt war er von Leibwächtern in glänzenden Anzügen. Es waren drei, alles Glatzköpfe mit wachsamem Blick. Ihnen folgte eine Frau. Seine Ehefrau? Auch sie sah aus, als wäre sie lieber woanders. Sie trug ein schlichtes schwarzes Kleid, ein Kopftuch, das sie unter dem Kinn verknotet hatte, und hielt den Blick gesenkt.
Der Scheich sah sich im Raum um, als wäre dies sein erster Besuch und als erstaunte es ihn, dass alle anderen ebenfalls gekommen waren. „Hallo, hallo, hallo!“, rief er. Seine Stimme war schrill, beinahe mädchenhaft. Richard und Scarlett sahen sich an. Es war nicht zu übersehen, dass der Scheich angetrunken war. Er schwankte leicht und hatte ein dümmliches Grinsen im Gesicht. „Amüsiert ihr euch alle schön?“
Die Anwesenden applaudierten. Kellner hasteten mit Champagnergläsern herbei. Auf einer Empore stand ein Sofa – rote Samtkissen und ein Goldrahmen –, auf das der Scheich und sein Gefolge zusteuerten. Seine Leibwächter blieben dicht bei ihm und warnten die Menge, gebührenden Abstand zu halten. Die Frau, die mit ihm gekommen war, hockte sich unglücklich auf die Sofakante.
„Was sollen wir jetzt tun?“, flüsterte Scarlett.
„Keine Ahnung.“ Richard beobachtete, wie der Scheich eine Zigarette zwischen den Lippen rollte und einer der Bodyguards sich über ihn beugte, um ihm Feuer zu geben. Der Leibwächter sagte etwas zu ihm, was ihn in kindisches Gelächter ausbrechen ließ. „Wir müssen seine Aufmerksamkeit erregen.“
„Wie sollen wir das machen?“
Scarlett sah sich um – die einarmigen Banditen, der Würfeltisch und das Roulette. Die Kugel
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