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Horowitz, Anthony - Die fuenf Tore 5 - Zeitentod (Das Finale - Teil 1)

Horowitz, Anthony - Die fuenf Tore 5 - Zeitentod (Das Finale - Teil 1)

Titel: Horowitz, Anthony - Die fuenf Tore 5 - Zeitentod (Das Finale - Teil 1) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Horowitz
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schluchzend fielen sie übereinander in ihrem verzweifelten Bemühen, den Saal zu verlassen. Zur selben Zeit wurden alle Türen von außen aufgestoßen und das Gellen von Trillerpfeifen, Brüllen und Hundegebell trugen noch zum allgemeinen Durcheinander bei. Das Sicherheitspersonal war aufmarschiert – dieselben Wachleute, die kurz zuvor die Geschäftsleute zu ihren Sitzen geleitet hatten. Doch jetzt konnten sie kaum verhehlen, wie sehr sie ihren erneuten Einsatz genossen, zumal jetzt viele von ihnen aggressive Hunde – Rottweiler und Pitbulls – dabeihatten, die wild an ihren Leinen zerrten. Die Wachleute waren mit Gummiknüppeln, Peitschen und Reizgas bewaffnet.
    „Bleiben Sie auf Ihren Plätzen!“, befahl der Vorsitzende. Seine Stimme war plötzlich viel kräftiger und lauter als zuvor. „Sie müssen lernen, was Disziplin ist. Sie sind jetzt Soldaten. Versuchen Sie, sich würdevoll zu benehmen.“
    Doch von Würde war nichts zu sehen. Die Anwesenden schluchzten und kreischten. Sie schubsten einander in dem verzweifelten Bemühen, sich zu verstecken. Ein Mann Mitte sechzig – mit rotem Gesicht und Übergewicht – brüllte auf wie ein Bulle und stürmte auf den nächsten Ausgang zu. Er schaffte jedoch nur ein paar Schritte, bevor die Wachen ihn einkreisten, mit ihren Knüppeln niederschlugen und noch lange auf ihn einprügelten, als er längst das Bewusstsein verloren hatte. Mehrere andere waren ihm gefolgt, aber als sie sahen, was mit ihm passierte, wichen sie zurück und ergaben sich wimmernd mit erhobenen Händen. Wieder fiel ein Schuss. Genau in der Mitte des Raums hielt sich ein Mann den Bauch. Sein Name war Haywood und er war der Besitzer einer Ölfirma, die es geschafft hatte, mehr als hundert Kilometer der australischen Küste zu verseuchen. Jetzt quoll Blut durch seine Finger wie zähflüssiges Erdöl. Er fiel auf die Knie, stürzte über den Sitz vor sich und rührte sich nicht mehr. Das Durcheinander und das Gekreische erreichten einen neuen Höhepunkt. Der Vorsitzende sah vom Podium aus ungerührt zu.
    „Bitte, meine Damen und Herren!“, rief er. „Können wir uns nicht zivilisiert benehmen?“
    Es dauerte eine Stunde, den Saal zu räumen. Aus den Delegierten war eine brodelnde Masse geworden, in der jeder jeden bekämpfte. Sie wollten raus aus der Menge, wollten fliehen. Andererseits hatten sie aber auch Angst davor, weil sie wussten, was sie dann erwartete. Allmählich bekamen die Wachen sie in den Griff, indem sie die Hunde auf sie hetzten oder sie mit Reizgas blendeten. Sie lachten und hatten offenkundig Freude an ihrer Arbeit. Hier waren Männer, die mit hoch erhobenem Haupt angekommen waren. Frauen, die Hunderte von Dollar für ihre Haare und Nägel ausgegeben hatten und jetzt feststellen mussten, dass sie nichts mehr wert waren. Sie alle wurden auf die Füße gezerrt und zur Tür hinausgetrieben.
    Draußen erwartete sie eine Flotte von gelben Bussen. Ursprünglich hatten sie die New Yorker Kinder zur Schule befördert, aber jetzt waren sie umgebaut worden – die Fenster waren vergittert und die Sitze entfernt worden. Die Männer und Frauen wurden so eng hineingepfercht, dass sie sich nicht bewegen und kaum atmen konnten. Doch selbst jetzt noch suchten sie verzweifelt nach einem Ausweg und rissen ihre Uhren und ihren Schmuck herunter, um die Wachen damit zu bestechen. Die griffen gierig nach den Wertsachen und stießen die Menschen trotzdem in die Busse.
    Endlich war es vorbei.
    Jonas Mortlake saß noch auf seinem Platz, die Hände auf den Knien. Im Saal lagen etwa zwanzig Leichen. Ein paar von ihnen waren erschossen worden, andere bei der Massenpanik zu Tode getrampelt. Aber die meisten hatten einen Herzinfarkt erlitten und saßen zusammengesunken mit großen Augen und offenem Mund auf ihren Plätzen. Der Vorsitzende hatte das Podium nicht verlassen. Er stützte sich auf das Rednerpult, über sich das Symbol der Alten. Endlich waren er und Jonas allein.
    „Gehen wir in mein Büro“, sagte der Vorsitzende. „Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber ich möchte jetzt einen Drink.“

10
     
     
    Vom Büro des Vorsitzenden hatte man einen Panoramablick auf den Fluss, der sich unendlich weit nach Norden und Süden zu erstrecken schien. Jonas Mortlake stand vor der Fensterfront mit den dreifach verglasten Scheiben und schaute hinab auf Frauen, die große Kleiderbündel in dem trüben Wasser wuschen, Kinder, die in Ufernähe herumplanschten, und alte Männer, die Fleischfetzen über

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