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Horowitz, Anthony - Die fuenf Tore 5 - Zeitentod (Das Finale - Teil 1)

Horowitz, Anthony - Die fuenf Tore 5 - Zeitentod (Das Finale - Teil 1)

Titel: Horowitz, Anthony - Die fuenf Tore 5 - Zeitentod (Das Finale - Teil 1) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Horowitz
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dem Finger nach unten.
    Pedro verstand sehr gut, was er meinte. Es war genau das, was er auf keinen Fall hören wollte. Aber auch diesmal musste er diesem Fremden vertrauen. Er holte tief Luft. Dann tauchte er unter.
    Das Abwasser stieg an seinem Gesicht hoch und schwappte über seinen Kopf. Er spürte, wie es gegen seine Augen drückte. Es war absolut widerlich. Schlimmer als der Tod. Mit beiden Händen hangelte er sich am Gitter herunter. Es schien unendlich lange zu dauern und er fragte sich schon, wie lange er die Luft noch anhalten konnte. Die Taschenlampe war weg. Aber das machte nichts. Er brauchte sie nicht mehr. Das Taschenmesser auch nicht. Oh Gott, war das ekelhaft. Endlich erreichten seine Finger den Rand des Gitters und er fühlte, dass dort unten ein kleiner Spalt war. Ein Erwachsener hätte niemals hindurchgepasst. Selbst für die meisten Kinder wäre der Durchschlupf zu eng gewesen. Aber er war halb verhungert. Er würde es schaffen.
    Er schob zuerst die Füße durch und als er sich unter dem Gitter hindurchzog, spürte er, wie der Metallrand über seine Oberschenkel kratzte. Jetzt hatte er panische Angst, stecken zu bleiben. Der Freiheit so nah zu sein und dann hier unten festzusitzen und irgendwann gezwungen zu sein, den Mund aufzumachen und das Abwasser in sich strömen zu lassen – diese Vorstellung war unerträglich. In seiner Hektik versuchte er zu früh aufzutauchen und die Metallkante traf ihn so schmerzhaft am Hals, dass er beinahe aufgestöhnt hätte. Beim nächsten Versuch erwischte es seinen Nasenrücken – aber dann war er frei und auf der anderen Seite. Es war fast nichts mehr in seiner Lunge. Er musste atmen. Also stieß er sich ab. Es war eigentlich kein Schwimmen … es sah eher aus, als würde er sich mit aller Kraft nach oben durchgraben. Seine Hände tauchten auf. Er konnte die kühle Abendluft spüren. Er war an der Oberfläche! Einen Moment lang ruderte er hilflos herum, doch dann gelang es ihm, an die Seite zu robben und sich auf den Strand hochzuziehen. Das Abwasser lief ihm aus den Haaren, übers Gesicht, die Augen und die Lippen. Er wagte kaum zu atmen, weil er solche Angst davor hatte, etwas davon zu schlucken. Er war mit dieser kotigen Brühe bedeckt, die ihn immer noch töten konnte.
    „ Ti aiuteró!“
    Giovanni zog ihn auf die Beine, beschmierte sich dabei ebenfalls mit dem schleimigen Abwasser, und beide taumelten Arm in Arm den Strand entlang, als wären sie betrunken oder hätten die letzten paar Stunden gegeneinander gekämpft. Sie wollten zum Wasser, mussten sich aber erst vom Abwasserrohr entfernen. Je weiter sie davon weggingen, desto sauberer würde das Wasser sein. Pedro spürte die Wellen an seinen Knöcheln, warf sich der Länge nach hinein und ließ das Meerwasser über sich hinwegspülen. Giovanni machte dasselbe. Das Wasser war schwarz und verpestet, aber nach allem, was Pedro gerade durchgestanden hatte, fühlte es sich wundervoll an und schmeckte auch so. Er wusch sich gründlich, vor allem die Haare und das Gesicht. Lange Zeit blieb er im flachen Wasser liegen.
    Als er sich schließlich aufsetzte, war die Sonne fast untergegangen. Er konnte gerade noch die Umrisse einer großen Stadt und eines Hafens mit einem Durcheinander an Schiffen ausmachen. Nicht weit entfernt stand eine Burg, ein riesiger Klotz mit vier gewaltigen Türmen und winzigen Fenstern. Das musste der Ort sein, an dem man ihn gefangen gehalten hatte.
    Aber da war noch etwas, das seine Neugier weckte. Es lag weit jenseits der Stadt, etwas an der Seite, und beherrschte dennoch das Stadtbild. Im ersten Moment hielt Pedro es für einen Berg, aber dann sah er den Rauch von der Spitze aufsteigen und begriff erst jetzt, warum der Himmel so schwarz war und woher der angebrannte Geruch kam.
    Giovanni war seinem Blick gefolgt. „Vesuvio“, sagte er. „Il volcano.“
    Der Vulkan hörte nicht auf zu qualmen.
    Der Rauch war geformt wie ein Baum.

20
     
     
    Tropfnass und zitternd, aber nicht mehr ganz so schlimm stinkend wie noch vor ein paar Minuten, folgte Pedro Giovanni durch die dunklen Gassen der Stadt, von der er inzwischen wusste, dass es Neapel war. Ein Teil davon erinnerte ihn an Lima – vor allem das Kopfsteinpflaster und die Palmen, zwei Dinge, die irgendwie nicht zusammenpassten. Viele der Gebäude waren alt und ziemlich prunkvoll, aber schon hinter der nächsten Ecke standen moderne Büro- und Wohnblocks, die wesentlich hässlicher und auch verkommener aussahen. Vom Hafen, wo sie

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