Horror Cocktail
wahrscheinlich den Ausschlag für ihre Entscheidung. Sie hatten den Gipfel der Paßstraße erreicht, als es geschah.
Ich konnte überhaupt nichts sehen, weil mein Wagen gute dreißig Meter hinter ihnen war, als sie die letzte Kurve durch-fuhren. Aber ich hörte es. Ein dumpfer Laut. Dreimal.
Dann kamen wir um die Kurve, und ich konnte die Limousine sehen, wie sie geradewegs auf die andere Seite des Canyons zustrebte. Die Rücklichter waren wie zwei kleine, rote Augen, die uns Lebewohl zublinzelten.
Ich versuchte nicht, sie noch weiter zu verfolgen. Statt dessen fuhr ich an die rechte Straßenseite, neben die dort liegende, dunkle, verkrümmte Gestalt, die wie eine alte Puppe aus dem rasenden Wagen geworfen worden war.
Diese Puppe hatte ein Loch in der Stirn, ein weiteres in der Brust und ein drittes im Bauch. Sie war schlaff und irgendwie formlos, und ihre Glieder lagen seltsam verrenkt unter dem Körper. Kay fing an zu schreien, und ich schlug sie ins Gesicht.
Dann stieg ich aus dem Wagen und hob die Puppe auf. Ich öffnete die Wagentür und ließ sie auf den Rücksitz fallen.
Kay warf keinen einzigen Blick auf die Gestalt, und sie sah auch mich nicht an, als ich wieder vorn einstieg. Sie schluchzte nur immer und immer wieder: »Er ist tot – sie haben ihn getötet
– er ist tot.«
Ich schlug sie wieder.
Das brachte sie zu Besinnung. Sie legte ihre Finger an ihre Wange und sagte: »Sie haben kalte Hände.«
Ich nickte. »Ich freue mich, daß Sie langsam Ihre nüchterne 90
Beobachtungsgabe zurückgewinnen«, sagte ich zu ihr.
»Offensichtlich hatten Sie sie nämlich für eine Weile verloren.
Sonst hätten Sie bemerkt, daß Paul nicht tot ist.«
»Aber ich habe ihn doch gesehen – das Loch in seiner Stirn –
und wie er dalag – nachdem sie ihn aus dem Wagen geworfen hatten.«
Sie wollte einen Blick auf den Rücksitz werfen, aber ich packte sie bei der Schulter.
»Lassen Sie’s gut sein«, murmelte ich. »Glauben Sie mir nur, er atmet immer noch. Nicht mehr lange allerdings, wenn es uns nicht bald gelingt, ihn zu einem Arzt zu schaffen.«
»Wer waren sie?« murmelte Kay. »Warum haben sie das getan?«
»Das ist eine Frage, die die Polizei beantworten muß«, antwortete ich. Dann startete ich den Wagen.
»Polizei.« Sie flüsterte das Wort, aber sie hätte es ebensogut schreien können. Ich wußte, was sie in diesem Augenblick dachte: Polizei, Publicity, Skandal, Parsons, Graham, Skolsky, Fidler.
»Müssen – müssen wir wirklich zur Polizei?« wisperte sie.
Ich zuckte die Schultern. »Nein, das müssen wir nicht. Aber der Arzt wird es müssen. Schußverletzungen müssen gemeldet werden.«
»Gibt es nicht irgendeinen Arzt, der den Mund halten wird?
Ich meine …«
»Ich weiß, was Sie meinen.« Ich fuhr verbissen, wendete den Wagen und jagte durch Bel Air. »Und ich kenne einen solchen Arzt.«
»Werden Sie ihn dort hinbringen?«
»Vielleicht.« Ich zögerte. »Unter einer Bedingung.«
»Und die wäre?«
Ich sah sie an. »Ganz gleich, was auch geschieht, Sie werden alles vergessen, was heute abend geschehen ist und wird. Und Sie werden auch niemals Fragen stellen, ganz gleich was 91
geschieht.«
»Auch wenn – er stirbt?«
»Er wird nicht sterben. Das verspreche ich Ihnen.« Ich sah sie wieder an. »Also – versprechen Sie es?«
»Ja.«
»Gut«, sagte ich. »Und jetzt werde ich Sie zu Hause absetzen.«
»Aber sollten Sie nicht zuerst zum Arzt fahren? Er hat so viel Blut verloren …«
»Keine Fragen«, erinnerte ich sie. »Und jetzt nach Hause.«
Ich setzte sie also ab. Als sie aus dem Wagen stieg, war sie peinlich bemüht, nicht auf den Rücksitz zu sehen. »Werden Sie mich anrufen?« murmelte sie. »Werde ich von Ihnen hören, wie es ausgeht?«
»Ich gebe Ihnen Bescheid«, versicherte ich ihr.
Sie nickte zerstreut, und ich fuhr weg. Ich fuhr direkt zu Dr.
Loxheim und erzählte ihm die ganze Geschichte.
Dr. Loxheim war verständnisvoll, wie ich es erwartet hatte.
»Zweifellos Spielschulden«, meinte er. »Der verdammte, junge Narr. Aber es ist schwierig, jemanden zu finden, der völlig vertrauenswürdig ist. Und jetzt müssen Sie wieder einen suchen. Es wird lange dauern, und bis dahin müssen wir sehr vorsichtig sein. Wir alle. Haben Sie es Paul schon gesagt?«
»Noch nicht«, sagte ich. »Ich hielt es für besser, wenn wir uns erst einmal der Leiche entledigten.«
»Überlassen Sie das mir«, bedeutete mir Dr. Loxheim. »Das macht keine Schwierigkeiten. Ich bin
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