Hosen runter: Roman (German Edition)
soll der ganze Krempel hier?«, wollte ich wissen.
»Das ist sein Bettzeug, das braucht ihr alles, wenn ihr ihn schlafen legt. Hier sind Wechselsachen, falls ihr ihn umziehen müsst. Hier seine Milchfläschchen. Und hier, das ist wichtig, das ist sein großer Held – sein Teddy. Wenn es Schwierigkeiten gibt, lass ihn damit kuscheln.«
Ich hoffte inständig, meine Nerven wären heute Abend gut genug, dass ich bei Nathalie nicht selbst den Teddy brauchte, um mich zu beruhigen. Oder sogar den Nuckel.
»Lass dein Handy an«, erinnerte ich Markus.
»Ich melde mich, sobald ich mit dem Gespräch durch bin.«
»Nein«, antwortete ich. »Du stehst pünktlich in zwei Stunden vor der Wohnungstür meiner Freundin und sammelst den Kerl ein.«
Mathis hockte festgeschnallt in seiner Karre, und ich würde ihn nur unter strenger Aufsicht losbinden. Das hatte ich nach unserem ersten Aufeinandertreffen gelernt.
»Ich hab ihn extra gerade noch gewickelt«, informierte mich Markus. »Aber zur Sicherheit hab ich dir hier sein Wickelzeug eingepackt.«
»Du glaubst doch nicht im Ernst, dass ich ihm die Windeln wechsle?«, fragte ich und rätselte, ob mein Kumpel noch alle Latten am Zaun hatte.
»Wenn es sich trotzdem nicht vermeiden lässt, atmedurch den Mund dabei«, empfahl er. »Was mein kleiner Sonnenschein in die Windeln setzt, stinkt wie ein chemischer Kampfstoff. Dagegen hat Buttersäure ein blumiges Aroma.«
Ich blickte ehrfürchtig zu dem niedlichen Scheißer hinunter, dessen vollgekackte Windeln offenkundig einen Volksaufstand beenden würden, wenn man sie über den Demonstranten abwarf.
Nathalies Wohnung war nur ungefähr zwanzig Minuten Fußmarsch entfernt, so dass ich mich entschied, Mathis bis dorthin zu schieben – eine Fehlentscheidung, wie sich bald herausstellte. Denn es war nicht nur überraschend anstrengend, den Kleinen und seine Karre durch die Gegend zu wuchten, ich musste dazu noch die zentnerschwere Tasche mit den Baby-Utensilien schleppen. Entsprechend durchgeschwitzt klingelte ich bei Nathalie.
»Was ist das denn?«, sah sie mich irritiert an und zeigte auf mein warm verpacktes Anhängsel.
»Tja, ich dachte, eine Flasche Wein kann ja jeder mitbringen«, versuchte ich, es ihr halbwegs locker zu verkaufen.
»Aber ich habe nur für uns gekocht – auf ein Baby war ich nicht vorbereitet. Kann er denn schon normale Sachen essen?«, fragte sie.
»Keine Sorge«, beruhigte ich sie. »Der Junge kriegt eh besser nichts zu essen, sonst knattert er seine Windeln voll, und das sollten wir nach Aussage des leiblichen Vaters unter allen Umständen vermeiden.«
Nathalies Brustkorb hob sich von einem tiefen Atemzug, dann gab sie den Weg in ihren Flur frei. Ich bugsierte die Karre ins Wohnzimmer und wurde endlich das schwere Gepäck los. Dann ließ ich mich erleichtert aufs Sofa fallen und atmete tief durch.
»Ich brauche erst mal eine Dusche«, sagte ich.
»Wollen wir ihn nicht vorher ausziehen?«, fragte Nathalie. »Dem wird ja ganz warm in der dicken Jacke.«
Ich winkte ab. »Alles besser, als ihn loszuschnallen. Vorsicht! Finger weg von den Gurten«, warnte ich sie. »Ohne die Dinger ist der gefährlicher als Hannibal Lecter.«
Nathalie beugte sich respektvoll zu Mathis herunter und lächelte ihn an. »Na, wie heißt du denn?«, säuselte sie ihm zu, aber er ignorierte ihr Friedensangebot und traktierte lieber sein wehrloses Gummientchen.
»Mathis«, ließ ich sie wissen. »Es ist der Sohn von einem Freund von mir. Er holt ihn in anderthalb Stunden ab.«
»Spielst du öfter den Ersatzpapa?«, wunderte sich Nathalie.
»Klar«, log ich. »Der Kleine und ich, wir sind echt dicke miteinander. Und wenn es Probleme gibt, dann musst du ihn schuckeln oder ihm den Teddy zum Kuscheln geben«, erzählte ich wie ein erfahrener Babysitter.
Sie zog beeindruckt die Mundwinkel hoch. Ich lächelte sie an und streckte meine Arme nach ihr aus. »Bekomme ich einen Kuss?«, fragte ich. Sie beugte sich zu mir herunter und küsste mich.
Dann wagten wir es, Mathis aus der Karre und von der Jacke zu befreien. Ich bemühte mich, es so aussehen zu lassen, als sei es für mich das Normalste, mit einem Kind umzugehen. Ich packte sein Bettzeug aus und legte es aufs Sofa. Nathalie hob ihn zu sich hoch, schnitt ein paar Grimassen für ihn und setzte den drolligen Kerl danach einfach auf den Teppich. Ich schnappte mir den Teddy und wackelte mit ihm, als würde er sich über Mathis freuen. Dann postierte ich ihn neben seinem
Weitere Kostenlose Bücher