Hosen runter: Roman (German Edition)
der Schmeling-Halle auftritt.«
»Sieh doch im Videotext nach«, sagte sie.
Natürlich! Bei den Lokalsendern waren auch Veranstaltungen zu finden. Ich hätte Nathalie küssen können. »Ha, dich kriege ich, Alter!«, murmelte ich vor mich hin und suchte hektisch nach der Fernbedienung.
Ich schaltete durch mehrere Tafeln, dann fand ich die Bestätigung: Das Konzert war heute und würde mindestens bis elf Uhr abends dauern. Markus konnte seine Klöten schon mal beim Schrotthändler anmelden.
»Es gibt eine Änderung im Plan: Markus holt seinen Sohn nicht ab, ich bringe ihn ihm«, beschloss ich.
»Wie jetzt? Du willst schon gehen?«, beschwerte sie sich.
»Nein, ich gebe Markus nur das Kind zurück, damit wir noch ein bisschen Zeit zu zweit verbringen können. Fährst du mich eben nach Prenzlberg?«, bat ich.
»Das ist nicht eben um die Ecke.« Sie klang wenig motiviert.
»Und danach fahren wir wieder zurück zu dir«, antwortete ich.
Es dauerte eine Weile, bis es uns gelang, Mathis’ Karre im Auto zu verstauen, und da wir natürlich zufällig keinen Babysitz dabeihatten, setzte ich mich mit ihm auf dem Schoß auf die Rückbank und hielt ihn fest. Als wir endlich an der Schmeling-Halle angekommen waren, meinten die Ordner am Einlass, die Band wäre schon bei der Zugabe, so dass es demnächst zu Ende sein musste. Ich postierte mich mit Babykarre und Nathalie in der Nähe der zahlreichen Ausgänge. Nathalie rauchte eine nach der anderen, während ich die Augen offen hielt. Mathis döste vor sich hin, es war ja auch schon spät. Vier Stunden und sechsundzwanzig Minuten, nachdem ich das Kind übernommen hatte, begannen die Zuschauer dann endlich aus der Halle zu strömen. Ich hielt Ausschau nach Markus, doch leider hatten The Boss Hoss dermaßen viele Fans, dass ich mich fühlte wie in einem riesigen Ameisenhaufen. Es war unmöglich, den Überblick zu behalten und ihn in dem Gewühl ausfindig zu machen. Ich sah Nathalie an und zuckte entschuldigend mit den Schultern. Sie schiennicht gerade begeistert von der Aktion zu sein, sagte jedoch nichts. Dann bemerkte ich eine Blondine mit markanter Nase, die ich nur einen Moment im Profil zu sehen bekam, bevor sie von anderen Leuten wieder verdeckt wurde. Es könnte Tanja gewesen sein, die Ex von Markus.
»Passt du kurz aufs Kind auf ?«, bat ich Nathalie und schob mich zu ihr durch. Ich tippte ihr gegen den Arm, und sie drehte sich um. Es war tatsächlich Tanja. Sie starrte mich an.
»Wo ist Markus?«, fragte ich. »Und was ist das eigentlich für eine Nummer, die ihr hier durchzieht? Könnt ihr nicht selbst auf euer Kind aufpassen?«
Sie sah sich ratlos um, aber Markus kam bereits auf uns zu. Er war völlig überrascht, ihm blieb der Mund offen stehen.
»Was machst du denn hier?«, stammelte er.
»Ich wollte eine Familie wieder zusammenführen, die seit über viereinhalb Stunden voneinander getrennt ist«, schnauzte ich ihn an.
»Hey, sorry«, bemühte sich Markus, mich zu beruhigen.
»Ich hoffe, ihr hattet einen netten Abend?«, fragte ich seine Ex.
Sie verzog nur den Mund.
»Wo ist Mathis?«, wollte Markus wissen.
»Bei seiner Ersatzmami«, sagte ich vorwurfsvoll und dampfte ab.
Markus trottete mir hinterher. Nathalie wartete neben dem schlafenden Baby, von dessen ordnungsgemäßemZustand sich der selbstsüchtige Vater kurz überzeugte, bevor er Nathalie die Hand reichte. »Hallo«, begrüßte er sie.
»Hallo«, antwortete sie.
Dann traute sich auch Tanja zu uns und machte große Augen, als sie sah, wer neben ihrem Kind stand. »Frau Gassner!«, platzte sie heraus.
»Oh! Hallo Tanja«, antwortete Nathalie.
Seltsam, woher kannten die beiden sich denn? Na, vielleicht vom Yoga oder so. »Woher kennt ihr euch?«, erkundigte ich mich dann doch sicherheitshalber.
»Woher wohl?«, fragte mich Nathalie.
Hatte ich es doch geahnt – schließlich hatte ich Tanja schon immer in Verdacht gehabt, pathologisch eifersüchtig zu sein. »So, so«, war alles, was ich hervorbekam, während ich damit beschäftigt war, mir einen Reim auf diesen unwahrscheinlichen Zufall zu machen, dass ausgerechnet die Ex von Markus bei Nathalie in der Therapie war.
»Wir gehen dann mal und bringen den Kleinen ins Bett«, verabschiedete sich Markus und griff sich die Karre.
»Tschüs, Frau Gassner«, sagte Tanja, ohne mich eines Blickes zu würdigen, und nahm Mathis’ schwere Tasche an sich.
»Viel Glück«, wünschte ihr Nathalie noch.
Ich wartete, bis die beiden mit dem Baby außer
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