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Hostage - Entführt

Titel: Hostage - Entführt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Crais Robert
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können.
    Marion spazierte durch die Anlage und hörte Stimmen und Musik. Noch immer kamen Leute von der Arbeit zurück und stellten ihre Autos auf den Parkplätzen ab. Eine ältere Dame zog ungerührt und einsam ihre Bahnen durchs Schwimmbecken. Auf einigen Terrassen rauchten Holzfeuergrills und verpesteten die Luft mit dem Gestank von anbrennendem Fleisch.
    Marion umkreiste den Flügel, in dem Talleys Haus lag. Weil die Anlage nicht mehr ganz neu war – aus den 70ern, schätzte Marion –, waren alle Gasuhren und Stromzähler sowie die Verteilerkästen für Telefon und Kabelfernsehen etwas versteckt bei den Parkplätzen angebracht. Falls die Leute hier eigene Alarmanlagen hatten, waren die zusammen mit den Telefonanschlüssen installiert. Zu seiner Zufriedenheit aber stellte Marion fest, dass hier niemand eine Alarmanlage besaß. Das überraschte ihn nicht – in dieser verschlafenen Kleinstadt weit außerhalb von Los Angeles leistete sich die Anwohnergemeinschaft zu ihrer Sicherheit höchstens einen privaten Wachdienst, der im Stundenrhythmus die Parkplätze kontrollierte. Höchstens!
    Jetzt hatte Marion Talleys Haus gefunden und öffnete das Vorgartentor. An der Haustür angekommen, presste er die Zähne zusammen, um nicht aufzulachen: Terrasse und Eingang lagen hinter einem zwei Meter hohen Sichtschutz – leichter hätte man es ihm kaum machen können. Er läutete zweimal und klopfte dann, obwohl er wusste, dass niemand zu Hause war. Nirgendwo Licht. Er zog Latexhandschuhe an, nahm seine Einbruchwerkzeuge und machte sich an die Arbeit. Vier Minuten später schnappte das Türschloss auf, und kurz darauf war er drin.
    »Hallo?«
    Er erwartete keine Antwort, und es kam auch keine. Marion machte die Tür hinter sich zu, verriegelte sie aber nicht.
    Links lag die Küche, rechts ein kleines Esszimmer, von dem eine Glasschiebetür auf die Terrasse führte. Dem Hauseingang gegenüber lag das Wohnzimmer mit Kamin. Marion hielt flüchtig nach einem Schreibtisch oder Arbeitsplatz Ausschau, fand aber keinen. Dann entriegelte er die Terrassentür und ging ins Wohnzimmer, wo er das größte Fenster öffnete. Er würde alles wieder verschließen, falls er in Ruhe verschwinden konnte. Aber erst mal musste er Vorkehrungen für einen schnellen Abgang treffen. Howell wollte nicht, dass Talley ums Leben kam – also musste Marion sich bemühen, ihn selbst dann nicht umzubringen, wenn Talley plötzlich auftauchen sollte.
    Er stieg die steile Treppe zum ersten Stock hoch und kam in den Flur, an dem ein Bad und zwei Zimmer lagen. Das rechte war das Schlafzimmer. Dort machte er Licht. Er hatte damit gerechnet, jeden Schrank und jede Schublade im Haus durchstöbern zu müssen, um etwas zu finden, womit sich auf Talley Druck ausüben ließ. Doch als er ins Zimmer trat, sah er gleich, was er suchte. Direkt vor sich. Als hätte es auf ihn gewartet. So was kam vor. Manchmal.
    An der Wand gegenüber stand ein Schreibtisch. Er war mit Papierkram übersät, mit Rechnungen und Rezepten, aber die waren Marion nicht ins Auge gesprungen. Sondern die fünf Fotos, die dahinter in einem großen Rahmen standen. Talley mit einer Frau und einem Mädchen.
    Marion kniete sich auf den Schreibtischstuhl, nahm den Rahmen und betrachtete die Bilder aus der Nähe.
    Eine Frau. Ein Mädchen.
    Die Ehefrau. Die Tochter.
    Marion spielte seine Möglichkeiten durch.

9
    Freitag, 20:06
    Talley
    Das SEK der Bezirkssheriffs kam wie eine Militärkolonne um die Ecke gebogen. Vorneweg fuhr ein einfacher Streifenwagen, dann folgte die wuchtige mobile Einsatzzentrale, die aussah wie ein LKW nach drei Jahren Bodybuilding. Die Sheriffs waren auf Mrs. Peñas Haus nicht angewiesen – der Sattelschlepper hatte ein Stromaggregat, ein Bad, Satellitenschüsseln, über die das Recherche-Team Daten empfangen und auf den Computern weiterverarbeiten konnte, und einen Befehlsstand, wo alle Informationen zusammenliefen und das Vorgehen geplant wurde. Ein Kaffeeautomat komplettierte die Ausstattung. Dann kam das eigentliche SEK in zwei großen Geländewagen und dann noch ein LKW, der Waffen und sonstige Ausrüstung enthielt. Kaum hatte die Kolonne gehalten, sprangen die SEK-Leute schon in dunkelgrünen Kampfanzügen aus ihren Wagen und rannten zum hinteren LKW, wo ihnen ein Vorgesetzter Funkgeräte und Waffen in die Hände drückte. Dahinter kamen noch vier Streifenwagen mit Hilfssheriffs in Uniformen, die sich um ihren eigenen Vorgesetzten scharten. Talley hörte, dass sich der

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