Hostage - Entführt
den Kerzen fertig.
»Ich kümmere mich drum. Schaff sie hoch.«
Kevin brachte sie nach oben. Während er Jennifer fast am Arm hinter sich herschleifen musste, ging Thomas voraus und konnte es kaum erwarten, wieder in sein Zimmer zu kommen, was er sich allerdings nicht anmerken ließ. Sie warteten am oberen Treppenabsatz, bis Mars – jetzt mit Hammer und Schraubenzieher – wieder zu ihnen stieß. Er schlurfte langsam die Treppe hoch. Unbeirrbar wie ein dunkler Lastenaufzug. Er führte sie zuerst zu Thomas' Zimmer am Ende des Flurs. Es war unheimlich, so ohne Licht.
»Los, rein da, Fettsack. Zieh dir die Bettdecke über den Kopf.«
Mars schubste Thomas mit Wucht hinein, kniete sich von innen an die Tür, trieb den Schraubenzieher unter das Schloss, riss es raus, drehte drei Schrauben los, zog den Türgriff ab und steckte ihn ein. Dann sah er Jennifer an. Niemanden sonst. Nur Jennifer.
»Siehst du? So sperrt man Kinder ein.«
Er ließ Thomas in Ruhe, zog die Tür hinter sich zu und schlug lange, dicke Nägel ein, um sie zu blockieren. Thomas horchte, bis Jennifers Schloss aus dem Holz gebrochen und auch ihre Tür zugenagelt wurde. Dann kroch er zum Wandschrank. Er dachte nur an die Pistole, doch als er die Taschenlampe anknipste, sah er Jennifers Handtasche. Die hatte er innen bei der Luke fallen lassen, als er zurückgehetzt war. Er riss sie auf und stülpte sie um.
Ihr Handy fiel raus.
10
Freitag, 20:32
Palm Springs, Kalifornien
Sonny Benza
Benza, Tuzee und Salvetti hatten Glen Howell am Telefon. Der Fernseher war leise gestellt und die Freisprechtaste gedrückt, damit alle drei ihn hören und mit ihm sprechen konnten. Benzas nervöser Magen trotzte schon der dritten Schachtel Kautabletten – sein Sodbrennen war einfach nicht zu bremsen.
Howell telefonierte vom Auto aus. Die Funkverbindung war miserabel – verrauscht und knisternd: »Er ist verheiratet und hat ein Kind, eine Tochter. Sie sind geschieden oder getrennt oder so. Frau und Kind leben in L.A., aber er sieht seine Tochter alle vierzehn Tage oder so.«
Die Anspannung hatte Tuzees sonnengebräuntes Gesicht bleich, ja leichenblass werden lassen. Er rieb sich gereizt darin herum und unterbrach Howell dann.
»Hör auf.«
»Womit?«
»Mit diesem ›oder so‹. Sag nicht nach jedem Satz ›oder so‹. Das kotzt mich an – schließlich bist du Akademiker.«
Benza klopfte Tuzee auf den Oberschenkel, sagte aber nichts.
Tuzee hatte den Kopf in die Hände gestützt und sein Gesicht in Falten gelegt. Er sah verknittert aus, doppelt so alt, wie er war.
»Entweder sieht er sie alle zwei Wochen oder nicht. Find gefälligst die Fakten raus, bevor du uns anrufst.«
Die Verbindung wurde noch schlechter. Die Störgeräusche verschmolzen zu einem Lärmgestöber im Hintergrund.
»Tut mir Leid.«
»Weiter.«
»Er sieht die beiden dieses Wochenende. Seine Frau bringt die Tochter vorbei.«
Benza räusperte sich, um den Tablettenschleim aus der Kehle zu bekommen.
»Und das weißt du sicher?«
»Absolut. Wir haben das von einer älteren Frau auf dem Revier, einer Quasselstrippe, die gejammert hat, wie traurig das alles ist, wo der Chief doch so ein netter Mann …«
»Wo sind sie jetzt? Frau und Tochter, meine ich.«
»Das weiß ich nicht, aber meine Leute arbeiten dran. Die beiden sollen heute Abend kommen – das steht fest.«
Benza nickte.
»Darüber müssen wir nachdenken.«
Salvetti hatte sich schon was überlegt. Er lehnte sich mit gespreizten Beinen zurück und verschränkte die Arme.
»Das war verdammt knapp eben. Wir müssen was unternehmen.«
»Du meinst das mit den Sheriffs?«
»Ja.«
»Ja, das war knapp.«
Gedankenversunken schwiegen sie einen Moment. Als Benza gesehen hatte, dass die Sheriffs ins Wohngebiet einrückten, hatte er Howell angerufen. Und als es dann hieß, es seien Schüsse abgegeben worden, hatte er fast die Nerven verloren. Das war's, hatte er gedacht – das SEK stürmt, und wir sind erledigt.
Howell sagte: »Da ist noch was.«
»Nämlich?«
»Sie prüfen die Baugenehmigungen.«
»Warum das denn?«
»Wenn sich jemand in einem Gebäude verbarrikadiert, brauchen sie die Grundrisse. Also suchen sie jetzt die Leute, die das Haus gebaut haben, um an die Pläne zu kommen.«
»Mist.«
Benza seufzte und lehnte sich zurück. Tuzee sah ihn an und schüttelte den Kopf. Die Firmen, die das Haus gebaut und die Sicherheitssysteme installiert hatten, gehörten Benza. Wohin das führte, gefiel ihm gar nicht. Er stand
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