Hot Summer
nicht erzählt, dass du wieder zurück bist“, fuhr Mrs. Kinney fort, als könnte es nicht wahr sein, weil James ihr nichts davon erzählt hatte.
„Ja, ich habe mein Unternehmen verkauft und brauchte erst mal einen Ort, um zur Ruhe zu kommen. Ich bleibe für ein paar Wochen.“
Ach, er wusste genau, wie er mit ihr spielen musste, und ich beneidete ihn darum. Eine Antwort, die so leichtfüßig daherkam, die nicht verriet, dass er wusste, was sie wissen wollte – und die ihr doch nicht alle Informationen gab, die sie gerne gehabt hätte. Unwillkürlich bewunderte ich ihn noch ein bisschen mehr.
Sie blickte zu James herüber, der damit beschäftigt war, eine seiner kleinen Nichten durch die Luft zu wirbeln. „Du bleibst hier? Bei James und Anne?“
„Ja.“ Er grinste sie offen an. Mit den Händen in den Hosentaschen wippte er auf den Fersen auf und ab.
Sie blickte mich an. „Meine Güte, ich meine … wie nett.“
„Ja, ich denke auch, dass es sehr nett wird“, antwortete ich warmherzig. „Es ist doch schön, wenn James und Alex ein bisschen Zeit miteinander verbringen können. Und ich kann Alex endlich etwas besser kennenlernen. Er ist schließlich James’ bester Freund.“
Ich strahlte sie an und sagte nichts mehr. Das musste sie erst mal verdauen. Die Antwort schien ausreichend, wenn auch nicht befriedigend zu sein, und sie nickte Alex auf eine Weise zu, als schmerzte ihr Nacken bei dieser Bewegung. Sie hob die Auflaufform hoch, die sie in den Händen hielt.
„Ich werde nur rasch das hier in die Küche bringen.“
„Sicher. Stell es nur irgendwohin.“ Ich machte eine unbestimmte Geste, denn ich wusste, sie würde die Auflaufform so oder so irgendwo hinstellen, auch wenn ich ihr sagte, wo genau sie sie hinstellen sollte. Nachdem sie ins Haus gegangen war, wandte ich mich an Alex. „Was hast du angestellt, um Evelyn so gegen dich aufzubringen?“
Er grinste. „Oh, und ich habe gedacht, sie würde mich mögen.“
„Stimmt, du hast recht. Das war eindeutig ein Ausdruck von Bewunderung auf ihrem Gesicht. Wenn Bewunderung so aussieht, als wäre sie gerade in Hundescheiße getreten.“
Alex lachte. „Manche Dinge ändern sich halt nie.“
„Alles verändert sich“, erwiderte ich. „Irgendwann.“
Aber offensichtlich nicht Mrs. Kinneys Gefühle Alex gegenüber. Sie vermied es im Laufe des Abends, sich mit ihm zu unterhalten, knauserte allerdings nicht mit ihrem „Mist, ich bin in Hundescheiße getreten“-Blick.
Alex hingegen war herzlich, höflich und leicht distanziert. Wenn man bedachte, wie lange er James schon kannte und wie offen seine Familie sonst alle aufnahm, sprach die Tatsache, dass Evelyn ihm die kalte Schulter zeigte, Bände.
„So, so, Alex Kennedy“, sagte Molly, als sie mir half, die Teller ins Haus zu tragen, während ich den altersschwachen Geschirrspüler einräumte, den ich nur benutzte, wenn wir Besuch hatten. Das Abendessen war vorbei und die anderen blieben noch ein wenig auf der Terrasse sitzen. Die Teller hätten warten können, aber ich war froh um die Aufgaben, die mich in Anspruch nahmen und mir den üblichen Smalltalk ersparten. „Du weißt schon, was man über falsche Fuffziger sagt.“
Ich stellte die Teller in den Geschirrspüler und füllte Spülmittel in das kleine Fach. „Du denkst, Alex ist ein falscher Fuffziger?“
Ich mochte Molly ein wenig, zumindest war sie mir nicht unsympathisch. Sie war sieben Jahre älter als ich und wir hatten nicht viel mehr gemeinsam außer ihrem Bruder. Aber sie war nicht so herrisch wie ihre Mutter und keine eigensinnige Dramaqueen wie ihre Schwester.
Sie zuckte mit den Schultern und verschloss die Deckel der Dosen, in denen die Feinkostsalatreste auf der Anrichte standen. „Du weißt schon, der Junge, vor dem deine Mutter dich immer gewarnt hat? Das ist Alex.“
„Er war es“, sagte ich und half ihr, die Plastikbehälter mit Nudelsalat und Krautsalat zu schließen. „In der Highschool.“
Sie blickte aus dem Fenster auf die Terrasse, wo Alex und James recht laut lachten.
„Ich weiß nicht“, sagte Molly. „Was denkst du?“
„Er ist James’ Freund und nicht meiner. Und er bleibt ja nur für ein paar Wochen. Wenn James ihn mag …“
Ihr heftiges, bitteres Lachen brachte mich zum Verstummen. „Alex Kennedy hat meinen Bruder verdammt oft auf den falschen Pfad gebracht, Anne. Denkst du allen Ernstes, so einer kann sich ändern?“
„Ach, komm schon, Molly. Wir sind doch jetzt erwachsene Leute. Was
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