Hotel der Lust
Klienten vergaà man eben nie. Ganz besonders dann nicht, wenn sie exzentrisch waren.
Walters gehörte zu dieser Sorte. Er war ein schwerreicher, aber auch kranker Mann, dessen Lebensinhalt darin bestand, kulturelle Schätze um sich zu scharen. Er verband mit ihnen weit mehr als jeder andere Klient, für den er gearbeitet hatte. An erster Stelle Unsterblichkeit. Und seine Motivation war eher esoterischer als kunstwissenschaftlicher Natur gewesen. Besonders die alten Griechen hatten es ihm angetan. Viele jener Schätze waren allerdings zu Staatseigentum geworden. Ohne seine Hilfe wäre Walters nie an die Kunstschätze gekommen. Doch die Leidenschaft des alten Walters war auch auf ihn übergegangen. Die Jagd nach Schätzen war fast zu einer Sucht geworden. Je ausgefallener der Auftrag, desto stärker war der Reiz für ihn.
»Um was geht es genau?«
»Um den Kaiser.«
»Cäsar?«
Sie nickte. »Gaius Iulius Caesar.«
Die Sache klang immer interessanter.
»Zufällig kam ich in den Besitz dieser Dokumente.« Sie zog eine Mappe aus ihrer Tasche und präsentierte sie ihm. Alte Aufzeichnungen des Museums für Archäologie und römische Geschichte über die Funde in Cemenelum. Sicher war sie nicht auf legalem Weg und vor allem auch nicht zufällig an diese Bestandsliste gekommen, die mit fotokopierten Bildern bestückt war. Aber zu seinem Job gehörte es manchmal auch, nicht zu viele Fragen zu stellen.
»Der Kaiser.« Sie deutete auf das Bild einer Cäsarenbüste. »Angeblich eine der ältesten Darstellungen. Dieser Kopf ist ein Vermögen wert. Bringen Sie ihn mir.« Sie grinste süffisant. »Ich will Cäsars Kopf!«
Das Museum war nicht sonderlich gut bewacht, das wusste er. Daher hätte er auch nie vermutet, dass dort etwas Wertvolles ausgestellt würde. Die Büste hatte er dort auch noch nie gesehen. Wahrscheinlich lagerte sie im Archiv.
»Was meinen Sie?«
Ja, sie hatte sein Interesse geweckt. Aber das Misstrauen blieb bestehen. In seinem Job musste er vorsichtig sein. Und sein Instinkt hatte ihn noch nie im Stich gelassen.
»Was springt für mich dabei raus?«
Die Fremde kritzelte eine Summe auf ein Blatt Papier und reichte es ihm. »Verdoppeln Sie es«, sagte sie groÃzügig. Er pfiff durch die Zähne. Hübsches Sümmchen.
»Kommen wir ins Geschäft?« Sie reichte ihm die Hand, aber er schlug nicht ein. Die Summe reizte ihn, auch der Auftrag. Aber diese Frau war eigenartig, irgendetwas stimmte nicht mit ihr. Er musste darüber nachdenken.
»Ich bespreche das mit meiner Partnerin und melde mich dann bei Ihnen.«
»Fein. Tun Sie das. Aber überlegen Sie nicht zu lange. Sonst finde ich womöglich einen Kollegen von Ihnen, der diese hübsche Summe kassiert.«
Sie steckte den Zettel wieder ein, doch als sie auch die Bestandsliste in die Mappe tun wollte, hielt er sie zurück. »Wenn Sie nichts dagegen haben, behalte ich die vorerst.«
»Gut. Es ist nur eine Kopie.« Sie lieà sie ihm da. Er trank seinen Wein aus.
»Eines müssen Sie mir noch verraten«, sagte sie dann und stieg von dem Hocker.
»Und das wäre?«
»Warum arbeiten Sie für dieses Sexhotel? Das haben Sie doch längst nicht mehr nötig.«
Er zuckte mit den Schultern. »Der Mensch braucht ein Hobby.«
»Was für eine Nacht«, sagte Lena, die ihre Augenringe hinter einer Sonnenbrille versteckte, als die drei Freundinnen sich am Büfett trafen. Ivy wusste, dass es bei Lena und Jessica gestern spät geworden war, viel später als bei ihr. Sie hatte die beiden gehört, als sie laut lachend durch den Flur getorkelt waren. Wahrscheinlich hatten sie das halbe Hotel aufgeweckt. Ein Wunder, dass sie jetzt schon wach waren.
»Schade, dass du dich so früh auf dein Zimmer verkrochen hast«, meinte Lena. »Du hast nämlich einiges verpasst. Um Mitternacht haben die Fou -Jungs einen Striptease hingelegt, bei dem die Mädels richtig ausgerastet sind.«
»O ja. Das war heië, stimmte ihr Jessica bei.
Ivy seufzte innerlich auf. Es war klar, dass die beiden sie wieder mal als Langweilerin abstempelten.
»Tja, ihr hattet euren SpaÃ, und ich hatte meinen«, sagte Ivy keck, ohne zu viel zu verraten, und das machte die beiden Freundinnen nur umso neugieriger.
»O mein Gott, mit wem warst du wo?«, wollte Jessica nun ganz genau wissen,
Weitere Kostenlose Bücher