Hotel der Lust
möchten Sie trinken?« Ellen klopfte mit den Fingern in einem ungeduldigen Rhythmus auf die Theke. Ihre Nägel klackten. Und was für Krallen das waren. Knallrot. Lang. Während der Massage hatte Ivy die gar nicht gespürt. Die Löwin konnte also auch kratzen, wenn sie es wollte.
»Ich nehme ⦠ein Ginger Ale.«
Ellen hob eine Braue. »Wie wäre es mit dem Banana Rouge? Sie sind doch alt genug, oder?« Sie deutete auf den Pappaufsteller mit den alkoholischen Cocktails.
Ivy zuckte mit den Schultern. »Meinetwegen auch den.«
Kurz darauf hatten sie beide ihre Drinks.
»Also, ich will jetzt alles wissen. Was haben Sie in meinem Zimmer gesucht? Und was wollen Sie überhaupt von mir?«
Ellen lutschte den Stiel des kleinen Schirmchens ab, der in ihrem Cocktail steckte. »Sie spielen die Ahnungslose so gut, dass ich fast versucht bin, Ihnen zu glauben.«
»Ich bin ahnungslos«, erwiderte Ivy etwas zu laut und schrumpfte auf ihrem Hocker zusammen, als sich plötzlich alle Blicke auf sie richteten. »Ich bin ahnungslos«, wiederholte sie etwas leiser. »Noch mal, ich mache hier nur Urlaub. Um genau zu sein, bin ich zum ersten Mal hier. Was auch immer Sie mir unterstellen, es kann nur etwas völlig Absurdes sein.«
Ellen legte das Schirmchen neben ihr Glas und musterte sie erneut eindringlich. Das ging Ivy gehörig auf die Nerven.
»Ich bin hinter Alexander Hamilton her«, offenbarte sie plötzlich.
»Das ist normal, er ist ein Frauentyp«, erwiderte Ivy nüchtern.
Ellen lachte auf einmal. »Nicht so, Mädchen. Sie sind wirklich ahnungslos.« Sie schüttelte den Kopf.
»Schön, dass Sie mir das endlich glauben. Also, was wollen Sie von Alexander, wenn nicht ⦠Sie wissen schon.«
»Vielleicht ist es auch besser, wenn Sie ahnungslos bleiben.« Ellen trank ihr Glas aus und wollte aufstehen, aber Ivy hielt sie erneut am Arm fest.
»Was wollen Sie von Alexander?«
»Oh ⦠Sie sind ja direkt ein bisschen eifersüchtig.« Sie schmunzelte. »Aber ich kann Sie beruhigen. Nichts Sexuelles. Obwohl, süà ist er ja, das stimmt. Doch das ist auch seine gefährlichste Waffe, weil er Frauen damit gefügig macht.« Sprach sie etwa aus Erfahrung? Ellen leckte sich gedankenversunken über die Lippen. Dann bestellte sie noch einen Drink.
»Vielleicht könnten wir sogar zusammenarbeiten«, fügte sie hinzu.
»Wir beide?« Ivy hielt das für keine gute Idee. SchlieÃlich hatte diese Frau sie ausgetrickst und ihr Zimmer durchsucht. Ihr zu trauen wäre töricht.
»Sie könnten mir helfen, ihn endlich dingfest zu machen.«
»Was, um Himmels willen, hat Alexander denn verbrochen?« Wieder war Ivy etwas zu laut geworden. Sie hätte sich am liebsten auf die Zunge gebissen.
»Kunstraub«, erklärte Ellen sachlich.
»Kunstraub?«
Sie nickte. Dann nippte sie an ihrem Glas, bevor sie leise weitersprach. »Der Mann ist gefährlich. Nehmen Sie sich vor ihm in Acht.«
Ivy lachte. O ja, gefährlich war er, aber auf eine gänzlich andere Weise, als Ellen meinte.
»Haben Sie nichts davon gehört? Das Museum für Archäologie wurde ausgeraubt.«
»Und jetzt vermuten Sie, dass Alexander dahintersteckt.«
Ellens Blick bestätigte dies.
Ivy schüttelte den Kopf. »Sie meinen das alles ernst.«
»Natürlich. Aber dieser Teufel hat immer ein Alibi. Niemand konnte ihm je etwas nachweisen. Auffällig ist nur, da, wo er auftaucht, findet über kurz oder lang ein Raub statt. Und diese Kunstwerke sind einiges wert, das können Sie mir glauben.«
»Mag ja alles sein. Doch Alexander hat ein Alibi für diesen Abend.«
»Lassen Sie mich raten. Sie sind sein Alibi.«
»So ist es.«
»Sehr glaubwürdig, meine Kleine.«
Ivy biss sich verärgert auf die Unterlippe. Was fiel Ellen ein, sie Kleine zu nennen. »Es ist die Wahrheit«, erwiderte sie ärgerlich.
»Und waren Sie auch den ganzen Abend mit ihm zusammen? Ohne Unterbrechung?«
»Das nicht, aber â¦Â«
»Er hatte also Zeit, nach Cimiez zu fahren?«
»Ich weià nicht ⦠ach, hören Sie doch mit diesem Unsinn auf.« Ivy hatte langsam genug. Das alles war an den Haaren herbeigezogen. Sie hatte nie etwas Verdächtiges in Alexanders Gegenwart bemerkt.
»Waren Sie nicht zu verliebt, um überhaupt klar zu sehen?
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