Hotel Desire
brachte.
„Hunger?“
Susan sah irritiert auf. „Entweder du kannst wirklich Gedanken lesen, oder ...“
Er lachte. „Dein Magen war nicht zu überhören.“
„Oh, das tut mir leid.“ Sie errötete, grinste aber.
„Ich empfehle dir eine Tartouillat von Jacques, wenn dir nach etwas Süßem ist. Sie sind wirklich großartig.“
Der Gedanke an ein süßes Gebäck war zu verlockend, und Susan stimmte zu. Die Tartouillat mit Kirschen war noch warm, als Jacques sie zwanzig Minuten später zusammen mit zwei Gläsern Champagner brachte.
Sie aß hungrig. Der Kuchen war zuckersüß und schmeckte nach Rum und Vanille.
„Wirklich köstlich“, sagte sie zwischen zwei Bissen und reichte Dan ein Stück auf ihrer kleinen Gabel. Er öffnete den Mund und ließ sich füttern.
Wie ein Liebespaar , schoss ihr durch den Kopf, und sie wandte sich eilig wieder ihrer Zwischenmahlzeit zu. Er beobachtete sie die ganze Zeit über aufmerksam, hin und wieder strich er mit den Fingern über ihren nackten Arm, was sofort eine Gänsehaut auslöste, oder legte leicht eine Hand auf ihr Knie.
„Ich weiß so wenig über dich. Erzähl mir doch etwas“, sagte sie, als sie den leckeren Kuchen vollständig verzehrt hatte. Nicht mal einen Krümel hatte sie den kleinen Spatzen, die begierig zu ihren Füßen lauerten, übrig gelassen.
Dan schmunzelte. „Was möchtest du wissen? Ich komme ursprünglich aus Cambridge, habe die letzten Jahre meines Lebens in London verbracht und bin nun seit einigen Wochen hier, auf Empfehlung meines Bruders, der hier früher eine Auszeit von seinem stressigen Beruf genommen hatte.“
„Dein Bruder war auch hier?“
„Ja, er ist Manager und hatte ein Burn-Out. Ein Bekannter brachte ihn auf das Hotel Desire, und er dachte, nach der Scheidung und seiner Erkrankung sei das genau das, was er brauchte. Offenbar stimmte es, denn er blieb ein ganzes Jahr hier, bevor er wieder zurück nach London ging und wieder in den Beruf einstieg. Ich habe gerade eine etwas unschöne Trennung hinter mich gebracht und habe ein wenig - nun ja, sagen wir - gelitten.“
Dan verstummte und trank einen Schluck. Sein Blick schweifte ab in den Park, wo er an Bäumen hängen blieb. Susan schwieg. Sie wollte ihn nicht stören, offenbar hatte er gerade mit unangenehmen Erinnerungen zu kämpfen. Unwillkürlich legte sie ihre Hand auf seine und streichelte mit den Fingern über den Handrücken. Er wich nicht zurück.
„Mein Bruder meinte, ich könne mich hier erholen und gleichzeitig belanglosen Sex haben, ohne direkt mit Gefühlen konfrontiert zu werden.“ Eine eiserne Schlinge legte sich um Susans Magen bei diesen Worten, und sie schluckte hart. Offenbar war Dan ihre Rea ktion entgangen, denn er entschuldigte sich nicht bei ihr für die harschen Sätze, sondern sprach einfach weiter.
„Ich bin noch nicht ganz sicher, ob er damit recht hatte.“ Er wandte den Kopf und sah ihr in die Augen. Sie versuchte, seinem Blick standzuhalten, dann beugte er sich zu ihr und presste seine Lippen auf ihre.
Sie erwiderte den Kuss, der weich und sanft war, nicht so gierig und leidenschaftlich wie sonst, beinahe zärtlich. Ihr Herz klopfte schneller, als er eine Hand um ihren Nacken legte und sie dichter zu sich heranzog.
„Dan?“ Schritte und eine männliche Stimme rissen sie aus der innigen Umarmung. Susan wischte ihre Haare aus dem Gesicht und leckte sich kurz über die Lippen, die plötzlich ohne seinen Mund trocken wirkten.
„Gut, dass ich dich finde. Wir haben ein Problem“, sagte Francois und lächelte Susan entschuldigend an, bevor er auf französisch fortfuhr, auf Dan einzureden. Der runzelte plötzlich die Stirn und sah ernst aus, dann schüttelte er den Kopf und erwiderte etwas auf französisch, das Susan nicht verstand. Allerdings horchte sie auf, als sie ihren Namen hörte.
Francois wirkte etwas unwirsch, und sein Tonfall ließ keinen Zweifel daran, dass er Dan gerade zurechtstutzte, ebenso wenig wie seine Gesten. Sie staunte, dass dieser junge, bildschöne Mann so vehement sein konnte.
Als er sich umdrehte und ging, platzte sie beinahe vor Neugier. „Was ist los?“, fragte sie und betrachtete Dan besorgt. Auf seiner Stirn hatte sich eine tiefe Kerbe ausgebreitet, seine Augenbrauen waren stark zusammengezogen und das Grübchen in der linken Wange zuckte.
„Es ist nichts“, antwortete er und bemühte sich, zu lächeln. „Kein Problem. Jedenfalls nicht für dich.“ Er stand auf und reichte ihr den Arm.
„Vielleicht
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