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Hotel Mama vorübergehend geschlossen

Hotel Mama vorübergehend geschlossen

Titel: Hotel Mama vorübergehend geschlossen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
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gerade seine Leute zusammen. »Los, Herrschaften, wir müssen weiter.«
    »Trink wenigstens noch die Cola, ich habe sie extra für dich bestellt«, forderte Florian, dem schon beim Anblick dieser dunkelbraunen Flüssigkeit wieder schlecht wurde. Anscheinend hatte die magenberuhigende Wirkung des Alkohols noch nicht eingesetzt. Mit Kognak ging das schneller, stellte er fest, denn speziell auf diesem Gebiet war ihm nach über dreißig Jahren Zeitungsredaktion eine gewisse Erfahrung nicht abzusprechen.
    »Hab keinen Durst!« Das stimmte zwar nicht, aber Tinchen hatte erst unlängst gelesen, daß Cola äußerst kalorienreich sei, und deshalb hatte sie es von der Liste der erlaubten Genüsse gestrichen. »Trink doch selber!«
    »Mach ich auch. Steig schon mal ein, ich muß noch zahlen.« Als sie ging, sah ihr Florian erleichtert hinterher. Bestimmt wäre ihr aufgefallen, wenn er für eine kleine Flasche Coca-Cola vier Dollar hinblättern mußte.
    Auf der Weiterfahrt änderte sich allmählich die Landschaft. Es gab kaum noch bebaute Felder, denn was sich jetzt immer mal wieder rechts der Asphaltstraße entlangzog, waren große eingezäunte, mit vereinzelten Büschen durchsetzte Rasenflächen, auf denen Touristen spazierenliefen. Erst beim genaueren Hingucken sah Tinchen, daß es sich um Golfspieler handelte, die ungeachtet der noch immer glühenden Sonne ihre Bahn zogen. »Guck mal da rüber, Flori, wäre das nicht was für dich? Allmählich kommst du doch in die Jahre, wo du den Tennisschläger besser deinem Sohn vererben und dir eine Sportart suchen solltest, bei der du nicht
jedesmal
verlierst.«
    »Ach?« sagte er nur, rappelte sich aber doch aus seiner halbliegenden Stellung auf und setzte sich kerzengerade hin; ihm ging es ja auch wieder besser, der Rum hatte seine Schuldigkeit getan. »Wer hat denn bei unserem letzten Badminton-Duell den Schläger zuerst hingeschmissen und nach Luft gejapst?« trumpfte er auf, »nicht mal zehn Minuten …«
    »Das war bloß, weil ich keine Schuhe anhatte und dauernd auf was draufgetreten bin. Außerdem ist Federball ein Spiel für Kinder.«
    »Golf auch! Ich bin wirklich aus dem Alter heraus, in dem man mit einer Eisenkeule kleine Bälle durch kurzgemähten Rasen drischt.«
    Zu Tinchens Erleichterung, denn ihr wollte einfach keine bissige Antwort einfallen, verließ der Bus die asphaltierte Straße und schwenkte auf einen besseren Feldweg ein. Obwohl sich der Fahrer redliche Mühe gab, die großen Schlaglöcher zu umrunden und nur die kleineren mitzunehmen, sah sich Florian gezwungen, seine Frau spontan zu umarmen und auf diese Weise festzuhalten, sonst wäre sie vom Sitz gerutscht. »Vier-Sterne-Hotel!« schimpfte sie denn auch, »fragt sich bloß, welche gemeint sind! Die auf der Kognakflasche?«
    »Ich hab dir ja gleich gesagt, daß du mindestens einen abziehen mußt«, erinnerte sie Florian.
    Eine Zeitlang schaukelte der Bus noch im Schneckentempo von einem Schlagloch in das nächste, dann endlich erreichte er einen geteerten Parkplatz und kam zum Stehen.
    »Bist du sicher, daß wir hier richtig sind? Auf dem Prospekt hat das alles aber ganz anders ausgesehen.« Tinchen kletterte als letzte aus dem Bus, weil sie vorhin ihre Schuhe ausgezogen hatte und der zweite erst wieder auftauchte, nachdem Florian halb unter den Sitz gekrochen war.
    Jetzt sah sie sich zweifelnd um. Rechts neben der sogenannten Straße standen zwei Häuser von äußerster Schlichtheit, auf der anderen Seite dösten einige Taxis vor sich hin, und direkt vor ihnen versperrte eine Hecke den Blick auf das, was eventuell dahinter lag.
    »Das Gepäck lassen Sie bitte im Bus, es wird gleich abgeholt und später auf Ihre Zimmer gebracht«, erläuterte Steven, bevor er sich an die Spitze der kleinen Karawane setzte.
    »Flori, die Sporttasche, die Strandtasche und die Kosmetikbox brauche ich aber sofort«, protestierte Tinchen, ihr Suitcase umklammernd. »Sieh mal zu, ob du unseren Chauffeur zu einem außerplanmäßigen Arbeitseinsatz überreden kannst.« Ihr war inzwischen klargeworden, daß auch in Jamaika, wie in den meisten tropischen Ländern, die Uhren anders gingen und Zeit ein sehr dehnbarer Begriff war. ›Gleich‹ konnte zehn Minuten bedeuten, eine Stunde oder auch zwei, doch bestimmt nicht das, was man gemeinhin darunter verstand. Der Fahrer Jimmy machte jedenfalls nicht die geringsten Anstalten, die Klappe vom Gepäckfach zu öffnen und mit dem Ausladen anzufangen. »Du könntest seinen Arbeitseifer mit

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