Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hotel Mama vorübergehend geschlossen

Hotel Mama vorübergehend geschlossen

Titel: Hotel Mama vorübergehend geschlossen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
Vom Netzwerk:
abreißen würde, habe ich ja vorher nicht ahnen können.«
    »Nein«, gab er zu, sich langsam aufrappelnd, »aber was du da in der Hand hast, ist eine ganz normale Tasche, Tine, konzipiert für Handtuch, Buch und Sonnenöl, und kein Seesack, in dem man Schwermetall transportiert. Oder was hat vorhin so gescheppert?«
    So auf Anhieb wußte Tinchen das nicht, es war ihr auch egal, sie wollte endlich in ihr Zimmer, und überhaupt waren sie schon wieder die letzten. »In welcher Richtung liegt denn unser Bungalow?« fragte Florian, nachdem sie die Rezeption verlassen hatten und dem Weg bis zur ersten Gabelung gefolgt waren. »Rechts oder links?«
    »Woher soll ich das wissen?«
    »Weil du den Schlüssel bekommen hast!«
    »Aber keinen Lageplan dazu«, sagte sie schnippisch. »Frag doch einfach mal!«
    »Wen denn? Ich sehe niemanden.« Wer sich nicht schon zwecks vorabendlicher Schönheitspflege in seine vier Wände zurückgezogen hatte und mithalf, den Wasserdruck in den Duschen zu senken, hockte hinten an der Bar. Meistens waren es Männer, offenbar jene, die immer noch in dem Irrtum lebten, Frauen brauchten doppelt so lange zum Waschen wie sie selber. »Am besten zieht man seine Erkundigungen direkt an der Quelle ein, und hier geht das sogar im wahrsten Sinne des Wortes. Gib mir mal meinen Personalausweis!«
    Als Tinchen ihn verständnislos ansah, nahm er ihr eins der beiden Plastikkärtchen aus der Hand, befestigte den Clip an seiner Hemdentasche und marschierte schnurstracks zur Bar. »Can I have a beer, please?«
    »Yes, madam«, sagte der Barkeeper grinsend, denn Florian hatte die falsche Karte erwischt, und auf der stand deutlich lesbar:
Mrs
. Bender.
    Tinchen hatte nur einen Fruitcocktail getrunken und danach noch einen Milkshake, doch Florian hatte ja unbedingt nach seinem Bier noch den Rumpunsch kosten und auf gute Nachbarschaft anstoßen müssen, weil Herr Maier mit a-i in Nr. 21 wohnte und sich erboten hatte, das Ehepaar Bender zu Bungalow 22 zu begleiten. Nur war das nicht sofort gegangen, weil Frau Maier dazugekommen war. Sie hatte an dem Reggae-Tanzkurs teilgenommen und nun ebenfalls Durst. Ob denn Frau Bender schon mal die Pinacolada probiert hätte? Nein? Na, das müsse sie aber sofort nachholen, George mixe eine ganz hervorragende, die beste mache allerdings Beverly, nur habe die heute leider frei.
    Erst als es schon stockdunkel war und die Kellner begonnen hatten, die Tische einzudecken, hatte Tinchen auf die Uhr gesehen. »Meine Güte, schon sieben? In einer halben Stunde gibt es Abendessen, und ich muß noch Koffer auspacken, aufräumen, duschen …«
    »Essen können Sie bis halb zehn, nur nicht mehr alles, weil das Beste dann weg ist einschließlich des Kochs, der steht nämlich nur bis neun am Grill«, hatte Frau Maier erläutert. Zwar hatte Tinchen die Sache mit dem Koch nicht so ganz verstanden, was wohl nicht zuletzt auf die wirklich hervorragende Pinacolada zurückzuführen war, und daß man nicht Punkt halb acht an seinem Tisch sitzen mußte, hatte auch einiges für sich, aber trotzdem wollte sie jetzt endlich hier weg.
    Herr Maier bewaffnete sich mit der Tasche ohne Henkel und schritt voran, warnte vor der fehlenden Gehwegplatte, da seien schon einige Leute gestolpert, was Tinchen ungeheuer lustig fand, denn wie kann man über etwas stolpern, was gar nicht da ist?, und als sie beinahe gegen die übermannshohe Mauer gerannt wäre, die das Hotelareal gegen das Nachbargrundstück abgrenzte, schwenkte Herr Maier nach rechts und dann gleich wieder nach rechts. »Hier wären wir also!«
    Sie standen vor dem letzten Bungalow in der Reihe, allerdings auch vor dem ersten an der Mauer. Sofort erinnerte sich Tinchen an Frau Antonies Entzücken über die hübschen Terrassen mit Blick aufs Meer. Die Terrasse gab es – aber mit Blick auf die Mauer!
    »Ich komme mir vor wie beim Hofgang im Knast!«
    »Warten Sie mal ab, dieser Bungalow hat auch seine Vorteile«, sagte Frau Maier und zählte sie auf: »Kein Durchgangsverkehr, weil hier niemand vorbei muß, kein Krach, weil man den Radau von da vorne« – sie deutete dorthin, wo sie gerade hergekommen waren – »hier hinten nicht mehr hört, die nächste Reihe Bungalows fängt erst da drüben hinter den Büschen an, also ein ganzes Stück weit weg, und außerdem haben wir hier unseren kleinen Privatstrand. Oder sollte Ihnen etwa entgangen sein, daß diese Häuschen direkt am Wasser stehen?«
    Das war Tinchen in der Tat entgangen. Sie hatte nur die Mauer

Weitere Kostenlose Bücher