Hotel Mama vorübergehend geschlossen
bekam, waren zwei vorbildlich gebratene Spiegeleier mit knusprigem Rand. »Thank you very much«, sagte er, »they are lovely«. Ein freundliches Grinsen erschien auf dem schwarzen Gesicht, und in dem Bewußtsein, seine Dankbarkeit in die richtigen Worte gefaßt zu haben, zog Florian von dannen.
»Ab morgen solltest
du
lieber die Eier bestellen«, schlug er jedoch vor, nachdem er seinen Platz am Tisch eingenommen hatte. »Ich hätte nämlich ganz gern ein bißchen Speck dazu gehabt, wußte aber nicht, was das heißt.«
»Bacon«, sagte Tinchen, Müsli kauend, »und außerdem ist die Zeichensprache international. Warum hast du nicht draufgezeigt?«
»Nicht dran gedacht.« Er schob sich eine Gabel voll Ei in den Mund. »Was heißt eigentlich sunny side up genau?«
»Sonnenseite nach oben.« Sie stellte die Schüssel zur Seite und stand auf. »Ich hole mir jetzt noch ein bißchen Obstsalat. Soll ich dir was mitbringen?«
»Ja, zwei Brötchen, Butter, vier Scheiben Käse und …«
»Ich habe
etwas
gesagt!«
»Also gut, dann nur ein Brötchen und
zwei
Scheiben Käse.«
Als sie zurückkam, begann sich der Speisesaal langsam zu füllen. »Jetzt wird's endlich interessant«, sagte sie und wechselte den Platz, so daß sie wenigstens einen Teil des Raumes überblicken konnte. »Guck mal, Flori, da drüben! Heute trägt sie Meergrün! Steht ihr genausowenig wie Gelb. Damit sollte sie lieber warten, bis sie ein bißchen brauner geworden ist.«
»Wer soll warten?« Er hatte nur halb zugehört, deren das Brötchen erwies sich als ebenso zäh wie das Messer stumpf, und bisher war es ihm noch nicht gelungen, mit dem einen das andere auseinander zu schneiden.
»Na, wer wohl? Gundula, deine potentielle Mörderin!«
»Worauf soll sie warten?« Endlich hatte er das Brötchen in zwei Hälften zerlegt und bemühte sich, die Butter gleichmäßig darauf zu verstreichen. Da sie mitten auf dem Frühstücksbüffet sehr dekorativ in Röllchenform auf einem Eisberg angeordnet und folglich beinahe tiefgefroren war, klappte das nicht. Bei dem Versuch, das Röllchen zu zerkleinern, flutschte es vom Teller und landete auf dem Boden. »Na schön, dann eben nicht!« Während er das trockene Brötchen mit dem ebenfalls trockenen Käse belegte, schob er die Butter mit der Fußspitze etwas weiter unter den Tisch.
»Florian!« kam es drohend von gegenüber.
»Nix Florian! Glaubst du wirklich, ich krieche jetzt da unten rum und sammle sie ein? Die schmilzt doch gleich, und übrig bleibt schlimmstenfalls ein Fettfleck auf den Fliesen. Und da Wasser auf dieser Insel nicht gerade Mangelware …«
»Guten Morgen! So früh schon auf?« staunte Frau Maier mit a-i, »ich habe geglaubt, Sie schwänzen das Frühstück und kommen erst zum Mittagessen aus der Koje. Keine Probleme mit dem Jetlag?«
»Nicht direkt«, sagte Tinchen lachend, »ich habe zwar seit halb fünf Inspektor Brunetti in Venedig bei der Suche nach dem Opernmörder geholfen und dabei tierischen Hunger gekriegt, aber dann hat mich der Sonnenaufgang für das Nicht-mehr-schlafen-können hinreichend entschädigt.«
»Da kann ich nicht mitreden, weil ich hier noch nie so früh aufgestanden beziehungsweise so spät schlafen gegangen bin«, sagte Frau Maier und setzte sich, »aber der Sonnenuntergang ist auch ganz beeindruckend.«
Erst jetzt bemerkte Tinchen Frau Maiers Outfit, das sich von der hier üblichen Frühstücksgarderobe, nämlich Shorts von Mini bis Größe 52 mit auch nicht immer vorteilhaftem Oberteil, wohltuend abhob. »Sie sehen so ausgehfertig aus, haben Sie etwas Größeres vor?«
»Ja. Wir haben ein Taxi gechartert und lassen uns zu den Dunn's River Falls bringen, angeblich ein touristisches Muß! Letzteres wäre eher ein Hinderungsgrund gewesen, aber diese Wasserfälle sollen wirklich wunderschön sein. Auf dem Rückweg wollen wir noch ein bißchen durch Ocho Rios bummeln.«
Jetzt wurde Florian aufmerksam. »Den Namen kenne ich schon, aber was ist das? Ein Restaurant?«
»Lassen Sie das lieber keinen Einheimischen hören! Ocho Rios ist so eine Art Provinzhauptstadt, nicht groß und in erster Linie auf Tourismus abgestimmt, aber es macht trotzdem Spaß, mal über den Markt zu schlendern oder einfach auf einem Mäuerchen zu sitzen und das ganze Treiben zu beobachten.«
»Hört sich gut an!« sagte Tinchen sofort, »wir wollen uns ja auch ein bißchen die Gegend ansehen, nur nicht gleich am ersten Tag.« Sie schüttelte dankend den Kopf, als der farbige Kellner zum
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