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Hotel Mama vorübergehend geschlossen

Hotel Mama vorübergehend geschlossen

Titel: Hotel Mama vorübergehend geschlossen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
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einen Bummel durch Port Antonio einzuwenden, zumal dieser Ort noch viel von seiner Hafenatmosphäre haben sollte, unter Eingeweihten sogar als Geheimtip galt für Urlaub abseits vom Massentourismus. Nein, sie habe keinen Hunger, sagte Frau Antonie, mittags äßen sie ohnehin nur Obst oder Salate, doch gegen einen schönen Eisbecher in einem Straßencafé, vielleicht sogar am Hafen, hätte sie nichts einzuwenden. Frau van Dahlen stimmte zu, glaubte jedoch, mit einem Eisbecher deutscher Qualität könne man hierzulande kaum rechnen, aber die Milkshakes seien recht ordentlich.
    Während der Fahrt zum Hafen zog Frau Ka-Ka ihren Reiseführer zu Rate. Er war wesentlich teurer gewesen als der von Tinchen und enthielt so wissenswerte Auskünfte wie die Tatsache, daß Port Antonio schon mehrmals als Kulisse für Hollywood-Produktionen gedient habe und Interessierte einen Drink an jener Strandbar nehmen könnten, hinter der Tom Cruise seinen ›Cocktail‹ gemixt habe. Auch gäbe es traumhafte Villen, die man für den angemessenen Preis von zehntausend Dollar pro Woche mieten könne, auf daß einem der Butler auf der mondscheinüberfluteten Terrasse direkt am Meer das von einem einheimischen Koch zubereitete Dinner serviere.
    Frau Antonie schüttelte den Kopf. »Wo haben Sie denn dieses Buch gekauft, Dorothee? Bei Tiffany?«
    Dorothee drohte schelmisch mit dem Finger. »Hahaha, oder glauben Sie, ich weiß nicht, daß Tiffany ein Juwelier ist und gar keine Bücher verkauft?« Worauf Frau Antonie sich mit nach oben verdrehten Augäpfeln zu dem neben ihr sitzenden Tinchen beugte und raunte: »Manchmal ist sie wirklich ein bißchen sehr unbedarft!«
    Der Hafen war dann aber doch nicht so ganz das, was Toni erwartet hatte. Sicher, es lagen einige schöne Yachten vor Anker, Fischerboote natürlich und Frachter, aber keines der großen Kreuzfahrtschiffe, von denen sie so gern mal eins in natura gesehen hätte und nicht immer bloß im Fernsehen. Ärgerlich war auch, daß die kleinen Bambusflöße an der Anlegestelle vom Fluß zwei Dollar mehr gekostet hatten als hier auf dem Markt, wo man auf Wunsch sogar noch einen Karton dazubekam.
    Die größte Enttäuschung erwartete sie allerdings erst im Hotel. Es war beim Abendessen, genauer gesagt in der Schlange vor dem Grill, als es hinter ihr raschelte. Frau Antonie drehte sich um und sah geradewegs in das Gesicht der gar nicht so glücklich dreinblickenden Braut. »Ich dachte tatsächlich, mich knutscht ein Elch!« sagte sie später, eine Redewendung gebrauchend, die sie vor zwei Jahrzehnten von ihrem Enkel gehört, belächelt und dann als besonders originell in ihr Repertoire aufgenommen hatte, »diese junge Frau erlebt den wohl schönsten Tag ihres Lebens und muß sich ihr Essen selber vom Büffet holen! Bekommen das Brautpaar und die Hochzeitsgäste denn keinen Service, keine festlich gedeckte Tafel mit Blumen und was sonst noch dazugehört? Nur dieses profane Alle-Tage-Büffet?« Sie stellte ihren Teller ab und setzte sich. »Na, wenigstens trägt sie ein sehr schönes Kleid, dafür hat sie bestimmt einen extra Koffer gebraucht.«
    »Die wenigsten bringen ihre Kleider mit, weil man hier welche leihen kann. Und das da« – nur flüchtig musterte Tinchen die einige Tische weiter an einem Hühnerbein nagende Braut – »scheint besonders beliebt zu sein. Ich erkenne es immer gleich an der Riesenschleife auf'm Hintern!«

13.
    »Bloß noch vier Tage«, sagte Tinchen. »Da ist es um jede Minute schade, die man im Bett verbringt!« Sie hatte geduscht und schlüpfte gerade in ihren Badeanzug. »Los, steh endlich auf, du Faulpelz!«
    »Wir haben
noch
vier Tage, Tinchen«, gähnte er zurück, »das sind sechsundneunzig Stunden beziehungsweise – warte mal«, er runzelte angestrengt die Stirn, »so ungefähr fünftausendsiebenhundertundetwas Minuten, und wenn du es noch in Sekunden haben willst …«
    »Bis du das ausgerechnet hast, sind schon wieder dreihundert vorbei, und so genau will ich es ja gar nicht wissen. Mach lieber, daß du aus den Federn kommst! Ich hab Hunger!«
    »Ich nicht!« Im Urlaub vor acht Uhr aufstehen zu müssen, erfüllte für Florian den Tatbestand der gefährlichen Körperverletzung. »Geh doch schon vor! Oder kannst du dir deinen Obstsalat nicht mal alleine holen?« Er blinzelte zur Uhr. »Erst fünfzig Minuten nach sieben! Ich glaube, Weib, du tickst nicht ganz richtig!«
    »Dann eben nicht!« Sie zog ein Paar Shorts an, nahm das vorletzte saubere T-Shirt aus dem

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