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Hotel Mama vorübergehend geschlossen

Hotel Mama vorübergehend geschlossen

Titel: Hotel Mama vorübergehend geschlossen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
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Allerdings hatte er bei diesem Rettungsmanöver die Spitze abgebrochen und hielt sie nun mit vorwurfsvoller Miene hoch. »Deine Schuld!«
    »Die war sowieso zu lang, sie hat ja schon die Zimmerdecke gekämmt.«
    »Nu isse aber viel zu kurz!« Florian wies auf den bestenfalls fünf Zentimeter hohen Stummel, der sogar von den oberen kleinen Zweigen noch überragt wurde. »Ob man das kleben kann?«
    »Quatsch! Aber mir wird schon etwas einfallen, womit sich die Sache kaschieren läßt. Kümmere du dich lieber um die Würstchen!«
    Es traf sich gut, daß Florian noch nicht wieder da war, als Herr Naujoks mit seinem uralten Tankwägelchen vorfuhr.
Alfred Naujoks jun. – Heizöle und anderes
stand drauf. Seinen Vater hatte er auch mitgebracht, und beide zusammen schätzte Tinchen auf ungefähr 140 Jahre. Später bekam sie mit, daß der Vater gar nicht der Vater, sondern der Bruder war und Konrad hieß. Das Auto war aber jünger und stammte vermutlich aus den späten Fünfzigern.
    Während der eine Bruder – es mußte der mit den Kartoffeln sein, weil er erst mal im Wagen sitzenblieb – eine Zigarre ansteckte, wollte der andere wissen, ob sie hier richtig wären und wo der Einfüllstutzen für das Öl ist »wegen dem Schlauch, der ist nämlich nicht sehr lang«.
    Entgegen Tinchens Befürchtung, das Haus würde mit dem angeblichen Status der armen, alteinstehenden Witwe nicht zu vereinbaren sein und der ganze Schwindel vielleicht auffliegen, interessierte sich Herr Naujoks überhaupt nicht dafür. Er wollte auch nicht wissen, wo denn der Mann sei, mit dem er zuerst telefoniert hatte. Wäre Florian nicht gerade auf kulinarischer Pirsch gewesen, hätte Tinchen ihn entweder zu vorübergehendem Stubenarrest verdonnert oder notfalls als Untermieter ausgegeben. Es gab genug Witwen, die Zimmer vermieteten.
    Mit Hilfe eines Zollstocks ermittelte Herr Naujoks rasch, daß die Zuleitung wohl reichen würde, und scheuchte seinen Bruder aus dem Wagen. »Kannst anfangen!« Worauf Konrad, immer mit brennender Zigarre im Mund, den Schlauch abzuwickeln begann. Alfred ließ sich in den Heizungskeller führen, sah sich um, nickte zufrieden und meinte: »Wenn Sie woll'n, könn' Sie jetzt gehn, wir schaffen das allein.« Was Tinchen ganz richtig mit
Du störst
bloß, hau ab!
übersetzte und es auch tat. Kurz darauf begann es laut zu rattern, ein wohlklingendes Geräusch in ihren Ohren, signalisierte es doch baldige Wärme. Es irritierte sie lediglich, daß dieser Konrad noch immer seine Zigarre im Mund hatte und jetzt sogar mit dem Gesicht ganz nah an den Tank heranrückte. Was machte er da bloß? Verstohlen lugte sie aus dem Fenster, konnte aber nichts erkennen. Ob sie einfach mal rausgehen sollte? Aber was, wenn der Wagen ausgerechnet in diesem Moment in die Luft flog …? Würde das Haus auch was abkriegen oder würden bloß die Fensterscheiben zersplittern? Und wie lange dauerte es wohl, bis man sie unter den Trümmern ausbuddeln würde?
    Endlich hörte das Rattern auf, Konrad schob die Zigarre vom rechten Mundwinkel in den linken und begann den Schlauch aufzurollen. Die Gefahr schien wohl gebannt! Erleichtert lief Tinchen die Kellertreppe hinunter, auf der ihr Herr Naujoks schon entgegenkam. »Sie müssen den Ölstandmesser auswechseln, der taugt nichts mehr, ist unzuverlässig.«
    »Klar, werde ich gleich nächste Woche machen lassen«, versicherte sie, dabei verheißungsvoll mit dem Geldbeutel winkend. »Jetzt sagen Sie mir aber erst mal, wieviel Geld Sie bekommen, ich möchte es nämlich gleich bezahlen.«
    Verlegen kratzte sich Alfred hinter dem Ohr. »Geht nicht, muß ich erst ausrechnen mit Mehrwertsteuer und so. So'n neumodischen Zähler, der alles anzeigt und denn auch gleich ausdruckt, haben wir nicht. Wir liefern ja man auch immer bloß so kleine Mengen an unsere alten Kunden. Die hab'n schon bei mei'm Vater gekauft, wo der noch mit Holz und Kohlen gehandelt hat.«
    Tinchen war gerührt. Ein richtiger Familienbetrieb! Und der mindestens fünfundsechzigjährige Alfred war anscheinend der Junior. Schnell zog sie einen Zwanzigmarkschein aus ihrem Portemonnaie. »Hier, ein ganz kleines Dankeschön dafür, daß Sie gekommen sind, obwohl wir gar keine Stammkunden sind. Aber was nicht ist, kann ja noch werden, nicht wahr?«
    »Das war ja nu nich nötig, aber ich dank mal schön und wünsch denn auch noch ein frohes Fest. – Ach ja, die Heizung dürfen Se nicht gleich einschalten, erst nach 'ner Stunde oder so, wegen dem Restöl, aber

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