Hotel Mama vorübergehend geschlossen
mindestens in einem Drei-Sterne-Hotel einquartiert hast.«
»Vier«, hatte er verbessert, »nur heißt das in der Karibik nicht allzuviel. Die stapeln nämlich hoch. Da kriegt ein Hotel von vornherein drei Sterne, sobald es im Zimmer fließend Wasser gibt.«
»Dabei ist das doch gar nicht so wichtig, wenn man das Meer vor der Tür hat.«
»Na, ich weiß nicht, Tine. Möchtest du dir unbedingt am Strand die Zähne mit Meerwasser putzen?«
»Warum reitest du immer auf den Schwachpunkten herum? Bring lieber mal den Atlas. Ich hab zwar in der Schule gelernt, daß Jamaika zusammen mit Kuba und noch irgendwas die Großen Antillen bildet, aber wo genau die nun liegen, habe ich vergessen.«
Also hatte Florian den Atlas geholt, und gemeinsam hatten sie in der blauen Wasserwüste nach dem grünen Eiland gesucht, auf dem sie im Januar drei Urlaubswochen verbringen würden. »Nur wir zwei allein, Tinchen, keine Kinder, keine Enkel …«
»… kein Schneematsch, keine zugefrorenen Autoscheiben, keine Gänsehaut und kein fünfjähriger Bengel, der einem die Kühltruhe mit Schneebällen vollstopft, damit er im Sommer auch welche zum Spielen hat!«
Als sie in eben diesen Träumen versunken waren, klingelte es. Erst verhalten, dann stürmisch. »Der hat's aber eilig«, vermutete Florian, bevor er sich aus dem Sessel stemmte und zum Fenster lief. »Da draußen steht ein Taxi!« informierte er seine Frau.
»Wahrscheinlich sucht der Fahrer jemanden. Mach doch mal das Fenster auf und frag, ob du ihm helfen kannst.«
Kaum hatte Florian seinen Kopf herausgesteckt, da wurde die Beifahrertür geöffnet, und ein ellenlanger, dünner Jüngling schob sich aus dem Wagen. »Hallo, Onkel Florian, ich bin's bloß!«
»Kennst du jemanden, der Onkel zu mir sagt?« Erstaunt drehte sich der so Angesprochene zu Tinchen um, »außer Clemens' zwei Krabben natürlich, aber die können seit dem Sommer doch nicht mindestens vierzig Zentimeter gewachsen sein?!«
Das allerdings hielt Tinchen auch für unwahrscheinlich. Sie wickelte sich aus der Decke und eilte ans Fenster. »Fröhliche Weihnachten, Tante Tina«, klang es sofort von unten hoch.
»Ebenfalls. Und wenn du jetzt mal zwei Schritte zur Seite gehen und dich neben die Laterne stellen würdest, dann kriege ich vielleicht sogar raus, wer du eigentlich bist!« Sie ahnte zwar schon, wer dieser späte Gast sein könnte, doch sicher war sie sich erst, als der Lichtschein auf einen weißblonden Lockenkopf fiel. »Björn?!«
»Die Kandidatin hat hundert Punkte!« kam es prompt zurück. »Laßt ihr mich rein?«
Während Florian vorsichtshalber seine Brieftasche holte und dann zur Haustür lief, entlohnte der Junge den Fahrer und hob zwei Reisetaschen aus dem Kofferraum. »Vielen Dank und frohe Weihnacht! Auf Wiedersehen.« Das Taxi fuhr los, und zurück blieb ein viel zu sehr in die Höhe geschossener, fünfzehnjähriger Junge, der erleichtert aufatmete, als die Haustür aufging und ihn sein Großonkel mit den Worten in die Arme schloß: »Den Weihnachtsmann hatte ich mir aber ganz anders vorgestellt!«
»Ich auch«, schniefte Björn und wischte sich verstohlen eine Träne aus den Augen, »du hast ja überhaupt keinen Bart!«
4.
»Sonntagsbrötchen gibt es ja inzwischen, aber warum noch keine Weihnachtsbrötchen?« Zweifelnd betrachtete Tinchen die angekokelte Weißbrotscheibe auf ihrem Teller und danach ihren Ehemann, der mit Argusaugen den Toaster überwachte. »Du darfst das nicht erst dann umdrehen, wenn's qualmt!«
Nachdem Tim den alten Toaster als Wäschetrockner benutzt hatte, war das Gerät von Tinchen in die Mülltonne gesteckt und Florian beauftragt worden, einen neuen zu kaufen. »Im Kaufhaus sind sie viel billiger als hier, und die Auswahl ist auch größer.« Das hatte logisch geklungen. Als er sich jedoch am nächsten Tag zur Haushaltsabteilung durchgefragt hatte und von einem kompetent aussehenden Mann zum Regal mit den Toastern geführt worden war, hatte er irritiert vor den aufgereihten Modellen gestanden. Manche waren bunt wie Kinderspielzeug, andere sahen sehr futuristisch aus, und besonders eins hatte Florians Interesse geweckt: Es war rundherum verchromt und viel höher als die anderen, denn die Brotscheiben wurden nicht auf herkömmliche Weise in das Gehäuse geschoben, sondern mit der Spitze nach unten in einer Klammer befestigt. »Ist das schon weltraumgeprüft?«
Der Verkäufer lächelte müde. »Das ist ein Designer-Modell und dient in erster Linie als Dekor. Darf
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