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Hotel Mama vorübergehend geschlossen

Hotel Mama vorübergehend geschlossen

Titel: Hotel Mama vorübergehend geschlossen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
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denn inmitten des ganzen Trubels würde er nicht gleich Rede und Antwort stehen müssen, Ulla informierte ihre Schwägerin Katrin darüber, daß der Knabe Michael dem Knaben Tim erklärt habe, daß man Autotüren mit Hilfe von Kaugummi ›einbruchsicher‹ machen könne und die Technik auch gleich am Schlüsselloch der Tür vom Spielzimmer demonstriert habe, und Frau Klaasen-Knittelbeek blätterte im erbetenen
Operettenführer,
den Florian erst vom obersten Regal hatte herunterholen und unauffällig entstauben müssen. »Jetzt helfen Sie mir doch mal, Antonie! Wie lautet denn gleich der Titel dieser Operette, die in San Remo spielt? Ich glaube nämlich doch, daß sie von Paul Abraham stammt.«
    Und dann flog plötzlich die Tür auf, und herein schritt, beide Arme weit von sich gestreckt, weil eine Aufschnittplatte balancierend, Frau Knopp. »Hier wär'n die Keulen!«
    Alle Blicke wandten sich ihr zu, was sie wohl auch bezweckt hatte. Ihre immer als Hauskleid bezeichnete pinkfarbene Kittelschürze, mit der sie vorhin noch herumgelaufen war, hatte sie gegen ein dunkelblaues Kleid mit Spitzenkragen ausgewechselt, dazu trug sie schwarze Nylons mit einem recht wilden Muster und sogar Pumps. »Wenn mir vielleicht mal jemand die Schüssel abnehmen …«
    Sechs Hände streckten sich ihr entgegen, Björn blieb Sieger und verschwand Richtung Küche, Tinchen eilte hinterher, nicht ohne dem etwas konsternierten Florian zugeflüstert zu haben, daß er seiner Nachbarin etwas zu trinken anbieten und sie dann möglichst schnell hinauskomplimentieren solle. »Wie ist sie überhaupt reingekommen?«
    Diese Frage klärte sich schnell. Im Flur versuchte Karsten gerade, seinen Mantel irgendwo in der sowieso schon überquellenden Garderobe unterzubringen, während eine sehr blonde Frau offenbar darauf wartete, daß ihr jemand aus dem Pelzmäntelchen half, was Karsten denn auch bereitwillig tat. »Hallo, Tine, sorry, wir sind ein bißchen spät, aber Annabelle bekam in letzter Minute noch einen Anruf aus Übersee. Das ist übrigens meine Schwester Tina, und das ist Annabelle.«
    »Sie können aber Bella zu mir sagen«, gestattete Annabelle und griff nach ihrem Täschchen. »Darf ich mal Ihre Toilette benutzen?«
    Tinchen zeigte ihr die entsprechende Tür, dann zog sie Karsten in die Küche. »Ich bin ja nun wirklich einiges von dir gewöhnt, was deine Lebensabschnittspartnerinnen anbelangt, aber wo hast du denn
die
aufgegabelt?«
    »Wieso?« Er setzte eine Unschuldsmiene auf, »sie ist doch recht dekorativ.«
    »Heißt sie wirklich Annabelle?«
    »Na ja«, gab er zögernd zu, »ihr richtiger Name ist Annemarie, aber für ein Model, das die neuesten Kreationen der Versandhäuser präsentiert, klingt der nicht exklusiv genug.« Dann sah er Björn, der versuchte, den Teller mit den Putenkeulen auf der viel zu kleinen Warmhalteplatte unterzubringen. »Wer ist denn das? Jemand vom Partyservice oder doch bloß wieder Familie?«
    Tinchen klärte ihn auf, wobei sie feststellte, daß die amerikanische Gepflogenheit, bei Zusammenkünften von mehr als fünf Personen Namensschilder ans Revers zu heften, äußerst sinnvoll sei.
    »Und wer war diese merkwürdige Person, die eben vor der Tür stand und behauptet hatte, sie müsse unbedingt ins Haus? Hätte sie nicht Verpflegung mitgebracht, dann hätte ich sie gar nicht reingelassen.«
    »Das war Frau Knopp von nebenan, und ich hoffe, daß sie inzwischen wieder draußen ist, denn wenn wir jetzt nicht mit dem Essen anfangen, ist alles kalt. Schick mir bitte Katrin und Ulla rein, und dann kümmere dich um deine Sie-können-aber-Bella-zu-mir-sagen!« Plötzlich fiel ihr ein, daß Julia und mit ihr die zweite Gans noch nicht da waren. »Björn! Such Rüdiger und schick ihn zur Gans! Quatsch, natürlich zu Julia, es ist höchste Zeit!«
    Es dauerte aber doch noch fast zwanzig Minuten, bis die in dicke Lagen Zeitungspapier gewickelten Töpfe mit Knödeln, Kartoffeln, Gemüsen und Soßen aus den Betten geholt und der Inhalt in Schüsseln umgefüllt worden war, bis die Braten auf den Heizplatten standen und die Gäste ihre Plätze gefunden hatten. Die Idee mit den Betten stammte übrigens von Frau Antonie und war noch ein Relikt aus der Kriegs- beziehungsweise Nachkriegszeit, als es weder Strom noch Gas oder Kohlen in ausreichender Menge gegeben hatte und man sich irgendwie behelfen mußte. »Manchmal haben wir unsere Stromzuteilung nachts zwischen zwölf und zwei bekommen, da wurde dann natürlich gekocht, aber

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