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Hotel Mama vorübergehend geschlossen

Hotel Mama vorübergehend geschlossen

Titel: Hotel Mama vorübergehend geschlossen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
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paar Schimpfwörter?« forschte Matthias, »blöder Affe oder dumme Sau?«
    »Matthias!« donnerte sein Vater.
    »'Tschuldigung, Vati, ist mir bloß so rausgerutscht. Zu Hause darf ich sowas nämlich nicht sagen«, wandte er sich wieder an Tinchen. »Weißt du vielleicht auch, was Hausaufgaben auf Suhadingsbums heißt?«
    »Die kennt man in Kenia gar nicht«, erklärte sie rundheraus, »da haben die Kinder nämlich auch nachmittags Schule.«
    Zumindest
das
stimmte! Doch was ihr vermeintlich fließendes Suaheli betraf, so beschränkten sich ihre Kenntnisse auf die üblichen Floskeln und ein paar Begriffe, die man als Tourist angeblich wissen mußte. Hatte jedenfalls der Nachtportier vom Hotel behauptet und tagsüber interessierten Gästen Unterricht erteilt. Tinchen hatte sich sofort interessiert und eifrig Vokabeln gepaukt, nur um beim ersten Ausflug nach Mombasa feststellen zu müssen, daß kein Einheimischer sie verstand. Die sprachen fast alle englisch, viele sogar ein bißchen deutsch, doch was ›Namibi wanawake‹ bedeutete, hatte keiner von ihnen gewußt. Erst nachdem sie mit schon sehr schriller Stimme verzweifelt ›Where are the toilets?‹ gerufen hatte, hatte ihr ein grinsender Kellner den Weg gezeigt. Acht Jahre war das nun her, und trotzdem hatte sie noch eine ganze Menge von dem Gelernten behalten. »Una bibi na watoto?«
    »Ist das ein Schimpfwort?«
    »Ja! Es heißt
du dummes Kamel«,
behauptete sie in der berechtigten Annahme, daß der von Matthias später so Beschimpfte erstens kein Suaheli konnte und zweitens auch nicht wußte, daß in Kenia Kamele nicht gerade zu den heimischen Tierarten gehören.
    »Au fein!« jubelte Matthias, »kannst du mir das mal aufschreiben?« Was Tinchen denn auch tat. Auf deutsch heißt das übrigens:
Hast
du Frau und Kinder?
    Die Buchseitenschwemme im Bad klärte sich ebenfalls noch auf, wenn auch erst zwei Tage später. Nachdem Tanja zwei Dutzend Blätter, den Tisch und nicht zuletzt sich selber ausgiebig mit Wasserfarben bekleckert hatte, waren ihr ernsthafte Bedenken gekommen. Mit dem löblichen Vorsatz einer zumindest oberflächlichen Reinigung hatte sie es zunächst am Waschbecken versucht, jedoch den sonst immer von der Omi bereitgestellten Hocker vermißt, und ohne den kam sie nicht an den Wasserhahn heran. Also blieb wieder mal nur die Toilette übrig, die sowieso viel bequemer war. Erst hatte sie noch ein bißchen gemalt, was hier entschieden mehr Spaß machte, denn sie brauchte kein Papier, und von den sehr surrealistisch anmutenden Gemälden war in der Kloschüssel nach einem einfachen Knopfdruck nichts mehr zu sehen gewesen, nur mit den bemalten Buchseiten klappte das nicht. Die wurden nicht mehr sauber. Worauf Tanja beschloß, sie am besten ganz verschwinden zu lassen, und dazu bot sich wiederum die Toilette an.
    Der Rest ist bekannt. An jenem Abend beschloß Florian übrigens, seiner Enkelin zur Konfirmation ein Exemplar von
Der grüne Heinrich
zu schenken – in Leder mit Goldschnitt. Er kannte da einen Antiquar, und irgendwo würde der wohl was Passendes auftreiben können. Schließlich hatte er noch mindestens zwölf Jahre Zeit dazu.

7.
    Als Tinchen am nächsten Morgen – beziehungsweise Vormittag – in die Küche schlappte und noch im Halbschlaf zur Kaffeedose griff, um ein katerdämpfendes Getränk zu brauen, fand sie sie nicht. Auch gut, wahrscheinlich hatte sie gestern jemand an den falschen Platz geräumt, irgendwo mußte ja noch eine Reservepackung Kaffee stehen, und überhaupt brauchte sie erst mal ein Glas Mineralwasser gegen den Durst sowie ein Aspirin gegen die Kopfschmerzen. Verflixt spät war's gestern noch geworden, oder auch früh, je nachdem, von welchem Tag aus man die Sache betrachtete, und die Batterie leerer Weinflaschen neben der Kellertür erübrigte jede Spekulation, ob der Holzhammer in ihrem Kopf nicht vielleicht doch auf den Mitternachtssnack zurückzuführen war. Zugegeben, die Frikadellen hatte sie nicht selber gemacht, sondern beim Metzger gekauft, und sie hatten drei Tage im Kühlschrank überstehen müssen. Hatten sie ja auch, denn Florian hatte ihren ausgezeichneten Geschmack gelobt und erfreut festgestellt, daß sie diesmal mehr Fleisch als Semmeln enthielten. »Über fünfzig Jahre seit dem zweiten Weltkrieg, und endlich wird die Rationierung aufgehoben!«
    Nach dem frugalen Mahl, das stehend in der Küche eingenommen worden war, hatten sich Florian und sein Bruder samt der schon seit Jahren im Keller vor sich

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