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Hotel Pastis

Hotel Pastis

Titel: Hotel Pastis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Mayle
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zurechtzuzupfen. Wie schaffte es dieser Mann nur, seine Kleidung in Unordnung zu bringen, indem er einfach nur herumging? »Wenn es dir Sorgen macht, mußt du darüber reden. Sei nicht so englisch.«
    »Gut.« Er grinste ein bißchen lüstern, legte seine Hände unter ihr Gesäß und hob sie vom Boden hoch, wobei er sein Gesicht in ihrem Nacken vergrub. Ein Kellner, der gerade aus der Küche kam, blieb auf der Stelle stehen, murmelte »Bon appétit« und machte augenblicklich wieder kehrt.
     
    Eigentlich kein Wunder, dachte Simon später, daß so viele Menschen Tagträumen von einer Existenz als Restaurantbesitzer nachhingen. Er blickte sich auf der Terrasse um. Sämtliche Plätze waren besetzt, die fröhlichen braungebrannten Gesichter wurden vom Kerzenlicht angestrahlt, Gelächter und Gesprächsfetzen schwirrten durch die Luft und verloren sich in der Weite des Himmels, und Ernest, der ein wenig in die Hocke ging, so daß seine Kunden nicht zu ihm aufblicken mußten, stattete einem zufriedenen Tisch nach dem anderen einen Besuch ab. Es sah alles so leicht aus. Niemand, der dieses Schauspiel entspannten Genusses beobachtete, konnte sich eine Vorstellung von dem machen, was sich im Hintergrund abspielte, all die Anstrengungen, die ständige Hektik in der Küche — zerschnittene Finger, angesengte Haut, unter Zuhilfenahme einer Stoppuhr gefertigte Saucen, Schweiß, Flüche und vergossene Flüssigkeiten; und dann, sobald man aus all diesem Chaos in den Blickpunkt der Öffentlichkeit trat, das Sich-Zusammenreißen, um ruhig und gelassen zu erscheinen, die sichere Hand und die besorgte, gemächliche Geduld, die das Kennzeichen einer guten Bedienung sind. Simon versuchte, den Gesichtern nach gewissen Stereotypen Nationalitäten zuzuordnen. Die Gruppe jener kräftigen, übermäßig gebräunten und mit Schmuck behängten Männer und Frauen, die Bordeaux statt Wein aus der Region bestellt hatten, könnten Deutsche sein — erfolgreich, von großer Statur und laut. An den Tischen, die von einer Wolke aus Zigarettenqualm eingehüllt waren, saßen sicher Franzosen, und der Tisch mit den Nichtrauchern, an dem mehr Wasser als Wein getrunken wurde, war bestimmt amerikanisch. Die Engländer bestrichen das Weißbrot dick mit Butter und bestellten die reichhaltigsten Nachspeisen. Die Schweizer aßen ordentlich, vermieden es, den Ellbogen auf den Tisch zu legen, und nippten mit der Regelmäßigkeit eines Uhrwerks abwechselnd ein bißchen Wein und dann wieder Wasser. Simon mußte lächeln, als er Ernest beobachtete, der seine Augen überall hatte und zwischen den Tischen hin und her glitt. Er erweckte den Eindruck, als ob er schon seit Jahren ein Restaurant führen würde. Ein Mann, der sein métier gefunden hat, hatte Nicole gesagt. Und hier ist ein Mann, dachte Simon, der noch danach sucht.
    Nun, da die Herausforderung, das Hotel fertig zu bekommen und zu eröffnen, nicht mehr existierte, empfand er ein Gefühl der Leere. Ernest und Nicole standen mit beiden Beinen auf dem Boden einer verantwortungsvollen Tätigkeit, der Betrieb fand allmählich seinen Rhythmus, und der einzige, der keine feste Aufgabe hatte, war der Besitzer. Sollte er die nächsten Jahre damit verbringen, den Gästen Streicheleinheiten zu verpassen und erzürnte Nachbarn zu besänftigen? War das vielleicht etwas anderes, als Kunden zu schmeicheln und mit Ziegler und Jordan fertig werden zu müssen? Die Ebene war eine andere, gewiß, aber die Methoden, mit denen die Probleme gelöst werden mußten, waren die gleichen: Takt, Geduld, all dieser Mist.
    Simon verließ das Restaurant, nickte und lächelte, als er an den Tischen vorbei nach oben ging. Nicole und Françoise waren im Büro und tranken zusammen eine Flasche Wein, während sie den allabendlichen Papierstoß durchsahen. Er konnte da nicht viel tun. Nicole winkte ab, er solle sie allein lassen, warf ihm eine Kußhand zu und meinte, sie würde später ins Haus kommen. Er trat in die nächtliche Luft hinaus, die allmählich frisch wurde, sah, daß im Café noch Licht brannte, und ging hinein, um einen mcirc zu trinken und ein bißchen Gesellschaft zu haben.
    Ambrose Crouch, der an einem Tisch an der Wand saß, sah von der Sunday Times der letzten Woche auf. In der Karaffe vor ihm befand sich nur noch ein Bodensatz der purpurfarbenen Flüssigkeit. Er hätte etwas dazu essen sollen. Grollend starrte er auf Simons Rücken, und der Wein, den er im Laufe des Abends konsumiert hatte, brannte säuerlich im

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