Hotel Pastis
alle haben im pissoir unsere Fingerabdrücke hinterlassen müssen, also merkt euch: In der Nacht werden Handschuhe getragen. Ihr zieht sie nicht einmal dann aus, wenn ihr euch den Arsch kratzt. Also, das« — er legte ein Paket Zigaretten auf den Tisch — , »ist die hintere Tür, euer Ausgang.« Er stellte sein Glas neben die Zigaretten. »Und hier, gleich links von der Tür, parke ich den Lieferwagen — ich habe den ganzen Tag Zeit, um mir diesen Platz zu sichern, ihr könnt euch also darauf verlassen, daß der Wagen mit den Rädern drin da stehen wird. In der Nacht hole ich sie dann raus und kette sie an die Absperrung direkt hinter dem Lieferwagen. Eine einzige lange Kette und ein einziges Vorhängeschloß. Behaltet die Handschuhe an, wenn ihr das Schloß aufsperrt. Okay?« Sieben Köpfe nickten. Der General hob die Schlüssel in die Höhe. »Damit läßt sich das Schloß öffnen. Wenn ihr einen verliert, habt ihr noch einen Zweitschlüssel. Wenn ihr beide verliert, dann gnade euch Gott. Jo jo und Bachir, ihr nehmt jeder einen. Bindet ihn euch um den Hals, steckt ihn euch in die Nase oder sonst was, aber verliert ihn um Himmels willen nicht.«
Der General hob sein Glas, nahm einen Schluck und wischte sich den Schnurrbart. »Ich habe euch Hosen und Sweatshirts besorgt, die ihr über dem Radlerdress anzieht. Sie sind alt und unauffällig. Ihr werft sie danach einfach weg. Ihr werdet naß werden beim Einbruch, aber ihr habt die ganze Nacht Zeit, wieder zu trocknen.« Er sah sich um und grinste. » Voilà, c’est tout. Alles, was wir dann noch tun müssen, ist, Geld zählen. Noch Fragen?«
Alle schwiegen und starrten auf den Haufen Gummihandschuhe und die Schlüssel für das Vorhängeschloß. Diese ganzen langen Monate, und jetzt war es endlich soweit. Der General wußte, was in ihren Köpfen vorging: Was geschah, wenn es nicht klappte? Wieder auf die Anklagebank, wieder ein salaud von einem Richter, der seine lange Nase in die Akten vertiefte, wieder in dieses Scheißloch.
»Freunde«, fuhr er fort, »es wird nichts schiefgehen. Vertraut auf mich. Glaubt mir.« Er klopfte dem, der zufällig gerade neben ihm stand, auf die Schulter. »Was ist los mit euch? Keiner fragt, was es zu essen gibt?«
Onkel William, der den Charme und die Schläue eines routinierten Schnorrers besaß, hatte die Frage seiner Unterkunft gelöst und packte gerade die Koffer für seinen Umzug in das kleine Häuschen, das Ernest im Dorf gemietet hatte. Dort wollte er das Gästezimmer als eine Art Kunststipendiat in Beschlag nehmen. Es sei ungeheuer wichtig, so hatte er erklärt, zuerst Ernests Persönlichkeit, sein Wesen auf sich wirken zu lassen, bevor er versuchte, ihn auf die Leinwand zu bannen. Diese Vorbereitung nahm wahrscheinlich mehrere angenehme Wochen in Anspruch, bevor er mit der Arbeit begann. Anschließend sollte dann Madame Pons an die Reihe kommen, eine Frau von wahrhaft imposanter Statur. Seit Onkel William sie sich durch schmeichelhafte Vergleiche mit dem Gemälde der Odaliske geneigt gemacht hatte, stand sie dem Projekt, porträtiert zu werden, nicht mehr ablehnend gegenüber. Weshalb sollten alle Schätze im Louvre verschwinden, hatte er gesagt; und ein verheißungsvolles Zwinkern ihrer Augen wahrgenommen, als sie ihn, an ihrem Weißwein nippend, angesehen hatte. Ja, die Provence war ganz nach Onkel Williams Geschmack, und er hatte gar keine Eile, in das zugige Häuschen und zu der grimmigen Witwe zurückzukehren, die in Norfolk auf ihn warteten. Natürlich gab es da ein kleines Problem mit dem Geld, doch konnte Simon vielleicht dazu überredet werden, ihm einen Vorschuß zu geben, bis die auf unerklärliche Weise immer wieder verzögerte Geldsendung eintraf. Unterdessen war alles gratis. Onkel William klappte seinen Koffer zu, rückte sein uraltes Seidentaschentuch in der Brusttasche zurecht, hinter dem er zwei konfiszierte Zigarren versteckt hatte, und begab sich hinunter, um jemanden aufzutreiben, der ihn zu einem Drink einlud.
Simon und sein Gast setzten sich an den ruhigen Tisch in der Ecke. Enrico aus Marseille nahm die Sonnenbrille ab und nickte anerkennend, als er auf die Terrasse hinausblickte.
»Es freut mich zu sehen, daß Ihr Hotel sich so gut macht«, sagte er. »Sie haben sicher viel zu tun, und ich danke Ihnen, daß Sie für unser kleines Mittagessen ein bißchen Zeit erübrigen konnten.«
Simon hatte tagelang immer wieder versucht, es zu umgehen, aber Jean-Louis hatte ihn mehr und mehr mit dunklen
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