Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hotel Pastis

Hotel Pastis

Titel: Hotel Pastis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Mayle
Vom Netzwerk:
und er seufzte lang und tief. Keine Spur mehr von Niedergeschlagenheit. Dann zwinkerte er mehrmals sehr schnell mit den Augenlidern und blies laut vernehmlich durch die Nase. »Nun« sagte er schließlich. »Ich glaube, ich nehme einen Sherry, wenn ich darf.« Er stand auf und ging zu der Bar in der Ecke des Raumes. »Ein Hotel! Sie sind ja ganz schön raffiniert.«
    »Sie müssen nicht sofort eine Entscheidung treffen, Ern. Denken Sie ein oder zwei Tage darüber nach. Sie würden ja damit nicht einfach Ihre Stelle wechseln.«
    Ernest tänzelte auf den Zehenspitzen herum, er strahlte und hob das Glas. »Leb wohl, Wimbledon!« Er nahm einen großen Schluck und schüttelte sich.
    »Wir reden heute abend darüber, in der Wohnung.« Simon war in heiterer Stimmung und gleichzeitig unruhig wie in den Anfangstagen der Agentur. »Es gibt noch eine Menge zu klären, und bis dahin...«, er legte einen Finger auf die Lippen, »... kein Sterbenswörtchen, okay?«
    Ernest nahm erneut einen Schluck aus dem Sherryglas. Anscheinend war es ihm unmöglich, nicht zu lächeln. »Ich werde schweigen wie ein Grab.«
    In diesem Moment klopfte es an die Tür, und Liz sah herein. »Entschuldigen Sie, daß ich störe, Mr. Shaw, aber Ihr Elf-Uhr-Termin ist da.« Dann bemerkte sie das Glas in Ernests Hand. »Sie feiern, Ernest?«
    »Rein medizinisch, meine Liebe.« Er klopfte sich auf die Brust. »Wegen dem Schluckauf. Ich mache mich besser auf, bevor der junge Herr Leonard die Empfangsdame mit buntem Efeu umhüllt.«
    Liz trat zur Seite, um ihn durch die Tür zu lassen, und wandte sich stirnrunzelnd Simon zu. »Ist alles in Ordnung mit ihm?« Simon lächelte und nickte. »Ja. Ja, ich glaube schon. Stürzen wir uns auf das nächste Opfer. Rein mit ihm.«
     
    Ernest hatte ziemliche Schwierigkeiten, sich auf die Pflanzenproblematik der Agentur zu konzentrieren. Ein Hotel in der Provence! Ihm wurde ganz schwindelig vor Erregung. Natürlich würde er Simon überallhin folgen, ausgenommen, das mußte er zugeben, nach Milton Keynes. Das hier aber — die Möglichkeit, ein kleines Juwel von einem Hotel in der Sonne auszustatten und zu führen, weit entfernt von all diesen langweiligen Leuten und dem unmöglichen Klima — das war die Chance seines Lebens, etwas, das seine kreativen Qualitäten fördern würde. Er würde aufblühen, dessen war er sich sicher, und erfüllt von dieser heimlichen Euphorie, war er außergewöhnlich empfänglich für Leonards Vorschlag, Kentiapalmen für die Medienabteilung anzuschaffen. Du kannst meinetwegen einen Wintergarten in der Tiefgarage anlegen, wenn du schon dabei bist, mein Lieber, dachte er. Ich werde es nicht mehr erleben, denn dann bin ich längst in der Provence. Er beschloß, sich in der Mittagspause nach einem Französischkurs bei Berlitz zu erkundigen.
    Simon schleppte sich durch den Tag und kämpfte gegen die Versuchung an, Nicole anzurufen. Er mußte erst ganz sicher sein, daß Ernests erste Reaktion jedem Zweifel standgehalten hatte. Leb wohl, Wimbledon, leb wohl, Ziegler, leb wohl, Jordan, lebt wohl, ihr unter künstlichem Licht verbrachten Nachmittage. Er sah auf seine Armbanduhr, als wolle er die Zeit zwingen, schneller zu laufen.
    Sechs Uhr, der Leiter der Marktforschungsabteilung kam gerade so richtig in Schwung. Ein Durchbruch in der demographischen Statistik, unschätzbare Hilfsmittel für das Marketing, Tabellen und Dokumente, heiße Luft, nichts als heiße Luft. Simon musterte die Leute, die sich in seinem Büro versammelt hatten, und konnte nur mühsam ein Gähnen unterdrücken. Schon seit zehn Minuten wartete er, daß in dem Monolog endlich eine Pause eintrat, doch anscheinend brauchte der Leiter der Marktforschungsabteilung bei weitem nicht so oft Atem zu holen wie normale Sterbliche.
    Simon stand abrupt auf und stellte mit gespieltem Erstaunen fest, wie spät es schon war. »Gott, entschuldigen Sie, Andrew. Das ist alles ungeheuer faszinierend, aber ich wußte nicht, daß die Zeit schon so weit fortgeschritten ist. Ich soll um halb sieben in der City sein.« Er nahm seine Jacke, die auf der Rückenlehne der Couch lag. »Hören Sie zu, bedienen Sie sich bei den Getränken und machen Sie einfach weiter. Ich werde mir morgen alles berichten lassen. Ich glaube, da haben Sie wirklich etwas aufgetan.« Noch bevor der Leiter der Marktforschungsabteilung Zeit fand, den vor Staunen geöffneten Mund wieder zu schließen, war Simon aus dem Büro entkommen.
     
    Als Simon die Tür zur Wohnung

Weitere Kostenlose Bücher