Hotel Pastis
Liebe zwischen den Aktenregalen. Das ist billiger.«
Nicole rümpfte die Nase. »Das ist aber gar nicht vornehm.«
»Nein, ich denke, Vornehmheit kann man uns nicht gerade nachsagen. Aber wir können sehr liebenswert sein.« Er beugte sich vor, um sie zu küssen.
»Verderben Sie sich nicht den Appetit«, meinte Ernest. »Es gibt Omelette aux truffes und ein riesiges Kaninchen in Senfsauce. Und nach dem Käse werde ich gerade in der richtigen Stimmung sein, ein Schokoladensouffle zu machen, falls wir nicht zu dem Schluß kommen, daß da zu viele Eier drin sind.«
Er sah die beiden forschend an. »Wie steht’s mit unserem Cholesterinspiegel?«
Während des Essens sprachen sie über die bisher erledigten Arbeiten am Hotel sowie über die Einzelheiten der Party, die am folgenden Abend stattfinden sollte. Ernest war in seinem Element und schwärmte von dem Essen und den Blumen, die am Morgen geliefert werden sollten. Er war davon überzeugt, daß der Abend das gesellschaftliche Ereignis des Jahres in Brassière sein würde.
»Da ist nur eines, was mir Sorgen macht«, sagte Simon. »Dieser Journalist.«
Ernest hob die Augenbrauen. »Warum machen Sie sich Sorgen wegen ihm?«
»Normalerweise würde ich das nicht. Aber der Zeitpunkt ist denkbar ungünstig. Ich habe für den siebenundzwanzigsten ein Treffen mit Ziegler und Jordan angesetzt, um ihnen mitzuteilen, was ich vorhabe. Dann müssen die Kunden benachrichtigt werden. Wir wollen, daß sie es durch uns erfahren. Wenn irgend etwas vorher durchsickert, besonders an die Presse, müssen wir eine Menge Erklärungen abgeben. Sie wissen ja, wie es in der Branche zugeht, Ern.« Simon seufzte und nahm sich eine Zigarre. »Ich hätte vorher daran denken sollen.«
Die beiden anderen schwiegen, während Simon seine Zigarre stutzte und anzündete. Mit gerunzelter Stirn sah er zu, wie der blaue Rauch über den Tisch schwebte. »Ich habe eine Idee, die funktionieren könnte, aber ihm wird sie nicht gefallen.«
»Den Bauch aufschlitzen?« fragte Ernest.
Simon lachte und fühlte sich augenblicklich besser. Er hatte schon so oft mit Journalisten zu tun gehabt. Warum sollte es mit Crouch schwieriger sein? »So könnte man es auch ausdrücken, Ern.«
14
S imon wurde von den Sonnenstrahlen geweckt, die durch das Schlafzimmer fielen. Das Bett neben ihm, in dem Nicole gelegen hatte, war noch warm, und er hörte das Blubbern der Kaffeemaschine aus der Küche. Er rieb sich die Augen und blickte auf die Kleider, die sie letzte Nacht achtlos über die Stuhllehne geworfen hatten. Ein Mann mittleren Alters wird überwältigt von sinnlicher Leidenschaft, dachte er, und dann auch noch in so reizender Gestalt.
Jetzt drang ihm der Geruch frischgebrühten Kaffees in die Nase und lockte ihn aus dem Bett. Er ging ins Bad und zog sich einen Frotteemantel an, dann stieg er die Treppe hinunter. Nicole stand da und wartete, bis der Kaffee durchgelaufen war. Sie trug eines von Simons Hemden und hatte eine Hand in die Hüfte gestützt, wobei das Hemd hinaufgerutscht war und kaum noch ihre Oberschenkel bedeckte.
»Guten Morgen, Madame Bouvier. Ich habe eine Nachricht für Sie.«
Sie wandte den Kopf und lächelte ihm über die Schulter zu.
»Oui?«
»Sie werden im Schlafzimmer verlangt.«
Sie schenkte Kaffee ein und trug die Becher zum Tisch hinüber, dann drückte sie Simon sanft auf einen Stuhl und setzte sich auf seinen Schoß. »Ernest kommt in fünf Minuten.« Sie küßte ihn. »Und du hast heute vormittag viel vor.«
»Das habe ich gehofft.«
Sie hatten ihre Kaffeebecher kaum zur Hälfte leergetrunken, als es an der Tür klopfte. Simon sah Nicole nach, wie sie die Treppe hinaufhuschte, und verscheuchte den flüchtigen Wunsch nach einer Siesta. Dann ließ er Ernest herein.
»Einen schöneren Tag hätten wir uns gar nicht wünschen können, mein Lieber.« Er legte den Kopf schief und musterte Simons Bademantel von der Seite. »Aber ich wage zu behaupten, Ihnen ist entgangen, wie heute das Wetter ist.«
»Die Zeitverschiebung, Ern. Sonst wäre ich schon seit Stunden wach. Nehmen Sie sich Kaffee, ich ziehe mich inzwischen an.« Die beiden verließen das Haus und gingen zum Marktplatz, vorbei an den beschlagenen Fenstern des Cafés und den alten Platanen, die zu dieser Jahreszeit kahl und bis zu ihren gesprenkelten grauen Aststümpfen zurechtgestutzt waren. Überall, wo die Sonne nicht hinkam, lag noch eine weiße Reifschicht. Das Licht war grell, der Himmel strahlte in
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