Hotel Transylvania
auf den aufwärts führenden Weg. Der große Engländer zögerte, dann raste er den schmalen Weg hinauf. Schweißflecken bildeten sich an seinem Nacken, als er über die umherliegenden Felsen setzte.
Auf der Erhebung hielt Madelaine im Schutz der Bäume zwischen ihr und dem Hauptweg inne, hielt ihr ruheloses, keuchendes Pferd im Zaum und lauschte auf de la Sept-Nuits Vorbeiritt. Sie hatte sich schon fast dazu entschlossen, ihm nachzureiten, als ihr die zahlreichen Hufspuren auf dem unteren Pfad einfielen.
Vergeblich suchte sie sich zu der Überzeugung durchzuringen, dass es sich um einen weiteren Jagdtrupp handle, dass sie ihre Anspannung die Oberhand gewinnen ließ, dass der Gatte ihrer Tante in verwandtschaftlicher Besorgnis auf sie warten werde.
Müde, verängstigt und weit fort von Sans Désespoir dachte Madelaine über ihre Lage nach. Sie wusste, dass sie zum Hauptweg zurückreiten und ihm bis zu Gervaise und de la Sept-Nuit folgen konnte, aber etwas sagte ihr, dass sie dies nicht tun durfte. Nach kurzem Überlegen glitt sie aus dem Sattel, streifte die Zügel über den Kopf des Tieres und führte es über den Nebenweg. Sie fragte sich, wohin er sie wohl führen werde. Sie wusste, dass sie den Jagdhengst noch eine Zeit lang führen musste, denn das große Pferd war überhitzt. Schweiß verdunkelte sein graufleckiges Fell, und der Atem kam in langen, heftigen Zügen. Sie zupfte am Zügel und setzte sich in Bewegung.
Sie kam nur mühsam voran, denn der lange Rock ihres Gewandes blieb ständig an irgendetwas hängen, und das Pferd war unruhig. Sie fragte sich schon, ob sie es noch schaffen werde, für die Nacht eine sichere Zuflucht zu finden, oder ob sie bis zum Morgen den Wald durchwandern musste. Der Wind hatte aufgefrischt, und die Bäume ächzten und ließen die Zweige wie büßende Flagellanten umherpeitschen. An den Stellen, wo der Himmel durch die Zweige zu sehen war, dräuten Wolken, die sich unter dem Fortschreiten des Nachmittages rasch verfinsterten.
Sie war vielleicht eine Viertelmeile weit gegangen, als sie nicht weit hinter sich Hufschlag vernahm. Sie blieb stehen und legte dem Pferd die Hand auf die Nüstern, damit es nicht wieherte. Fast kam ihr diese Vorsichtsmaßnahme lächerlich vor, da sie eben noch hatte gefunden werden wollen, doch jetzt rieselte ihr ein Schauder über den Rücken, und ihr Herz schlug schneller.
Madelaine lauschte und gewann die Überzeugung, dass sie vier oder fünf Reiter hörte. Unter Einschluss der drei Abgeworfenen war das eben die Anzahl der Teilnehmer ihrer Jagdgruppe gewesen.
Ohne nachzudenken zerrte sie ihr Pferd vom Weg und in ein Gebüsch, das etwas abseits von Pfad lag. Sie blieb reglos im Dämmerlicht stehen und wagte keine Bewegung. Jetzt war sie für das abgefallene Laub dankbar, denn das Pferd hatte darauf keine verräterischen Spuren zu ihrem Versteck hinterlassen.
Die Geräusche der Verfolger wurden lauter, und dann brachen sechs Reiter hervor. Ihre Gesichter waren finster, und ihre Rosse dampften. Madelaine spürte, wie ihr das Blut stockte, denn an der Spitze der Gruppe ritt le Baron Clotaire de Saint Sebastien, und neben de la Sept-Nuit ritt Baron Beauvrai.
Madelaine riss die Augen auf, und sie erbleichte. Sie hob eine Hand an den Hals und wünschte sich, dass sie nicht so zitterte. Saint Sebastien! Das Grauen ließ ihr die Knie weich werden, und sie merkte, wie sie gegen die Schulter ihres Jagdhengstes taumelte. Sie erkannte, dass sie fliehen musste. Sie durfte von diesen gottverlassenen Männern nicht gefasst werden.
Jetzt waren sie vorbei, und nur das Geräusch ihrer stampfenden Pferde gemahnte sie an die große Gefahr, in der sie schwebte. Sie befahl sich klares Denken, das Ablegen ihrer Furcht, damit ihr Verstand sie retten konnte. Sie hörte die Hufschläge leiser werden, und während sie schwächer wurden, wuchs ihr Mut.
Sie band die Zügel an einem Ast fest, damit ihr Pferd nicht davonwanderte, und dann hob sie ihren umfangreichen Samtrock und begann die Befestigungen ihrer vier Unterröcke zu lösen. Sie zerrte sie nacheinander zu den Knöcheln und stieg heraus, bis vor ihren Füßen ein großer Haufen aus zerknülltem Leinen lag. Jetzt war ihr kälter, aber sie hatte mehr Bewegungsfreiheit. Sie bückte sich erneut und zog das kleine Messer aus der Scheide an ihrem Stiefel. Ihr Vater hatte es ihr gegeben, damit sie sich im Fall eines Sturzes vom Steigbügel losschneiden konnte. Jetzt setzte sie es zu anderem Zwecke ein, schnitt ihre
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