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Hotel van Gogh

Hotel van Gogh

Titel: Hotel van Gogh Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J.R. Bechtle
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jetzt Urlaub machen?«, meint Sabine, als sie das Handy einsteckt.
    »Vielleicht gibt es in Auvers etwas Neues?«
    »Übernimm du doch den Fall! Dich scheint er mehr zu interessieren als mich.«
    »Aber ich spreche kein Französisch.«
    »Und ich habe bei Gott schon mehr getan, als man von mir gerechterweise verlangen kann.«
    Sie laufen auf dem feuchten Sand am Meer entlang. Die schäumende Gischt der Wellen sprüht in einem silbrigen Schweif gegen das sonnige Blau. Später sitzen sie in einem der Strandkörbe gegen die Sonne geschützt. Peter blättert durch Time Magazine und Fortune . Sie hat Disgrace , ein Buch von J. M. Coetze, mitgebracht, ohne sich zu erinnern, wer ihr das empfohlen hatte. Die Geschichte eines 52-jährigen Universitätslehrers, der unter den gesellschaftlichen Spannungen in Südafrika nach der Apartheid und der faden Leere seines eigenen Daseins ohne festen Halt in seinem Leben treibt. Nach einigen Seiten legt sie das Buch beiseite, unfähig, sich darauf zu konzentrieren. Der Schwebezustand in Auvers, die verlassene Wohnung in Paris, die Spuren, die Arthur Heller hinterlassen hat, von denen sie nichts weiß. Sie steht auf, um in ihr Zimmer zu gehen, wo sie ihr Handy gelassen hatte.
    »Ich rufe nur schnell in Auvers an. Bin gleich wieder zurück.«
    »Und in der Wohnung in Paris!«
    Es dauert einige Zeit, bis sie Crosnier am Telefon erreicht.
    »Sie sind mir mit dem Anruf zuvorgekommen, Madame Bucher. Der Bericht über die Autopsie liegt uns mittlerweile vor. Er bestätigt Tod durch Verbluten als Folge der Verletzung. Der Einschuss seitlich links unter dem Brustkorb ist allerdings ungewöhnlich für einen Selbstmord. War ihr Onkel Linkshänder oder Rechtshänder?«
    »Wahrscheinlich Rechtshänder wie jeder in der Familie, die Linkshändigkeit eines Verwandten wäre bestimmt einmal erwähnt worden. Wieso spielt das eine Rolle?«
    »Der Einschusswinkel lässt sich nicht ohne weiteres nachvollziehen bei jemandem, der in Selbstmordabsicht auf sich zielt. Als ob er plötzlich gezögert hat, denn im letzten Moment wurde die Waffe zur Seite abgeschwenkt. Wenn er mit Waffen nicht vertraut ist, nicht damit umzugehen wusste, ließe sich das so durch den kräftigen Rückschlag beim Abschuss erklären. Wir werden einen weiteren Experten hinzuziehen müssen, um Einschusswinkel und Entfernung, aus der der Schuss abgegeben wurde, zweifelsfrei zu bestimmen. Ändern wird sich wohl im Ergebnis nichts, aber wir wollen absolute Sicherheit haben. Was soll nun mit dem Leichnam geschehen?«
    »Kann das nicht warten, bis der Ablauf endgültig geklärt ist?«
    »Wenn der Ballistiker seine Berechnungen gemacht hat, ist der Fall für uns erledigt. Morgen, spätestens übermorgen. Sind Sie noch in Paris?«
    »Ich bin an der Nordsee.«
    »Da ist es hoffentlich kühler als bei uns.«
    »Ich bin hier nicht aus der Welt! Haben Sie inzwischen die Schusswaffe gefunden?«
    »Madame, Sie machen sich keine Vorstellung, was sich hier mit den Iranern abspielt. Auvers ist zu ihrem Mekka geworden, eine Demonstration jagt die andere, man kommt mit seiner Arbeit nicht mehr nach. Aber wir bleiben dran, versprochen.«
    »Ich melde mich morgen wieder. Wahrscheinlich sollte man ihn einäschern, sobald wir letzte Sicherheit haben.«
    Etwas halbherzig, wie eine Fußnote, fügt sie ihren Entschluss hinzu. Erst die fehlende Waffe, dann das mit dem Schusswinkel; sie ist verunsichert. Was bis zur Einäscherung nicht bewiesen ist, lässt sich danach kaum noch aufklären.
    »Was soll sich noch groß ändern?«
    »Noch eine Frage: Hatte mein Onkel sein Mobiltelefon bei sich? Ich versuche, mit jemandem aus seinem Pariser Bekanntenkreis Kontakt herzustellen.«
    »Das muss bei seinem Gepäck sein.«
    »Da habe ich nichts gefunden. Und ein Handy hat jeder, schließlich war er einmal Ingenieur und Unternehmer.«
    »Vielleicht ist es im Auto, das wir hier auf der Station haben, aber bisher nur oberflächlich untersuchen konnten.«
    Sabine ist mit dem Gespräch unzufrieden. Die Polizei ist uninteressiert, will den Fall möglichst schnell und ohne jedes Aufsehen abhaken. In Frankfurt hätte sie Zugang zu den einschlägigen Spezialisten, aber damit in die Untersuchung in Auvers eingreifen?
    Sie ruft noch in seiner Wohnung in Paris an, verfolgt unruhig das Klingelzeichen, bis sie beim Anrufbeantworter landet. Sie hinterlässt eine Nachricht in der Hoffnung, dass jemand in der Wohnung seine Anrufe abhört. Dabei fällt ihr ein, dass sie, als sie in seiner

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