Hotel van Gogh
Glauben Sie nicht, dass die an der Geschichte interessiert wären?«
»Wollen Sie mir drohen? Das werden Sie tunlichst unterlassen!«
»Ich will damit nur zum Ausdruck bringen, dass ich darauf bestehe, das Ganze zu einem sauberen Abschluss zu bringen.«
Natürlich passt es ihr selbst nicht, den Schlussstrich noch einmal hinauszuzögern. Und zum Leben erwecken wird sie Arthur Heller durch ihr Beharren auch nicht. Aber es steht fest, dass er erschossen wurde. Und sie wird nicht zulassen, dass dies einfach in den Akten verschwindet. Sie gehen nicht ohne die feste Zusage Crosniers, Ziba Taleb zu befragen. Die Vernehmung von Ziba muss doch neue Einblicke bringen. Sie verabreden sich zu einem weiteren Termin später am Nachmittag.
Zum Mittagessen im Restaurant des Van-Gogh-Hauses bekommen sie den letzten noch freien Tisch. Gérard Dechaize kommt sofort zu ihnen.
»Was für eine Überraschung! Ich habe schon den ganzen Morgen überlegt, wie ich Sie erreichen könnte. Diese Aufregung um Arthur Heller trifft uns völlig unvorbereitet.«
»Wovon reden Sie?«
»Haben Sie den Artikel in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung noch nicht gesehen?«
Herr Dechaize reicht ihr ein Fax, das er vor einigen Stunden, wie die Faxkennung zeigt, aus Deutschland erhalten hat.
Arthur Heller, der in Paris lebende deutsche Schriftsteller, dessen Erstlingsroman Sarahs Paris zur Frankfurter Buchmesse im Zwei-Falken-Verlag erscheinen wird, wurde tot im Sterbezimmer Vincent van Goghs in Auvers-sur-Oise aufgefunden. Nach Angaben der Polizei handelt es sich um Selbstmord. Arthur Heller hat ein umfangreiches Werk hinterlassen, für das er seit fast zehn Jahren nach einem Verlag gesucht hat. Ein Künstlerschicksal wie van Gogh.
»Und so weiter. Warten Sie bitte einen Moment.«
Dechaize führt einen anderen Gast zu ihnen an den Tisch. »Das ist Jean-Pierre Mazol, Reporter von Le Monde . Ein guter Bekannter von mir. Ich habe ihn sofort angerufen, nachdem ich dieses Fax bekommen hatte. Natürlich ist er interessiert, Details zu erfahren.«
Mazol gibt ihr die Hand: »Dass eine Frankfurter Zeitung als Erste von dem Selbstmord Arthur Hellers unmittelbar vor den Toren von Paris wusste, ist mehr als peinlich. Mein Chef will jetzt wenigstens den ersten umfassenden Bericht mit dem ganzen Hintergrund bringen. Dafür brauche ich Ihre Unterstützung.«
»Monsieur Dechaize kannte Artur Heller besser als ich!«
Aber Mazol lässt sich nicht beeindrucken.
»Schildern Sie mir doch bitte, was Sie über den Vorfall wissen, Madame Bucher, insbesondere, was Arthur Heller zum Selbstmord getrieben hat.«
»Nun, Selbstmord war es nicht.«
Gérard Dechaize blickt sie erstaunt an.
»Wie bitte? Das ist neu.«
»Er wurde außerhalb in der Nähe des Hauses angeschossen und hat es dann aus welchen Gründen auch immer noch in van Goghs Kammer geschafft, wie aus einem instinktiven Trieb. Der Schuss wurde aus einigen Metern Entfernung abgegeben.«
»Und der Täter?«
»Die Tat erfolgte zum Zeitpunkt der Festnahme der Iraner, meint die Polizei jetzt. Deren Vermutung ist, dass mein Onkel, als ihn die Sicherheitskräfte dazu aufforderten, nicht stehenblieb, jemand einen Schuss abgegeben hat und, als er einfach weiterlief, man annahm, dass er nicht getroffen wurde. Ich halte dies allerdings für kaum glaubhaft.«
»Mir gegenüber hat die Polizei immer von Selbstmord gesprochen.«
»Das ließ sich nach den Ergebnissen der ballistischen Untersuchung nicht mehr aufrechterhalten.«
»Ich habe auch nichts an ihm bemerkt, das auf Selbstmord gedeutet hätte, insbesondere hat er nie über Selbstmord gesprochen, was ja hier im Van-Gogh-Haus nahegelegen hätte. Ganz im Gegenteil, er machte die zuversichtlichsten Andeutungen über sein neues Leben mit Ziba«, sagt Dechaize nachdenklich.
»Ziba?«, fragt der Reporter und macht sich Notizen
»Ziba Taleb, eine Iranerin hier im Ort. Sie hilft uns bei Führungen aus, allerdings habe ich sie seit der Razzia nicht mehr gesehen.«
»Sie wurde heute Vormittag in Paris aus der Haft entlassen, zusammen mit der Anführerin der Iraner. Sie werden jeden Augenblick in Auvers erwartet«, sagt Sabine.
»Sie sind gut informiert!«
»Wir kommen gerade von der Polizei.«
Sabine blickt auf die Uhr.
»Wenn wir schon hier sind, solltest du dir auch das Sterbezimmer van Goghs anschauen«, schlägt sie Peter vor. Sie vergisst immer wieder, dass er den Großteil ihres Gesprächs auf Französisch nicht versteht.
Auf dem Weg in den oberen Stock fragt
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