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Hotel van Gogh

Hotel van Gogh

Titel: Hotel van Gogh Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J.R. Bechtle
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wochenlang keine Nachricht. Als hätte die Ausstellung nie stattgefunden. Vielleicht bildet sie sich alles tatsächlich nur ein. Wenigstens kommt von Émile Bernard ein begeisterter Brief, allerdings wisse er nicht, wie die Bilder bei Kritikern, Sammlern und dem breiteren Publikum angekommen seien. Wochen danach schließlich ein Schreiben von Vollard. Nach zwei Monaten habe er die Ausstellung abgehängt, die Kritiker hätten keinerlei Notiz genommen, es bestünde auch nur ein mäßiges Kaufinteresse, über die Preise müsse man noch sprechen, und Johanna müsse auf alle Fälle ihre Erwartungen zurückstufen.
    Ihre hochtrabenden Hoffnungen sind verflogen. Sie spürt ihre Hilflosigkeit und Verlassenheit wie nie zuvor.
    Warum Cézanne, den Vincent zutiefst verehrt hatte?
    Weil Cézanne Ruhe ausstrahlt, seine Pinselführung weniger hektisch ist, die Striche kurz und geordnet. Bei Vincent befindet sich die Welt in unruhigem Fluss. Vincent hat nie Ruhe und Beschaulichkeit angestrebt. Daher sucht sie der Betrachter in seinen Bildern auch vergebens. Insbesondere der Pariser Betrachter. Die Sonne des Südens hat für ihn nicht dieselbe aufbauende Kraft wie für den, der der Dunkelheit des Nordens entflohen ist. Deswegen stempelt man Vincent in Frankreich als Irrsinnigen ab, während man seinen unbändigen Ausbruch in Licht und Farben und Gefühlen hier in Holland mitfühlt und versteht.
    Und darum wird Vincent der Zugang zu Paris, dem Zentrum des Kunstgeschehens, auch in Zukunft versperrt bleiben. Weil er von Anfang an dort nicht hingehörte.
    Enttäuscht verlangt Johanna die Rückgabe der Bilder. Vollard feilscht kleinlich um die sowieso niedrigen Preise. Auf den Scheck muss sie nochmals zwei Monate warten, den Vollard zahlbar in drei Monaten in Paris ausgestellt hat, anstatt sofort zahlbar in Amsterdam! Mit den hiesigen Galeristen hat es nie derartige Probleme gegeben.
    Ob Vollard einen Mann anders behandelt hätte?

8.
    »Es tut mir leid.«
    Ziba löst sich mit einem Ruck aus ihrer Umarmung. Die Worte gehaucht, ihre Stimme ist zart und zerbrechlich. Wie alles an ihr. Tiefe Traurigkeit umgibt sie wie ein Schatten. Oder wie eine zögernde Frage. Glaubt sie, Sabine mache ihr Vorwürfe? Dabei fühlt sich Sabine ihr so nahe wie selten jemandem. Ziba muss das doch spüren!
    »Ja, ich habe deinen Onkel gekannt und mich von unseren Träumen mitreißen lassen. Unser gemeinsames Leben, Arthur und ich, abseits der Beschränkungen, denen ich hier in meiner Familie unterworfen bin. Es war Leichtsinn von mir, mich darauf einzulassen, ich wusste es, ich hätte es nie so weit kommen lassen dürfen.«
    »Was hattet ihr denn geplant? Und war jemand in eure Pläne eingeweiht?«
    Trotz aller Sympathie für Ziba wieder die kalte Vernunft der Anwältin.
    »Er wollte mich bei Tagesanbruch in der Zentrale abholen. Als ich morgens den Lärm hörte, glaubte ich erst, es hätte mit ihm zu tun, bis ich begriff, dass wir von den Sturmtruppen aus Paris überfallen wurden.«
    »Und er?«
    »Ich wusste nicht, wo er in diesem Augenblick war, der ganze Ort befand sich ja plötzlich in Aufruhr. Wir in der zentralen Anlage wurden als Erste abgeführt. Erst als ich aus dem Gefängnis entlassen wurde, erfuhr ich von Gendarm Crosnier von dem tragischen Vorfall, dass Arthur versehentlich und ohne dass dies weiter verfolgt wurde, von den Sicherheitskräften angeschossen wurde.«
    »Was ich nicht verstehe, ist, warum ihr nicht zusammen im Van-Gogh-Haus oder in dem Gasthaus geblieben seid? Warum habt ihr euch nicht im Schutz der Dunkelheit davongemacht, anstatt bis zum Morgen zu warten?«
    »Wir waren nicht zusammen! Ich hatte seit zwei Tagen die Zentrale nicht verlassen. Dafür hatte ich gute Gründe. Ich habe ihn hier nicht gesehen.«
    Sie sieht Sabine beschwörend und mit wehmutsvollen Augen an, als wäre sie nicht sicher, ob sie ihr glaubte.
    »Aber der Polizei hast du bei deiner Vernehmung doch angegeben, dass du bei ihm auf dem Zimmer warst!«
    »Der Polizei? Ich habe dort genau dasselbe gesagt wie jetzt dir, dass ich in den Tagen vorher immer in der Zentrale war. Schließlich gibt es Zeugen. Du musst die Polizei fragen, wie sie zu dieser Behauptung kommen, von mir stammt die Aussage jedenfalls nicht.«
    Sabine blickt ratsuchend zu Gérard Dechaize. Der Ausdruck in seinem Gesicht lässt sich nur schwer entziffern.
    »Was sagt sie denn?«, fragt Peter.
    Ungeduldig fasst Sabine Zibas Aussage zusammen.
    »Du kannst der Frau glauben.«
    Als wisse Peter das besser

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