Hotel
»Ich hab’ mit dieser Bank in Montreal gesprochen. Es sieht so aus, als wäre Ihr Freund okay.«
»Das ist eine gute Nachricht, Sam. Was haben Sie erfahren?«
»Also, irgendwie ist das Ganze komisch. Sie wollten mir nicht sagen, für wieviel der Kunde gut ist, obwohl Banken das sonst tun. Sagten nur, ich sollte den Scheck zur Zahlung einreichen, und als ich ihnen den Betrag nannte, schien sie das nicht weiter zu beunruhigen. Deshalb nehme ich an, daß er das Geld hat.«
»Das freut mich.«
»Mich auch, aber ich werde seine Rechnung trotzdem im Auge behalten, damit sie nicht zu hoch wird.«
»Sie sind ein scharfer Wachhund, Sam«, erwiderte sie lachend. »Und schönen Dank für den Anruf.«
10
Curtis O’Keefe und Dodo hatten sich in ihren zwei nebeneinanderliegenden Suiten bequem eingerichtet, wobei Dodo wie immer für beide auspackte, weil ihr das Freude machte. Der Hotelier saß nun im größeren der zwei Salons und studierte einen Geschäftsbericht, einen von mehreren, die sich in einer blauen Mappe mit der Aufschrift »Vertraulich – St. Gregory, vorläufiges Gutachten« befanden.
Dodo inspizierte den prachtvollen Obstkorb, der auf Peter McDermotts Anweisung hin in der Suite abgeliefert worden war, entschied sich für einen Apfel und war gerade dabei, ihn zu schälen, als das Telefon neben O’Keefes Ellenbogen innerhalb weniger Minuten zweimal läutete.
Der erste Anrufer war Warren Trent, der den Gast höflich begrüßte und sich erkundigte, ob alles in Ordnung sei. Nachdem Curtis O’Keefe freundlich versichert hatte, daß sie sich wohl fühlten – »Könnte gar nicht besser sein, mein lieber Warren, nicht mal in einem O’Keefe-Hotel« –, nahm er für sich selbst und Dodo die Einladung an, am Abend privat mit dem Besitzer des St. Gregory zu speisen.
»Es wird uns ein Vergnügen sein«, erklärte der Hotelier huldvoll. »Übrigens, ich bewundere Ihr Haus.«
»Das hatte ich befürchtet«, erwiderte Warren Trent trocken.
O’Keefe lachte schallend. »Wir unterhalten uns heute abend darüber, Warren. Vielleicht auch ein wenig über Geschäfte, wenn’s sein muß, aber vor allem freue ich mich auf ein Gespräch mit einem großen Hotelmann.«
Als er den Hörer auflegte, fragte Dodo mit nachdenklich gekrauster Stirn: »Wenn er ein so großer Hotelmann ist, Curtie, warum verkauft er dann an dich?«
Wie immer gab er ihr eine ernsthafte Antwort, obwohl er im voraus wußte, daß sie sie nicht begreifen würde. »In der Hauptsache, weil die Zeiten sich geändert haben und er das nicht begriff. Heutzutage genügt es nicht, ein guter Hotelier zu sein; man muß auch kalkulieren können.«
»Herrje«, sagte Dodo, »sind die Äpfel groß!«
Der zweite Anruf, der dem ersten unmittelbar folgte, kam aus einem Münzfernsprecher in der Hotelhalle. »Hallo, Odgen«, sagte Curtis O’Keefe, nachdem der Anrufer seinen Namen genannt hatte, »ich lese gerade Ihren Bericht.«
Elf Stockwerke tiefer, in der Halle, nickte ein Mann mit fahlem Gesicht und schütterem Haar, der wie ein Buchhalter aussah, was er – unter anderem – auch war, seinem jüngeren Gefährten zu, der vor der Telefonzelle wartete. Er hieß Odgen Bailey, wohnte auf Long Island und hatte die letzten zwei Wochen unter dem Namen Richard Fountain aus Miami im Hotel verbracht. Es war typisch für seine Umsicht, daß er weder den Hausanschluß benutzte noch von seinem Zimmer in der vierten Etage aus anrief. Nun sagte er in korrektem Tonfall: »Es gibt da noch einige Punkte, die wir gern ergänzen würden, Mr. O’Keefe, und einige zusätzliche Informationen, die Sie, glaube ich, brauchen werden.«
»Sehr gut. Ich erwarte Sie in fünfzehn Minuten.«
Beim Auflegen sagte Curtis O’Keefe belustigt zu Dodo: »Es freut mich, daß du das Obst magst. Sonst hätte ich all diesen Früchtesegen schon längst abgestellt.«
»Also, eigentlich bin ich gar nicht so scharf drauf.« Sie sah ihn mit ihren babyblauen Augen groß an. »Aber du ißt nie welches, und es kommt mir so gräßlich verschwenderisch vor.«
»In einem Hotel geht kaum etwas verloren«, versicherte er ihr. »Was du stehenläßt, nimmt sich ein anderer, und meistens verschwindet es durch die Hintertür.«
»Meine Mom ist verrückt auf Obst.« Dodo brach eine Weintraube ab. »Bei einem Korb wie dem hier würde sie überschnappen.«
Er hatte wieder nach dem Bericht gegriffen. Nun legte er ihn weg. »Warum schickst du ihr dann nicht einen?«
»Meinst du jetzt
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