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Hotzenwaldblues

Hotzenwaldblues

Titel: Hotzenwaldblues Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Gabriel
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Und innert wenige Jahrzehnt goht alles
kchaputt. Do müen mir Alemanne im Dütsche un in dr Schwiz zämmehalte. Sie müen
wisse, dr Franz, dr Joseph und ich, mir sin alle drei no im Regionalspital
Laufenburg uff d’Welt kcho. ‘s hät jo amol eini Geburtsschtation für die ganz
Gegend gä. Doch dann hän die dütsche Kchrankenkchassen … Egal, jedefalls
gibt’s die Geburtsstation au nüm. Un ich han doch müsse mine Freund rette,
oder? Do hän Sie meine Motiv. Und die vom Franz und vom Joseph. Das hän Sie
doch wölle wisse, oder?«
    »Sie sind noch immer verärgert, weil im vorvergangenen Jahrhundert
in Laufenburg die Stromschnellen gesprengt worden sind?«
    »Schparet Sie sich ihren Sarkasmus, Frau Terheyde«, mischte sich
Kohlbrenner ein. »Die Schprengung vom Laufen hät bloß den Geschäftemachern
dient. Für die Leute hät’s nix brocht.«
    »Immerhin haben sich Firmen hier angesiedelt und Arbeitsplätze
geschaffen«, meinte Max.
    Joseph Kohlbrenner fuhr auf. »So, und für wie lang? Die H.C. Starck isch längscht kein Familienunternehmen
mehr.«
    Johannes Forstweiler sprang dem Freund zur Seite. »Heuschrecken hän
do inzwischen das Sagen. Damals unterem alte Starck, dem Patriarchen, do hät’s
no Arbeiterwohnungen kcha. Alle verkauft. Und die G’sellschaft, die den
Laufenburger Strom verkauft hät, die Energiegesellschaft Laufenburg, die hieß
dann irgendwann bloß no Energiedienscht. Ohne Laufenburg. Dabei isch hier, in
euserm Laufenburg, die Keimzelle des europäischen Stromverbundes entschtanden.
Und jetzt isch der Firmensitz dieses Energiedienschtes noch nicht mal mehr in
Laufenburg, sondern in Rheinfelden. Die Karawane isch längscht witerzoge. Eus
blibt zerschtörte Natur. Un jetzt wön sie auch dr Hotzenwald vollends
verschandle.«
    »Das klingt bitter, Herr Forstweiler.«
    »Ja, schtimmt. Bin bitter. Ein verbitterter Alter. Selles kchasch jo
it mitaluege. Wisset Sie, ich bin kein ewig Geschtriger. Aber ich will uf
kchein Fall akzeptieren, dass Fortschritt au immer mit Zerschtörung von Heimat
einhergange muess. So ähnlich hät auch dr Bruno Manser denkcht, der Basler
Umweltaktivischt. Deshalb hät er z’ämme mit dem Stamm der Penan gegen die
Zerstörung des Regenwaldes auf Borneo durch skrupellose Geschäftemacher kämpft.
Und deshalb isch er wahrschins auch g’schtorbe. Sie hännen umbrocht. Mir sin
alte Männer. Und mir gän euser Läbe, oder besser, den Rescht davon, gern für
eusi Heimat am Hochrhii. Für eusern Wald, den Hotzenwald. Dann hän eusi letzten
Tage wenigstens no en Sinn. ’s muess doch irgendwie witergoh. Mir hän nix meh
zum verliere?«
    »Franz und ich, mir hän von eusi feine Nochkomme nix meh zu
erwarte«, meinte jetzt auch Joseph Kohlbrenner. »Und mein Kumpel Forschtweiler …
Sini Frau isch jung g’schtorbe, bime Unfall, z’ämme mit siner Tochter. Aber au
für alte Lüt muesses Leben doch noch an Sinn ha, oder? Mir sind doch kchain
Abfall! Mir sin au Teil vu dr Umwelt.«
    Iris’ Blick wanderte hinüber zu dem Silberrahmen mit dem vergilbten
Foto von der jungen Frau mit dem Säugling im Arm und wieder zurück zu dem
inzwischen überraschend gesprächigen Landwirt vom Hotzenwald.
    »Haben Sie wirklich geglaubt, Sie könnten die Bauvorhaben stoppen?«,
fragte Trautmann noch immer einigermaßen fassungslos.
    Joseph Kohlbrenner zuckte die Schultern. »Sie denkchet, mir sin
naiv, was? Alt und kchindisch. Aber die Hoffnung schtirbt zuletzt. Mir hän
g’funde, wenn sie scho die Gegend verschandle, denn wär’s nur legitim, wenn sie
eus au a Stück vom Kuchen geben«, meinte er herausfordernd.
    »Uff die Wiis hättet mir wenigschtens unsere letzten Tage do
verbringen können, wo’s noch schön ist. Warm und schön. Und billig. Thailand,
hemmer denkcht. Mr hört immer wieder, do het’s guete Pflegekräft«, ergänzte
Johannes Forstweiler.
    Max grinste. »So, so, Thailand.«
    »’s isch it komisch, kein Grund Ihre anzüglichen Witz«, blaffte
Johannes Forstweiler. »Warten Sie nur, bis Sie alt sind und Ihre Welt langsam
kaputtgoht, und alle denkchet, Sie sind zu nix meh nütze. Mir sind no z’jung
fürs Abschtellgleis. Uff mim PC findet Sie den
Brief an die Bundesregierung. Wahrschiins wird der ja durchsucht, oder? Mir
forderet von dene den Schtopp vom Weiterbau der Autobahn.«
    Iris konnte es kaum fassen. »Sie glauben allen Ernstes, die
Bundesregierung wäre wegen der Bombenattentate eingeknickt?«
    »Mir hän’s wenigschtens versuchen wölle«, antwortete der

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