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Hotzenwaldblues

Hotzenwaldblues

Titel: Hotzenwaldblues Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Gabriel
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Eingangstür
erschien, war ebenso unverwechselbar wie die knarzige Stimme. Johannes
Forstweiler. Im Schlepptau hatte er einen weiteren alten Mann, um die achtzig
wie er selbst. »Selles Klappergschtell isch Joseph Kohlbrenner. Er hät bim
Brand geschtern im Herrischrieder Altenheim sini Heimet verlore. Jetzt wohnt er
a biz bi mir auf der ›Halde‹. Han denkcht, ‘s isch das Beschte und vielleicht
tröschtet es ihn au, wenn ich ihm die scharmanteste Frau vu ganz Laufenburg
vorschtell.«
    Der Alte schäkerte wie ein junger, dachte Iris und musste schmunzeln.
Linda ging darauf ein und strahlte Forstweiler an. »Und hier kommt der
charmanteste Schweizer von Laufenburg«, flötete sie und bedachte ihn mit den
üblichen drei Küsschen. Linke Wange, rechte Wange, linke Wange. Dann wandte sie
sich seinem Begleiter zu.
    Joseph Kohlbrenner war ein gebeugtes, spilleriges Männchen und
bildete daher einen ziemlichen Kontrast zur F-Form seines Begleiters. Doch er
wirkte geistig fit, seine grauen Augen blickten aufmerksam. Sein Kopf war kahl
geschoren, sodass nicht auszumachen war, wie viele Haare er noch hatte.
Zumindest was das Haupthaar anging. Denn in der unteren Gesichtshälfte spross
ein mächtiger grauer Vollbart. Der Mann sah genau so aus, wie Iris sich immer
den Alm-Öhi vorgestellt hatte.
    »Ha, so krieg ich wenigschtens sellen Buchladen und die Frau zu
sehen, von der mein Freund do scho so lang schwärmt«, krähte Joseph
Kohlbrenner, griff nach Lindas rechter Hand, spitzte die Lippen und gab der
Luft dicht darüber einen formvollendeten Handkuss.
    Linda lachte. »Oh, ein Gentleman der alten Schule. Wie ein aus
seiner Heimat Vertriebener sehen Sie aber nicht aus. Ich habe heute Morgen in SWR 4
schon von dem Brand gehört. Ist viel passiert?«
    »Iwo!«, knarzte Kohlbrenner. »Kann bald wieder zurück. Sobald klar
isch, wieso ‘s im Speisesaal brennt hät. Guet, sie mün die Sauerei no uffräume,
die wo die Feuerwehr bim Löschangriff verursacht hät. Die hän die Niagarafälle
produziert, bloß für a winzigs Füür. ‘S isch älles nass.«
    »Das klingt ja fast, als würden Sie bedauern, dass der Löschaktion
eine angemessene Grundlage fehlte«, mischte sich Iris ins Gespräch. »Kann ich
den Herren etwas anbieten? Ich glaube, ich habe Sie gestern gesehen, Herr
Kohlbrenner, als ich oben war. Im Garten, zusammen mit den anderen
Heimbewohnern. Kann das sein?«
    »So, so, ach ja, die Frau Kommissarin. D’r Zumkeller Paul hät mir
von Ihnen erzählt. Er hät g’sait, Sie hätteten hochbrocht. Wisset Sie, er hät
g’holfe, die alte Lüt zu versorge. Die ware jo ganz durchanand. Dä Sepp, min
Kumpel, hät er sogar bi sich uffm Hof uffgno.«
    »Das ist aber sehr freundlich«, fand Linda.
    »Hajo. Eigentlich isches jo au it schlecht so. Han scho überlegt,
ganz ins Tal z’kcho. Obe uffm Wald isches scho ziemlich Jottweedee. Und do in
Laufeburg gibt’s so scharmante Damen, do lohnt sich’s Zügle. Usserdem schnarcht
dä Johannes it ganz so lut wie dä Sepp. Sollt ihn um Asyl bitte. Wie wär’s denn
mit zämmezügle? Zum Bischpiel in selles neue Haim vu de Samariter direkt am
Rhi? Sieht it schlecht us. Viellicht gibt’s no a Doppelzimmer mit Rhiblick für
eus, denn kchönntet mir eus betrachte, was die Knutscher uff der Promenade so
machet, gell Johannes? Und denn schpucke mir von obe abe. Das git en Schpass!«
Er gackerte.
    »Joseph, schpucke! Du wirsch au nie erwachse. Aber zügle isch
viellicht kchai schlechte Idee. Des wär ja beinah nebedra, fascht direkt bim
Buchlade. Anderersits, dä Rescht vu mim Läbe im selben Altenheim mit dir?
Joseph, ‘s isch a grauenvolli Vorschtellig«, frotzelte Forstweiler. »Abr jetz
kchum, trink den Kaffee, du alter Schwerenöter. Das ischt meine Buchhändlerin. Also hör sofort auf mit derra Flirterei. Sonscht werd ich no
iifersüchtig un mues dich zum Duell fordre. Momentamol.« Johannes Forstweiler
spähte um den Raumteiler herum ins Café. »Alles leer. Momentamol«, wiederholte
er und marschierte eilig zur Tür hinaus.
    Kurz darauf kam er mit Franz Örtler zurück. Der war dieses Mal nicht
so verrückt gekleidet wie am Samstag, als Iris ihn bei der Unterführung gesehen
hatte, sondern eher den Temperaturen angemessen. Er trug eine Cordhose und ein
Sommerhemd. Dazu eine ähnliche Kappe wie Johannes Forstweiler. Erneut fühlte
Iris sich bei Örtlers Anblick an einen Smiley erinnert. Doch seine Mundwinkel
waren nicht nach oben gebogen. Im Gegenteil. Er stöhnte und wankte.

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